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Ein Traum.

155

„Nein, nein!" schrie der Gefesselte auf, „steht es so. . .
noch ist's Zeit! Ich will umkehren!"

„Du kannst nicht umkehren! Du hast mir schon zu viel
geopfert und bist zu elend! Sieh her, das warst Du!"

Und alsbald flatterte aus des Geistes Hand die Wolke
ans und in derselben schaute der Doctor sich selbst und seine
Margarethe heiter und froh und die Kinder mit Freude strahlendem
Gesicht; der Weihnachtsbaum leuchtete, und in Aller Herzen war
Glück, und wie verhallender Glockenklang ging durch des Doctors
Seele ein süßes Nachempfinden jenes frohen Abends voll stiller
inniger Freude.

„Und nun, sieh' her!" rief der Geist, „das bist Du nun!"

Und das Bild zerrann und ging über in ein anderes:
Wieder leuchtete der Christbaum, aber stumm und betreten standen
die Kinder und schauten von den Gaben hinweg, die für sic
ausgebreitet lagen, ans die Mutter, die gramvoll seitab stand,
das vordem fröhliche Angesicht voll Kummer und Weh. Und
sich selber sah der Erschütterte in dem düsteren Laboratorium
mit zerrüttetem, verwüstetem Antlitz. Ein tiefer Schmerz, ein
ingrimmiger Zorn über sich selbst Packte ihn an. Aber, war
es denn nicht noch Zeit, umzukehren? Und kaum fuhr ihm
solcher Gedanke durch den Sinn, da rief sein anderes Ich
drüben: „Noch ist es Zeit! ich stoße Dich hinweg, trügerischer
Geist, ich will frei sein! Sie werden wieder froh, wieder glück-
lich werden, die ich so tief unglücklich gemacht..."

„Es ist zu spät!" sprach mit kalter Stimme der Geist.
„Ich mache Dich noch elender. Du kannst nicht gut machen,
was Du verschuldet! Sieh' her!" Und in des Geistes Hand
war alsobald ein Hammer, und er schlug mit demselben wiederholt
nach dem Bild der weinenden bekümmerten Frau.

Ein unsäglich Entsetzen schlug die Krallen in des Er-
schrockenen Herz; er wollte aufspringen, dem Furchtbaren in die
Arme fallen, aber, wie mit ehernen Banden umstrickt, konnte
er kein Glied rühren; er sah, wie unter den Hammerschlägen
sein armes Weib leblos darniedcrsank, der Athem verging ihm,
er meinte zu ersticken, da. . . ein heftiger Ruck. . . und der
wüste Traum ließ ihn los; er schaute umher, da war das enge
Gemach rings um ihn, spärlich erhellt vom matten Lampen-
schein; Alles stand und lag ans dem alten Fleck im gewohnten
Durcheinander. Er athmete tief auf, aber noch gingen die
Wogen der furchtbaren Angst, die er erduldet, durch seine Seele,
und. . . was war das? noch jetzt hörte er jene Schläge, mit
denen das Traumgespenst seine Margarethe tobt zu Boden ge-
streckt hatte. Sie wiederholten sich, und nun drang in des
Erschreckten Ohr die Stimme der treuen Hausnachbarin, Frau
Günther. — „Herr Doctor! Um Gotteswillen! Schläft denn
der Herr Doctor? Die Frau Doctorn! .... Sie stirbt . . . .
komme doch der Herr.... schnell, schnell!"

Jählings fuhr der Entsetzte empor. Sollte sich der furcht-
bare Traum erfüllen?

Die Thürc ward ausgestoßen, und vor dem Schreckens-
bleichen stand, ein Lämpchen in der zitternden Hand, Frau
Günther in tiefster Erregung. „Herr Doctor! hinüber ge-
schwind! Gott weiß, ob sie noch lebt!"

„Das kann ja nicht sein!" ächzte der Doctor und stürzte
hinweg; Frau Günther folgte dem Voraneilenden, nachdem sie,
trotz aller Aufregung, noch einen neugierigen furchtsamen Blick
in den unheimlichen, jedem Auge verschlossenen Raum geworfen.

-- (Schluß folgt.)

Zwei Ruhmes-Pfadc.

Zwei Wege steh'n zur Menschengröße offen,

Ans denen Lebensnachruhm zu erhoffen:

Wer seine Hand in Menschenblut getaucht —

Die Völker brachte unter's blut'gc Knie,

Der heißt: Erlaucht —

Und gilt als ein historisches Genie!

Mit Wem die Welt recht grausamlich verfahren,

Auch der ist wohl ein Held —

Doch nur im Leiden-Feld!

Von Beiden spricht man noch nach hundert Jahren!

„Sie" miiaßt's sag'n.

(Oberbaycrisch.)

A' Geistlicha, a' junga Mann,

Der kimmt auf's Land 'naus als Kaplan,

Und Groß und Kloan, wer mit cam red't,

Der sagt halt „Du", — dces taugt cam net;

D'rum macht er iu da Schul a' Lehr:

„Js denn dees Sic sag'n gar so schwer?

Schau, zu'n Herr Pfarra und zu mir
Und zu'n Herr Lehrn da sagt's Ihr
Von heunt ab Sic. Es bleibt dabei,

Sie miiaßt Ihr sag'n zu'uns all' Drei!

Du, Kramasepp, wia müaßt Ihr sag'n?"

„„Sie"" sagt da Bna — braucht fi’ net z'plag'n.
„Zu wem?" So fragt er auf-Probir,

„„No, zu de Zwoa halt und zu Dir!""

__ P. Austnger.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
""Sie" müaßt's sag'n"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kauffmann, Hugo
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ermahnung
Unzufriedenheit
Junge <Motiv>
Sinnlosigkeit
Anrede
Karikatur
Vikar
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1660, S. 155

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