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18.

Zei

Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
Handlungen, sowie von allen Postämtern und
t u n g s e x p e d i t i o n e n angenommen._

XLY.

W JL Ji.Ä« für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.
_ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/t Sgr.

B ei Königs.

(Fortsetzung.)

„Miezchen, Miezchen!" rief die Königin-Wittwe, „nicht
klappern! Kommt sonst der böse Mann aus der Schieblade
und beißt Miezchen die Fingcrchen ab, die kleinen, kleinen
Weiß-Fingerchen!"

Die Kleine trat einen Schritt von der Kommode zurück,
sah die Tante groß an, stemmte sich dann gebückt mit den
Händchen auf die Knie und guckte still in alle Schlüssel-
löcher hinein.

„Tante, Tante, ist kein böser Mann drinn. Nein.
Böser Mann schläft noch! — Weck' ihn, weck' ihn!"

„Ach nein, Miezchen, hör' doch, er kommt die Treppe
herauf. Versteck' Dich, versteck' Dich! geschwinde!"

Die Kleine schlug die Falten des Kleides der Tante
um ihr Körperchen, daß nur das Köpfchen hcraussah und
stand regungslos, mit ängstlichen Augen aus ihrem Verstecke
nach der Thüre lauschend, ängstlicher noch, als sich in der
That ein harter Schritt vor der Thüre hören ließ. Der
Tritt hatte etwas Verhängnißvolles, wie der des steinernen
Komthurs im Don Juan. Dabei war gar noch ein leichtes
Nachschlcppen des einen Fußes vernehmbar, das an die drei
bcrühnitcsten diabolischen Hinter aller Zeit zugleich, an Byron,
Richard III. und Mephisto erinnerte.

Endlich schlug eine Hand kräftig und fest auf den
Drücker. Miezchen verschwand unter die Falten des Kleides
der Tante, so daß nur unten die kleinen bis auf die Schuhe
nackten Bcinchcn ängstlich und verschämt hervorguckten. Selbst
der Tante ward bei den ungewöhnlich harten Schritten des
Bruders etwas ängstlicher als sonst zu Muthe. Sie ahnte
Schlimmes.

Der König trat mit dem ganzen Gewicht seiner Würde
in die Stube, eigentlich mit zu viel Gewicht und zu wenig I

Würde oder noch eigentlicher, wie ein sehr zorniger König,
etwa wie ein brüllender Löwe, der mehr auf Blut sieht als
auf gute Behandlung.

Der Rentier König war ein wohlbeleibter Mann mitt-
lerer Größe in elegantem schwarzen Anzuge. Er meinte
immer, sein Geschäft verlange von ihm einen elegan-

ten schwarzen Anzug. Sein glatt rasirtes Gesicht, mit der
hohen, runden und haarlosen Stirne, den kleinen blauen

Augen und der etwas kecken seinangelegten Nase war augen-
blicklich gerötheter, als gewöhnlich und als sich überhaupt

für einen Mann, der in edlen Metallen und Papieren

macht, ziemte. Es war Kupfergroschen - röthlich und zwar
vor Zorn.

Er ging gerade aus die Königin-Wittwe los.

„Hier ist wieder so ein Wisch an Dir —" schrie er, der
Tante einen offnen Brief vor die Füße werfend.

„An Dich —" sagte die Tante leise. Es war ihre
Gewohnheit, die Sünden ihres Bruders wider den heiligen
Geist der Granimatik auf der Stelle zu sühnen, wie sie es,
so viel an ihr war, mit seinen moralischen Vergehen gegen
die Mehrzahl der zehn Gebote zu thnn pflegte.

Hab' ihn aufgegriffen und erbrochen — da steht's wie-
der schwarz auf weiß. Roth, Elendigkcit, Hunger, Thränen
an allen Enden, wie ich es sie prophezeit. —

„Ihnen!" sagte die Königin-Wittwe kaum hörbar mit
niedergeschlagenen Augen.

„So gehts Jahr aus, Jahr ein, sieben Jahr lang!
und ich soll immer geben, geben! das ganze schöne Ver-
mögen ist dahin und nun Schulden bis über die Ohren und
morgen Wechsel-Arrest, Gott steh' mich bei!"

„Mir!" seufzte die Schwester.

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