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,-jo Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscriptions- yiy =3.

"O- Handlungen, sowie von allen Postämtern und M.UM » preis sür den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.

Zeitungsexpeditionen angenommen. _ od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr' od. 2'/? Sgr.

Wozu die Biernoth helfen kann.

(Schluß.)

„Nun, wenn's Ihnen Recht ist," antwortete die liebens-
würdige Frau Schwertmaul giftig — sie hatte selbst drei
, Töchter — „uns kann's gleich sein." Und dabei blieb es,

! d. h. man zischelte, munkelte und spöttelte fort, ohne daß
sich Herr Schmerlcr weiter darum zu kümmern schien.

Im Grunde genommen, machte er aber doch eine etwas
bedenkliche Miene, denn eine Heirath seiner hübschen Tochter
mit einem armen Schullehrer, selbst wenn dieser ein braver
Mann und überdies sein Neffe war, wollte ihm im ersten
Augenblick doch nicht recht cinlcuchten.

„Hm, hm!" brummte er vor sich hin, während Minchen
eben wieder am Arme Fleißuer's über den offenen Tanzsaal
hinwalztc, „es war' am Ende geschcidter gewesen, wenn ich
ihn nicht eingeladen hätt'! Aber jetzt ist er einmal da; fort-
jagen kann ich ihn doch auch nicht. Halten wir eben die
Augen offen, nachher kann ja nichts Böses dabei g'schehcn.
— Aber pfui! An was denkst denn da?" unterbrach er sich
unwillig. „Nichts Böses dabei g'schehcn? ... Ist denn
mein Minerl nicht das bravste Mädel in der Stadt? Und
er selber? Kenn' ich ihn nicht schon lang als einen grund-
ehrlichen, braven Menschen, der sich's nie einfallcn lassen
wird, über mein Hans eine Schand' zu bringen? . . . Aber
verlieben könnten sie sich halt doch in einander," fuhr er in
seinen Gedanken fort, „und wär' denn eine solche Heirath
auch nach meinem Sinn? . . . Ein schönes Paarl gab's
übrigens," schmunzelte er, als sein Minchen und Carl wie-
der zu ihm an den Tisch zurückkamen, da der Walzer eben
i zu Ende war.

Herr Schmerlcr ließ sich nichts von dem merken, was
j ihm gerade durch den Kopf gegangen war; nur fanden sein
Nesse und seine Tochter, daß er überhaupt nicht recht bei

guter Laune war, was sie jedoch keiner anderen Ursache zu-
schrieben, als daß es, wie überall, so auch hier keinen ge-
schcidtcn Tropfen Bier gab.

Es war dies eine Calamität, die dem guten Münchener
in der That zu Herzen ging und zwar um so tiefer, als
dieselbe nicht etwa nur momentan seiner durstigen Kehle Hohn
sprach, sondern in München selbst bereits den Charakter der
Permanenz angenommen zu haben schien.

„Bier, Bier!" seufzte Herr Schmerlcr jetzt und seufzte !
er zu Hanse, seufzte er heute und morgen und zu jeder '
Stunde des Tages und — immer vergebens, denn wohin |
er sich auch wandte, von wo immer er es holen ließ und
so weit er seine Visitationen und Entdeckungsreisen von eiirein
Ende der Stadt bis zum andern, in östlicher und westlicher,
in südlicher und nördlicher Richtung ausdehnte: es war
überall schlecht, überall eine nichtswürdige, polizeiwidrige,
entsetzliche Brühe!

Schmerlcr wurde mit jedem Tage melancholischer. Seine
alten Freunde vom Hofbräuhause waren freilich auch nicht
besser daran als er, aber ist der Jammer und das Elend
Anderer ein Trost im eignen Leiden? Wenn sic sich begegne-
ten, drückten sie sich schweigend die Hand. Sie verstanden
sich, denn in dem wehmüthigcn Ausdrucke ihrer Mienen war
deutlich genug zu lesen, daß die Biere noch immer und
immer nichts taugten.

Stumm, in schwermüthiger Gedankentiefe saß Herr
Schmerlcr eines Tages in seinem Sorgenstuhlez er dachte
über vergangene Zecken nach, wo man noch echten Gersten-
saft, noch unverfälschten Malzertract aus schäumenden Maß-
krügen trank; wo man im Schatten der Kastanien eines
kühlen Kcllergartens sein Herz erquicken konnte an dem

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