182 Posthornklänge.
Mein Posthorn schallt im Stadtthor laut,
Das dringt ins Herz der Braut;
L>ie denkst des fernen Lieben,
An's Fenster eilt sie, späht hinaus:
„Hat er an mich geschrieben?
Kommt er wohl selbst nach Hau§ ?"
Mein Posthorn gellt die Gast' einher,
Der Wagen rumpelt sehr;
Das Kindlcin hört's im Traume.
„Hei, von der Messe kömmt die Post;
Sie bringt zum Weihnachtsbaumc
Spiclwerk und süße Kost!"
Mein Posthorn schmettert vor der Post,
Ein kurzer, banger Trost
Dem fast von Noth Zerknickten:
„O Gott, mein Glück wär' gar zu groß,
Wenn Freunde Hülfe schickten!
Ach, käm' das große Loos!"
Wer harmvoll sitzt im Kämmerlein,
Wer stolz in Glückes Schein,
Ihr Herz wird leis betroffen,
Wenn's fernher tönt auf nächt'ger Straß':
»Herz, Herz, was darfst Du hoffen?
Herz, fürchtest Du etwas?"
H.Mdc.
Epigramm auf den Fürsten von Saugenheim, einen
leidenschaftlichen Raucher.
Ihr fragt, wozu das Rauchen taugt,
Und könnt wohl kaum den Vorthcil ahnen!
Wenn er an seiner Pfeife saugt,
Saugt er nicht an den Unterthanen.
Eine Tröstungsreise.
Heinrich Wernhold hatte nach 8 Monaten der glück-
lichsten Ehe seine Frau durch den Tod verloren. Er war
untröstlich, und man fürchtete sogar, cs möge dieser Zustand
von den schlimmsten Folgen für seine Gesundheit sein.
Dadurch unterschied er sich auch von allen andern
Wittwern: denn der größte Theil ist bald getröstet.
Wernhold aß nicht mehr und trank nicht mehr und
schlief nicht mehr. Seine Beinkleider zog er verkehrt an;
seine Strümpfe brauchte er als Handschuhe; den rechten
Stiefel nahm er an den linken Fuß — mit einem Worte
— Wernhold hatte den Verstand verloren.
Die Acrzte untersuchten seinen Kopf, und seine Familie
verlor alle Hoffnung, als einer dieser Herren erklärte, er
habe bei der Untersuchung gefunden, daß es in Wcrnholds
Kopfe nicht ganz richtig sei.
Seine unglückliche Verwandtschaft war aus lauter Angst
selbst sämnitlich gemüthskrank. Wenn Wernhold überhaupt
noch zu retten war, so konnte dieß nur durch Ein Mittel
geschehen: mit Aufwendung aller Hülfe ihn auf alle nur
denkbare Weise zu zerstreuen.
„Er muß reisen," sagten die Acrzte. „Führt ihn überall
hin, wo eö Vergnügen gibt, weit von hier weg, in Länder,
wo man viel ißt und trinkt, denn man hat die Erfahrung
gemacht, daß sich alle Gattungen Leiden ertränken lassen."
Nach vielen Bitten konnte man Wernhold endlich zu
einer Reise bewegen und man schickte ihn den andern Tag
in Begleitung eines Vetters, der natürlich alle fünf Tage
gewissenhaft über das Befinden des Kranken Nachricht geben
mußte, nach Wiesbaden.
In Wiesbaden spielt man viel. Aber Wernhold, der
schon die ganze Reise hindurch nichts als geklagt und ge-
jammert hatte, blieb unberührt von den Wirkungen des
Spiels. Er klagte, wenn er verlor; er klagte fast noch
mehr, wenn er gewann. Was der Vetter heimschrieb, und
worüber die Verwandtschaft noch untröstlicher wurde.
Da man sah, daß das Spiel keine merkenswcrthc Besse-
rung im Zustande dcS armen Kranken hervorrief, so führte
man ihn von Wiesbaden weg und reiste mit ihm in die
Mein Posthorn schallt im Stadtthor laut,
Das dringt ins Herz der Braut;
L>ie denkst des fernen Lieben,
An's Fenster eilt sie, späht hinaus:
„Hat er an mich geschrieben?
Kommt er wohl selbst nach Hau§ ?"
Mein Posthorn gellt die Gast' einher,
Der Wagen rumpelt sehr;
Das Kindlcin hört's im Traume.
„Hei, von der Messe kömmt die Post;
Sie bringt zum Weihnachtsbaumc
Spiclwerk und süße Kost!"
Mein Posthorn schmettert vor der Post,
Ein kurzer, banger Trost
Dem fast von Noth Zerknickten:
„O Gott, mein Glück wär' gar zu groß,
Wenn Freunde Hülfe schickten!
Ach, käm' das große Loos!"
Wer harmvoll sitzt im Kämmerlein,
Wer stolz in Glückes Schein,
Ihr Herz wird leis betroffen,
Wenn's fernher tönt auf nächt'ger Straß':
»Herz, Herz, was darfst Du hoffen?
Herz, fürchtest Du etwas?"
H.Mdc.
Epigramm auf den Fürsten von Saugenheim, einen
leidenschaftlichen Raucher.
Ihr fragt, wozu das Rauchen taugt,
Und könnt wohl kaum den Vorthcil ahnen!
Wenn er an seiner Pfeife saugt,
Saugt er nicht an den Unterthanen.
Eine Tröstungsreise.
Heinrich Wernhold hatte nach 8 Monaten der glück-
lichsten Ehe seine Frau durch den Tod verloren. Er war
untröstlich, und man fürchtete sogar, cs möge dieser Zustand
von den schlimmsten Folgen für seine Gesundheit sein.
Dadurch unterschied er sich auch von allen andern
Wittwern: denn der größte Theil ist bald getröstet.
Wernhold aß nicht mehr und trank nicht mehr und
schlief nicht mehr. Seine Beinkleider zog er verkehrt an;
seine Strümpfe brauchte er als Handschuhe; den rechten
Stiefel nahm er an den linken Fuß — mit einem Worte
— Wernhold hatte den Verstand verloren.
Die Acrzte untersuchten seinen Kopf, und seine Familie
verlor alle Hoffnung, als einer dieser Herren erklärte, er
habe bei der Untersuchung gefunden, daß es in Wcrnholds
Kopfe nicht ganz richtig sei.
Seine unglückliche Verwandtschaft war aus lauter Angst
selbst sämnitlich gemüthskrank. Wenn Wernhold überhaupt
noch zu retten war, so konnte dieß nur durch Ein Mittel
geschehen: mit Aufwendung aller Hülfe ihn auf alle nur
denkbare Weise zu zerstreuen.
„Er muß reisen," sagten die Acrzte. „Führt ihn überall
hin, wo eö Vergnügen gibt, weit von hier weg, in Länder,
wo man viel ißt und trinkt, denn man hat die Erfahrung
gemacht, daß sich alle Gattungen Leiden ertränken lassen."
Nach vielen Bitten konnte man Wernhold endlich zu
einer Reise bewegen und man schickte ihn den andern Tag
in Begleitung eines Vetters, der natürlich alle fünf Tage
gewissenhaft über das Befinden des Kranken Nachricht geben
mußte, nach Wiesbaden.
In Wiesbaden spielt man viel. Aber Wernhold, der
schon die ganze Reise hindurch nichts als geklagt und ge-
jammert hatte, blieb unberührt von den Wirkungen des
Spiels. Er klagte, wenn er verlor; er klagte fast noch
mehr, wenn er gewann. Was der Vetter heimschrieb, und
worüber die Verwandtschaft noch untröstlicher wurde.
Da man sah, daß das Spiel keine merkenswcrthc Besse-
rung im Zustande dcS armen Kranken hervorrief, so führte
man ihn von Wiesbaden weg und reiste mit ihm in die
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Epigramm auf den Fürsten von Saugenheim, einen leidenschaftlichen Raucher"
"Eine Tröstungsreise"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)