Eine Luftfahrt.
mehrerer weithin sichtbaren Punkte auf GotteS liebem Erdboden
genau ausgenommen, um Anhaltspunkte zu seinem Zwecke zu
haben.
AlS ich am Eingang zu dem AuffahrtSplatze mein jugend-
liches Gefolge entlassen hatte, und eintrat, scholl mir eine Helle
Trompetensanfare, dumpfeS Paukengewirbel, und donnerndes
Hurrah entgegen. Zum erstenmale galten diese Klänge mir.
Seliger Augenblick! Ach, du warst nur zu kurz! Ein gellendes
Lachen über mein Aussehen folgte dir aus dem Fuße.
Der Raum für die Zuschauer war bereits gespickt voll,
ebenso die Fenster der Nachbarschaft. Auch auf den Dächern
wimmelte eS; und mancher kühne Knabe saß rittlings auf der
Firste eines DacheS. Der Ballon, zur Hälfte bereits mit
KohlengaS gefüllt, strebte schon nach oben und wiegte sich
einstweilen im Winde.
Neben dem an und für sich seltenen Schauspiel war eS
nebenbei die beabsichtigte Mitfahrt eine- zweiten Passagiers,
welche die Neugierde der Menge fesselte. Gold mann, der
reichste Capitalist und erste Gourmand Sponheims, hatte näm-
lich beim üppigen Mahle, angefeuert durch den Champagner,
erklärt, er sähe in meinem Entschlüsse kein Wagniß, und wenn
es eine bedeutende Wette gälte, so wäre er bereit, ein Gleiches
zu thun. 3a, er war so weit gegangen, ein kleines Landgut,
welches er in der Nachbarschaft besaß, zur Wette zu setzen.
Mehrere der Anwesenden, die kein großes Verttauen zu seinem
Muthe hatten, hielten ihn beim Worte und erboten sich zu
einem Aequivalent als Gegensatz, welches zum großen Theile
in dm edelsten Weinen bestand, wozu jeder seinen Antheil beischoß.
Schon am selben Abende wollte man bemerkt haben, daß
Goldmann sich gem zurückgezogen hätte; aber um so fester
hielt man ihn, und brachte ihn dahin, die Wette schriftlich
zu machen. Seine Gegner hielten sich ihres Sieges so gewiß,
daß sie schon vorher keinen Anstand nahmen, ihn allen mög-
lichen Neckereien auszusetzen, ohne zu bedenken, daß sie ihn
möglicherweise dadurch gerade zur Ausführung deS WagftückS
reizen könnten, von dem er sonst vielleicht zurückgetreten wäre. j
Ueber das Benehmen deS Capitalisten in den letzten Tagen !
liefen allerlei Gerüchte umher. Man wollte unter anderm
wissen, daß er am Morgen desselben Tages den Notar zu sich
berufen habe, um zu testiren.
Ter Ballon füllte sich immer mehr, die zur Abfahrt be-
stimmte Zeit nahte heran, aber von Goldmann war noch immer
nichts zu sehen. Man bot im Publikum Wetten an drei gegen
einS, daß er auSbleibe, und nur hin und wieder fanden sie
Annahme. ES fehlten nur noch einige Minuten, da entstand
am Eingänge ein Tumult. .Er ist da!» schrie eine Stentor-
stimme. Wieder schmetterten die Trompeten, die Pauken raffelten,
Hurrahgeschrei ließ die Luft erbeben, die Hälse streckten sich,
die Damen schwenkten mit den Tüchern ihm entgegen, und
von der Firste eines DacheS kollerte unter Schreckensgeschrei
ein Knabe herunter.
Aber auch seinem Auftreten folgte ein schallendes Gelächter.
Zwar erschien er nicht in Pelz gehüllt wie ich, ein Bedienter
trug ihm vielmehr seine Pelze nach; aber er schaukelte auf den
Beinen, wie der Ballon in den Stricken. ES schien, der gute
Herr hatte sich den Muth wieder angettunken, mit dem er die
Wette einging.
Ein zweiter Bedienter schleppte einen schweren Korb herein.
Mstr. Blak erstaunte über dieS ungewöhnliche Passagiergut.
»Nur etwas Proviant!' sprach Goldmann.
Und so verhielt es sich in der That. Die nähere Prüfung
deS Inhalts ergab folgendes Resultat: Ein Fasan in Gelee,
eine Siraßburger Gänseleberpastete, eine Pommeresche Gänse-
brust, einige seine Würste, ein ChesterkäS und einige feine
Brode An Gettänken: 2 Flaschen Hochheimer Domdechant,
2 Flaschen Schloßjohannisberger Goldlack; 1 Flasche Drimadera,
2 Flaschen koräeaux 8t. Julien, 4 Flaschen Champagner veuve
Cliquot und 2 Flaschen Tokaier Ausbruch. Sie schienen be-
stimmt, durch den Vorschmack des spätern reichen Gewinnes
den Passagier noch mehr in seinem Wagstück zu kräftigen.
Mstr. Blak meinte aber, daS hieße das Gewicht unnöthiger-
weise vermehren. Goldmann aber suchte ihm begreiflich zu
machen, daS sei so gut wie Ballast; Trank und Speise im
Magen hätten eben so wenig Gewicht, wie ein Fisch im Wasser.
Mstr. Blak lachte herzlich über diesen Lehrsatz, der doch
mehrerer weithin sichtbaren Punkte auf GotteS liebem Erdboden
genau ausgenommen, um Anhaltspunkte zu seinem Zwecke zu
haben.
AlS ich am Eingang zu dem AuffahrtSplatze mein jugend-
liches Gefolge entlassen hatte, und eintrat, scholl mir eine Helle
Trompetensanfare, dumpfeS Paukengewirbel, und donnerndes
Hurrah entgegen. Zum erstenmale galten diese Klänge mir.
Seliger Augenblick! Ach, du warst nur zu kurz! Ein gellendes
Lachen über mein Aussehen folgte dir aus dem Fuße.
Der Raum für die Zuschauer war bereits gespickt voll,
ebenso die Fenster der Nachbarschaft. Auch auf den Dächern
wimmelte eS; und mancher kühne Knabe saß rittlings auf der
Firste eines DacheS. Der Ballon, zur Hälfte bereits mit
KohlengaS gefüllt, strebte schon nach oben und wiegte sich
einstweilen im Winde.
Neben dem an und für sich seltenen Schauspiel war eS
nebenbei die beabsichtigte Mitfahrt eine- zweiten Passagiers,
welche die Neugierde der Menge fesselte. Gold mann, der
reichste Capitalist und erste Gourmand Sponheims, hatte näm-
lich beim üppigen Mahle, angefeuert durch den Champagner,
erklärt, er sähe in meinem Entschlüsse kein Wagniß, und wenn
es eine bedeutende Wette gälte, so wäre er bereit, ein Gleiches
zu thun. 3a, er war so weit gegangen, ein kleines Landgut,
welches er in der Nachbarschaft besaß, zur Wette zu setzen.
Mehrere der Anwesenden, die kein großes Verttauen zu seinem
Muthe hatten, hielten ihn beim Worte und erboten sich zu
einem Aequivalent als Gegensatz, welches zum großen Theile
in dm edelsten Weinen bestand, wozu jeder seinen Antheil beischoß.
Schon am selben Abende wollte man bemerkt haben, daß
Goldmann sich gem zurückgezogen hätte; aber um so fester
hielt man ihn, und brachte ihn dahin, die Wette schriftlich
zu machen. Seine Gegner hielten sich ihres Sieges so gewiß,
daß sie schon vorher keinen Anstand nahmen, ihn allen mög-
lichen Neckereien auszusetzen, ohne zu bedenken, daß sie ihn
möglicherweise dadurch gerade zur Ausführung deS WagftückS
reizen könnten, von dem er sonst vielleicht zurückgetreten wäre. j
Ueber das Benehmen deS Capitalisten in den letzten Tagen !
liefen allerlei Gerüchte umher. Man wollte unter anderm
wissen, daß er am Morgen desselben Tages den Notar zu sich
berufen habe, um zu testiren.
Ter Ballon füllte sich immer mehr, die zur Abfahrt be-
stimmte Zeit nahte heran, aber von Goldmann war noch immer
nichts zu sehen. Man bot im Publikum Wetten an drei gegen
einS, daß er auSbleibe, und nur hin und wieder fanden sie
Annahme. ES fehlten nur noch einige Minuten, da entstand
am Eingänge ein Tumult. .Er ist da!» schrie eine Stentor-
stimme. Wieder schmetterten die Trompeten, die Pauken raffelten,
Hurrahgeschrei ließ die Luft erbeben, die Hälse streckten sich,
die Damen schwenkten mit den Tüchern ihm entgegen, und
von der Firste eines DacheS kollerte unter Schreckensgeschrei
ein Knabe herunter.
Aber auch seinem Auftreten folgte ein schallendes Gelächter.
Zwar erschien er nicht in Pelz gehüllt wie ich, ein Bedienter
trug ihm vielmehr seine Pelze nach; aber er schaukelte auf den
Beinen, wie der Ballon in den Stricken. ES schien, der gute
Herr hatte sich den Muth wieder angettunken, mit dem er die
Wette einging.
Ein zweiter Bedienter schleppte einen schweren Korb herein.
Mstr. Blak erstaunte über dieS ungewöhnliche Passagiergut.
»Nur etwas Proviant!' sprach Goldmann.
Und so verhielt es sich in der That. Die nähere Prüfung
deS Inhalts ergab folgendes Resultat: Ein Fasan in Gelee,
eine Siraßburger Gänseleberpastete, eine Pommeresche Gänse-
brust, einige seine Würste, ein ChesterkäS und einige feine
Brode An Gettänken: 2 Flaschen Hochheimer Domdechant,
2 Flaschen Schloßjohannisberger Goldlack; 1 Flasche Drimadera,
2 Flaschen koräeaux 8t. Julien, 4 Flaschen Champagner veuve
Cliquot und 2 Flaschen Tokaier Ausbruch. Sie schienen be-
stimmt, durch den Vorschmack des spätern reichen Gewinnes
den Passagier noch mehr in seinem Wagstück zu kräftigen.
Mstr. Blak meinte aber, daS hieße das Gewicht unnöthiger-
weise vermehren. Goldmann aber suchte ihm begreiflich zu
machen, daS sei so gut wie Ballast; Trank und Speise im
Magen hätten eben so wenig Gewicht, wie ein Fisch im Wasser.
Mstr. Blak lachte herzlich über diesen Lehrsatz, der doch
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Luftfahrt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 7.1848, Nr. 152, S. 58
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg