Donatus mit dem Geier.
laß
an. „Ich verlechze", ächzte er; „hole mir Wasser." —
Donatus ergriff eine Kanne, die auf dem Klotze neben
dem Lager stand, und eilte zum Brunnen. Beim Schöpfen be-
merkte er, daß er dieselbe Kanne von Silber in der Hand
hielt, welche in den letzten Lebeustagen seines Vaters aus dem
! Hause verschwunden war, und zwar zu derselben Zeit, daMe-
! dardns einen Besuch abgestattet. Das Gefäß mit seinen Grei-
fen, Leuen, Früchten und Blättern in halberhabener Arbeit
war nicht zu verkennen; es hatte sogar die Scharte rechts vom
Henkel, von der Herr Arnulf oftmals behauptet, sie verderbe
das prächtige Geräth. Um eben dieser Scharte willen war die
Kanne zum alltäglichen Gebrauch verurtheilt worden.
Bermnthlich hat ein Rabe dem Einsiedler das Silber
zugetragen, dachte Donatus in seinem Sinn, während er die
wohlbekannten Figuren betrachtete; ich werde ihm sagen, wem
das Gefäß zugehört, und er wird sich beeilen, es zurückzugeben.
Als er mit der Labung zu Medardus zurückkam, war
diesem aller Durst gründlich vergangen. Mit verglasten Au-
gen lag er da, starr und steif.
Erschrocken prallte Donatus zurück. Bald wieder gefaßt,
bekreuzte er sich, betete einen Rosenkranz für die ewige Ruhe
des Entschlafenen, verhieß ihm für ein ehrliches Begräbniß zu
sorgen und ging hinaus.
Lange war der Klausner schwerlich krank gewesen. Am
Thürpfosten hing ein ausgeweidetes Lamm, das offenbar kurz
zuvor geschlachtet worden; das Fleisch roch noch nicht gar zu
übel, obschon nicht eben frisch. Donatus schnitt ein Stück aus,
um seine Schreier zu beschwichtigen, und machte sich dann auf
den Heimweg.
Das heißt eigentlich: Er meinte, sich auf den Heimweg
zu machen, aber er fand ihn nicht, so fleißig er auch bis zur
cinbrechenden Nacht suchte. (Fortsetzung folgt.)
Fabel aus dem Thierreiche.
„Sie, Herr Löwe, wir ersuchen Sie, sich zu entfernen, die da hinten möchten jetzt a Bissel grunzen und die Sprach'
verstehen Sic nicht!"
laß
an. „Ich verlechze", ächzte er; „hole mir Wasser." —
Donatus ergriff eine Kanne, die auf dem Klotze neben
dem Lager stand, und eilte zum Brunnen. Beim Schöpfen be-
merkte er, daß er dieselbe Kanne von Silber in der Hand
hielt, welche in den letzten Lebeustagen seines Vaters aus dem
! Hause verschwunden war, und zwar zu derselben Zeit, daMe-
! dardns einen Besuch abgestattet. Das Gefäß mit seinen Grei-
fen, Leuen, Früchten und Blättern in halberhabener Arbeit
war nicht zu verkennen; es hatte sogar die Scharte rechts vom
Henkel, von der Herr Arnulf oftmals behauptet, sie verderbe
das prächtige Geräth. Um eben dieser Scharte willen war die
Kanne zum alltäglichen Gebrauch verurtheilt worden.
Bermnthlich hat ein Rabe dem Einsiedler das Silber
zugetragen, dachte Donatus in seinem Sinn, während er die
wohlbekannten Figuren betrachtete; ich werde ihm sagen, wem
das Gefäß zugehört, und er wird sich beeilen, es zurückzugeben.
Als er mit der Labung zu Medardus zurückkam, war
diesem aller Durst gründlich vergangen. Mit verglasten Au-
gen lag er da, starr und steif.
Erschrocken prallte Donatus zurück. Bald wieder gefaßt,
bekreuzte er sich, betete einen Rosenkranz für die ewige Ruhe
des Entschlafenen, verhieß ihm für ein ehrliches Begräbniß zu
sorgen und ging hinaus.
Lange war der Klausner schwerlich krank gewesen. Am
Thürpfosten hing ein ausgeweidetes Lamm, das offenbar kurz
zuvor geschlachtet worden; das Fleisch roch noch nicht gar zu
übel, obschon nicht eben frisch. Donatus schnitt ein Stück aus,
um seine Schreier zu beschwichtigen, und machte sich dann auf
den Heimweg.
Das heißt eigentlich: Er meinte, sich auf den Heimweg
zu machen, aber er fand ihn nicht, so fleißig er auch bis zur
cinbrechenden Nacht suchte. (Fortsetzung folgt.)
Fabel aus dem Thierreiche.
„Sie, Herr Löwe, wir ersuchen Sie, sich zu entfernen, die da hinten möchten jetzt a Bissel grunzen und die Sprach'
verstehen Sic nicht!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Fabel aus dem Thierreiche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 854, S. 156
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg