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Der alt c
Sic blicken ihn an so starr und kalt,
Die staubigen Folianten,
Die Jahrelang schon ihn mit Zaubergewalt
In die düstere Zelle hier bannten.
Horch! draußen da singt es und klingt cs gar hell:
„Der Mai, der Mai ist gekommen!"
Wohl schließt er zürnend das Fenster schnell.
Doch hat er den Ruf vernommen.
Wohl greift er zum würdigen Pergament,
Dem Urquell geistigen Lebens; —
Es zittert die Hand und die Stirne brennt,
Er will vergessen! — Vergebens!
Er will vergessen die sonnige Zeit,
Wo i h m auch der Lenz noch erschienen.
Eh' die Welt er verließ und ihr Glück und Leid,
Um den Alten, den Todten zu dienen.
Doch wo bleibt ihm denn heute die alte Last,
In der Weisheit Tiefen zu dringen?
Wie wogt es so stürmisch in seiner Brust! —
Er hörte vom Frühling singen.
Und er wühlet herum in dem morschen Schrein
Nach den Versen, die einst er geschrieben:
Sic klangen von Frühling und Sonnenschein,
Sie klangen von Küssen und Lieben.
Und auf's neue wie einst sicht Busch er und Haid'
Im bräutlichen Schmucke prangen;
Er denkt der wonnigen rosigen Maid,
Die ihm plaudernd am Arme gehangen.
Gelehrte.
Wie sie wandeln so selig durch Flur und Wald
Unter traulichem Herzen und Kosen!
Und das Lied der gefiederten Sänger schallt:
„Noch sind ja die Tage der Rosen!"
Wie strahlet ihr Auge so mild und klar —
Es durfte, es durfte nicht trügen!
Wie lacht ihm das herzige Lippenpaar —
O, konnte ihr Schwur ihm lügen?
Und doch — es durchzuckt ihn mit wilder Macht. —
Sie hatte nur Worte gesprochen! —
Da fluchte er Allem, was liebte und lacht,
Da war seine Jugend gebrochen. —
So ward er den Büchern ein stiller Gast;
Sie können nicht lieben, nicht hassen.
Sie boten dem Herzen Ruhe und Rast, —
Sie werden ihn nicht verlassen. „ ...
' A. Stürmer.
Empfindsam.
Bauer (zum schwcincliütendcn Schullehrer): „Sie, das verbitt'
ich mir! So lang' Sie im Winter blos mei' Kinner so arg g'schlnge
ha've, haw' ich gedenkt: die hawe's vielleicht verdient. Daß Sie
nwer jetzt immer nur ans mei' Säu lostrommle, das kann ich mir
nit g'falle lasse, — da müßt mcr ja gar fei’ Herz hawe!"
Der alt c
Sic blicken ihn an so starr und kalt,
Die staubigen Folianten,
Die Jahrelang schon ihn mit Zaubergewalt
In die düstere Zelle hier bannten.
Horch! draußen da singt es und klingt cs gar hell:
„Der Mai, der Mai ist gekommen!"
Wohl schließt er zürnend das Fenster schnell.
Doch hat er den Ruf vernommen.
Wohl greift er zum würdigen Pergament,
Dem Urquell geistigen Lebens; —
Es zittert die Hand und die Stirne brennt,
Er will vergessen! — Vergebens!
Er will vergessen die sonnige Zeit,
Wo i h m auch der Lenz noch erschienen.
Eh' die Welt er verließ und ihr Glück und Leid,
Um den Alten, den Todten zu dienen.
Doch wo bleibt ihm denn heute die alte Last,
In der Weisheit Tiefen zu dringen?
Wie wogt es so stürmisch in seiner Brust! —
Er hörte vom Frühling singen.
Und er wühlet herum in dem morschen Schrein
Nach den Versen, die einst er geschrieben:
Sic klangen von Frühling und Sonnenschein,
Sie klangen von Küssen und Lieben.
Und auf's neue wie einst sicht Busch er und Haid'
Im bräutlichen Schmucke prangen;
Er denkt der wonnigen rosigen Maid,
Die ihm plaudernd am Arme gehangen.
Gelehrte.
Wie sie wandeln so selig durch Flur und Wald
Unter traulichem Herzen und Kosen!
Und das Lied der gefiederten Sänger schallt:
„Noch sind ja die Tage der Rosen!"
Wie strahlet ihr Auge so mild und klar —
Es durfte, es durfte nicht trügen!
Wie lacht ihm das herzige Lippenpaar —
O, konnte ihr Schwur ihm lügen?
Und doch — es durchzuckt ihn mit wilder Macht. —
Sie hatte nur Worte gesprochen! —
Da fluchte er Allem, was liebte und lacht,
Da war seine Jugend gebrochen. —
So ward er den Büchern ein stiller Gast;
Sie können nicht lieben, nicht hassen.
Sie boten dem Herzen Ruhe und Rast, —
Sie werden ihn nicht verlassen. „ ...
' A. Stürmer.
Empfindsam.
Bauer (zum schwcincliütendcn Schullehrer): „Sie, das verbitt'
ich mir! So lang' Sie im Winter blos mei' Kinner so arg g'schlnge
ha've, haw' ich gedenkt: die hawe's vielleicht verdient. Daß Sie
nwer jetzt immer nur ans mei' Säu lostrommle, das kann ich mir
nit g'falle lasse, — da müßt mcr ja gar fei’ Herz hawe!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der alte Gelehrte" "Empfindsam"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1647, S. 55
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg