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174 Eine Liebe ist der andern werth.

Beim Ankerwirth war es doch am Schönsten zum Früh-
schoppen und wenn cs am Rathhause elf Nhr schlug, da hatte
der Kaufmann keine Ruhe mehr im Comptoir, der Advokat
tiberivies die Clienten seinem Praktikanten, der Gelehrte legte
die Feder >veg, der Arzt empfahl sich bei seinem Patienten,
der Rentier kürzte seinen Spaziergang ab und Jeder rannte,
als ob ihm der Kopf brenne, um ja noch einen guten Platz
in dem traulichen Bierstübel des Ankers zu erwischen. Der
Magnet aber, der Alles dorthin zog, das war der pensionirte
Hauptmann Spaßhnber, denn der wußte nicht nur alleweil
was Neues zu erzählen, sondern war auch voll schnurriger
Geschichten und Anekdoten, über die man sich vor Lachen aus-
schütten mußte, hatte für jeden Gast ein besonderes, harm-
loses „G'spaßl" bei der Hand und wußte auch immer diejeni-
gen närrischen Käuze zum Zielpunkt von allerhand Schwän-
ken und Schranbereien zn machen, die das, wenn sie sich
auch oft sauer dabei anstellten, im Grunde genommen nur
gern hatten und sich ganz unwohl fühlten, wenn man sich
nicht um sie kümmerte. Da ging immer Jeder kreuzfidel nach
Hause und selbst die Frauen hatten sich nach und nach daran
gewöhnt, denn die Herren Gemähter waren zu Mittag beim
Essen nicht ninckerig und tadelsüchtig, sondern heiter und
liebenswürdig und sahen oder schmeckten cs gar nicht, wenn
! etwa der Kalbsbraten einmal etwas verbrannt oder die Suppe
versalzen war. Am Besten aber stand sich der Ankerwirth
! dabei, denn es blieb öfter nicht bei dem gelvöhnlichen Schop-
pen und der Hauptmann tvußte von Dem oder Jenem bei
j besonderer Gelegenheit auf gute Manier eine Flasche Rüdes-
heimer oder Johannisberger oder Champagner herausznlocken.
Das tvar nun Alles ganz schön und gut, aber ein Haken
war doch dabei, denn der Herr Hauptmann hatte seit langer,
langer Zeit nicht bezahlt und auch niemals gefragt, was er
schuldig wäre. Da war nun allerdings eine Rechnung von
mehr als 300 fl, aufgelaufen und wenn der Ankerwirth im
Buche auf das lange, lange Conto des Hauptmannes sah, da
machte er ein saures Gesicht, kraute sich am Kopfe und —

schlug das Buch tvieder zu. Eines Tages aber hatte er durch
den Oberkellner die Rechnung, welche beinahe zwei Ellen lang
war, heransziehen lassen, faßte sich ein Herz und überreichte
den Zettel dem Hauptmann mit der höflichen Bitte um ge-
fällige Bezahlung, Der Hauptmann aber steckte die Rech-
nung, ohne sie eines Blickes zu würdigen und ohne ein !
Wort zu sagen, in die Tasche,

Am andern Tage kamen wie gewöhnlich die Stamm-
gäste zum Frühschoppen, Nur der Hauptmann nicht. Wer
kam, fragte nach dem Hauptmann und ob er etwa krank sei. j
Der Wirth zuckte die Achseln und wußte keine Auskunft zu
geben. Da ans einmal stieß ein Gast den andern an und
wies durch das Fenster auf den gegenüber liegenden Gast-
hof zum „Mohren." Dort saß der Herr Hauptmann bei
einer Flasche Rheinwein ganz wohlgemuth am Fenster, als
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine Liebe ist der andern werth"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gaststätte <Motiv>
Fenster <Motiv>
Gast <Motiv>
Spaziergang <Motiv>
Rechnung
Zylinder <Kopfbedeckung>
Tabakspfeife <Motiv>
Beobachtung
Karikatur
Hauptmann
Gastwirt <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 48.1868, Nr. 1194, S. 174

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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