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V erwcch
ledigung der wunderlich schwierigen Suche. Darauf wurde
Fester etwas nachdenklich, that den Mund auf und sprach die
geflügelten Worte: „Du, lieber Bester — damit wir unsere
Schlüssel nicht nochmals oerwechseln — hier hast Du den
Dcinigcn!" — Bester konnte nicht umhin, die Vorsicht seines
Freundes zu loben und reichte ihm den andern Schlüssel hin.
Und so gingen sie denn einfältigen Herzens und redlichen Ge-
müthes abermals den Weg, den sie vorhin gewandelt. Endlich
waren sie wieder an ihren Wohnhäusern angekommen. Das
neckische Geschick ließ sie jedoch wieder lange die Schlüssellöcher
suchen und mit den Schlüsseln in den endlich gefundenen Löchern
hernmbohren; doch aufgebracht hat abermals Keiner. Was
war nun wieder anders zu machen, als nochmals ins Wirths-
Haus zurückzukehren, wo sich denn auch Beide trafen. „Das
ist ja eine verfluchte Geschichte!" sagte Bester, „Hab' ich denn
geträumt, haben wir denn unsere verwechselten Röcke nicht wieder
gewechselt, und die Schlüssel auch? Und immer wieder ein
falscher Schlüssel!" — „Ich will Dir 'was sagen!" sprach
Fester, „cs muß nicht recht gewechselt worden sein! Damit uns
aber die verdammte Geschichte nicht nochmals Passirt, und wir
nicht zum Gelächter und Gespötte der Leute werden, so müssen
>vir jetzt mit der allergrößten Vorsicht zu Werke gehen. Gib
mir zuerst meinen Schlüssel! . . . So! hier hast Du den
Deiuigen! Halten wir die Schlüssel fest in der Hand und lassen
sie ja nicht los! Nun steckt jeder seinen Schlüssel vorsichtig in
die Tasche. . . So, auch das wäre geschehen. Jetzt ziehe zuerst
Du Deinen Nock aus und hänge ihn hier an den Haken! . . .
So! Jetzt will ich fünf Schritte von hier Weggehen und dort
meinen oder eigentlich Deinen Rock hinhängen! Siehst Du:
so! . . . Jetzt kommst Du hier her und ich komme dort hin! . . .
So, auch das wäre geschehen! Jetzt wollen wir die Röcke an-
jiehen! ... So! Nun, jetzt kann's doch unmöglich fehlen, daß
Jeder seinen eigenen Rock anhat und demnach auch Jeder seinen
eigenen Hausschlüssel besitzt!" — Bester war durch diese gründ-
iiche, streng logische, namentlich aber auch thatsächlichc Beweis-
führung ganz entzückt, ohne in dieser Entzückung zu merken, daß
jetzt abermals Alles falsch sei: Röcke und Schlüssel. — Und
um das freudige Ereignis; auch würdig zu feiern, trank Jeder
noch zivei Glas Bier; das triumphirende Gelächter Beider über die
slungen.
tolle Verwcchslungsgcschichtc durchschallte den Saal; schließlich,
mit der Sicherheit, die rechtmäßiges Eigenthum und rechte Wehr'
und Waffen einflößen, klopften die Leiden Glaubenshelden mit
der rechten Hand an die linke Brusttasche, fühlten dabei deutlich
den Schlüssel — und so waren sie den» auch-des Einlasses in ihr
Himmelreich sicher und gewiß. — Natürlich konnten Bester und
Fester jetzt abermals nicht in ihre Wohnungen; Wirthshäuscr waren
in der späten Nacht nicht mehr auf — und so faßten sie denn den
muthigen Entschluß, Arm in Arm durch die Straßen zu wandeln,
bis Aurora Licht bringe in die dunkeln Wege des Schicksals,
das sie so unerbittlich verfolgte. Nachdem also aus Abend und
Morgen der andere Tag geworden, ward cs auch Licht in den
Köpfen beider Freunde — und nach Meinungs-, Rock- und
Schlüsselaustausch trennten sich die Jrrfahrer mit dem unge-
hcucheltcn Wunsche unverwrchsclten Wiedersehens.
Acrztliche Beruhigung.
„Herr Medicinalrath, sagen Sie mir, halten Sic denn
Austern für gesund?" — „Gewiß, meine Gnädige, — ich
wenigstens Hab' in meiner langen Praxis noch keine einzige in
| Behandlung gehabt!"
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ledigung der wunderlich schwierigen Suche. Darauf wurde
Fester etwas nachdenklich, that den Mund auf und sprach die
geflügelten Worte: „Du, lieber Bester — damit wir unsere
Schlüssel nicht nochmals oerwechseln — hier hast Du den
Dcinigcn!" — Bester konnte nicht umhin, die Vorsicht seines
Freundes zu loben und reichte ihm den andern Schlüssel hin.
Und so gingen sie denn einfältigen Herzens und redlichen Ge-
müthes abermals den Weg, den sie vorhin gewandelt. Endlich
waren sie wieder an ihren Wohnhäusern angekommen. Das
neckische Geschick ließ sie jedoch wieder lange die Schlüssellöcher
suchen und mit den Schlüsseln in den endlich gefundenen Löchern
hernmbohren; doch aufgebracht hat abermals Keiner. Was
war nun wieder anders zu machen, als nochmals ins Wirths-
Haus zurückzukehren, wo sich denn auch Beide trafen. „Das
ist ja eine verfluchte Geschichte!" sagte Bester, „Hab' ich denn
geträumt, haben wir denn unsere verwechselten Röcke nicht wieder
gewechselt, und die Schlüssel auch? Und immer wieder ein
falscher Schlüssel!" — „Ich will Dir 'was sagen!" sprach
Fester, „cs muß nicht recht gewechselt worden sein! Damit uns
aber die verdammte Geschichte nicht nochmals Passirt, und wir
nicht zum Gelächter und Gespötte der Leute werden, so müssen
>vir jetzt mit der allergrößten Vorsicht zu Werke gehen. Gib
mir zuerst meinen Schlüssel! . . . So! hier hast Du den
Deiuigen! Halten wir die Schlüssel fest in der Hand und lassen
sie ja nicht los! Nun steckt jeder seinen Schlüssel vorsichtig in
die Tasche. . . So, auch das wäre geschehen. Jetzt ziehe zuerst
Du Deinen Nock aus und hänge ihn hier an den Haken! . . .
So! Jetzt will ich fünf Schritte von hier Weggehen und dort
meinen oder eigentlich Deinen Rock hinhängen! Siehst Du:
so! . . . Jetzt kommst Du hier her und ich komme dort hin! . . .
So, auch das wäre geschehen! Jetzt wollen wir die Röcke an-
jiehen! ... So! Nun, jetzt kann's doch unmöglich fehlen, daß
Jeder seinen eigenen Rock anhat und demnach auch Jeder seinen
eigenen Hausschlüssel besitzt!" — Bester war durch diese gründ-
iiche, streng logische, namentlich aber auch thatsächlichc Beweis-
führung ganz entzückt, ohne in dieser Entzückung zu merken, daß
jetzt abermals Alles falsch sei: Röcke und Schlüssel. — Und
um das freudige Ereignis; auch würdig zu feiern, trank Jeder
noch zivei Glas Bier; das triumphirende Gelächter Beider über die
slungen.
tolle Verwcchslungsgcschichtc durchschallte den Saal; schließlich,
mit der Sicherheit, die rechtmäßiges Eigenthum und rechte Wehr'
und Waffen einflößen, klopften die Leiden Glaubenshelden mit
der rechten Hand an die linke Brusttasche, fühlten dabei deutlich
den Schlüssel — und so waren sie den» auch-des Einlasses in ihr
Himmelreich sicher und gewiß. — Natürlich konnten Bester und
Fester jetzt abermals nicht in ihre Wohnungen; Wirthshäuscr waren
in der späten Nacht nicht mehr auf — und so faßten sie denn den
muthigen Entschluß, Arm in Arm durch die Straßen zu wandeln,
bis Aurora Licht bringe in die dunkeln Wege des Schicksals,
das sie so unerbittlich verfolgte. Nachdem also aus Abend und
Morgen der andere Tag geworden, ward cs auch Licht in den
Köpfen beider Freunde — und nach Meinungs-, Rock- und
Schlüsselaustausch trennten sich die Jrrfahrer mit dem unge-
hcucheltcn Wunsche unverwrchsclten Wiedersehens.
Acrztliche Beruhigung.
„Herr Medicinalrath, sagen Sie mir, halten Sic denn
Austern für gesund?" — „Gewiß, meine Gnädige, — ich
wenigstens Hab' in meiner langen Praxis noch keine einzige in
| Behandlung gehabt!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verwechslungen" "Aerztliche Beruhigung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Heimweg
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1644, S. 31
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg