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Eine Luftfahrt.

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so manchen Anhänger hat, und behauptete, er schlage alle
Mathematik gradezu inS Gesicht.

Zch, überzeugt, daß im Ballon CommunismuS herrschen
werde, suchte ihn zur Mitnahme zu bewegen, indem ich ihm
begreiflich machte, daß man sich dennoch im Nothfalle des j
Uebersiuffes als Ballast emledigm könne.

Nach einigem Kopfschütteln, wobei er bemerkte, daß wir
alle drei ohnehin gewichtige Personen wären, packte er endlich
mehrere Sandsäcke aus, und an deren Stelle jenen edleren
Ballast ein.

Was er von unserer Persönlichkeit sagte, hatte seine
Richtigkeit. Mstr. Blak maß seine volle sechs Fuß; zwar
war er nicht beleibt, aber von kräftigem Knochenbau und
strotzenden Muskeln. Herr Goldmann, nur wenige Zoll
kleiner, war dagegen eine Fleischmasse, die noch mehr im Um-
sang als in der Länge maß. Meine Wenigkeit (so nenne ich
mich eigentlich nur aus übertriebener Bescheidenheit) war zwar
nicht so groß wie Mstr. Blak, noch so dick wie Herr Gold-
mann, aber nichtsdestoweniger untersetzt und wohlbeleibt und
eS fehlte ihr wenig an 2 Centnern.

Der Ballon war nunmehr gefüllt. Wir beiden Passagiere
erhielten unsre Fahnen und nahmen unsre Sitze in der Gondel
ein. Mein vis-ä-vis schien etwas bleich und schwenkte seine
Fahne schon mächtig, bevor es losging.

Jetzt wurden die Stricke bis auf einen gelöst. Mstr. Blak
stieg in das Netz oberhalb des Kranzes, untersuchte noch ein-
mal alle Taschen, damit er sich überzeuge, daß er kein nöthiges
Instrument zurücklaffe, sah drauf auf seine Sekundenuhr, und
zog aus dem Haken, der den letzten Strick hielt, ei» kleines
Zäpfchen, der Haken schlug sich auseinander und aufwärts
ging es. Zwischen das verstärkte Trompetengeschmerter, den
Paukenwirbel und das Volksgejubel donnerten mächtig die
Böller. Bald sahen wir über alle Dächer hinweg, von denen
weiße und bunte Tücher unS einen Gruß entgegen flatterten.

Im Anfang nahm unsere Gondel eine schaukelnde Beweg-
ung an. Es krabbelte mir darob im Magen, als wäre er eine
Dose voll lebendiger Maikäfer; es ward mir sehr unbehaglich
zu Muthe, um so emsiger aber schwenkte ich mein Fähnchen.
Da bemerkte ich, daß meinem Gegenüber seine Fahne entfiel.
Ich blickte auf. Himmel, was sah ich! Herrn Goldmann schien
es auch unbehaglich zu werden, er wollte aussteigen, und doch
schwebten wir schon mehrere KirchthurmShöhen über der Stadt.

Da ich ihn anders nicht schnell genug erreichen konnte, so

schlug ich ihn einstweilen mit der Fahne vor den Kopf, daß
er in die Gondel zurücktaumelte. Dann lief ich hinzu. Auch
Mstr. Blak biegt sich in die Gondel herab. Wir hatten alle
Mühe. Goldmann zurückzuhalten, und nur schwer gelang eS
uns, ihm die Höhe begreiflich zu machen, auf der wir uns
befanden. Als wir ihm dies endlich beigebracht hatten, ließ
er sich wieder auf seinen Sitz nieder, stützte die Ellenbogen
auf die Knie, und verbarg sein Antlitz in den flachen Händen,
wobei er heftig zitterte und mit den Zähnen schlotterte.

Obgleich wir unser Hauptgelage erst beim Herabsteigen zu
halten beabsichtigten, da wir möglichst schnell hinauf wollten, um
oben die Mittagswärme noch zu benutzen, so entkorkte ich doch
jetzt eine Flasche des edlen Hochheimer Domdechanten, aus dem
mir ein Blüthenduft entgegenquoll. Umsonst bot ich Gold-
man» den duftenden Römer, er schüttelte heftig mit dem Kopfe,
und wollte nicht aufsehen; um so besser ließen wir beiden
andern unS den edlen Trank munden.

Die Gondel hing jetzt ruhig, senkrecht von dem Ballon
herab. Es war dort oben so lieblich kühl, kein Lüftchen wehte,
denn selbst der Swrm schweigt, sür den, der mit ihm fliegt.
Ich fühlte mich jetzt ruhig und Wohl; mein Auge schweifte
trunken über Berg und Thal, und haftete am liebsten am Hori-
zonte, wo immer in weiter Ferne neue Dörfer, Städte, Ströme
und Berge auftauchten.

Ich verfehlte natürllch nicht, dem Lande eine Libation zu
bringen. Schwerlich aber dürste einer der goldenen Tropfen
unten angelangt sein, denn die Lüste sogen sie gierig auf.

Da die Lust allmählig leichter zu werden begann, was
man eben sowohl am schnellem Athmen, als am Fallen deS
Barometers bemerken konnte, so entleerte Mstr. Blak zur Be-
schleunigung der Fahrt allmählig einige Sandsäcke, um auch
den Ballon zu erleichtern. Tief unter uns gewann die Erde
allmählig das Aussehen einer Relief-Landkarte. Um uns war
Alles still. Kein Vogel schwebte mehr auf dieser Höhe.

Wir erreichten endlich eines jener kleinen Wölkchen, die
wir unten bemerkt hatten. Es umhüllte uns bald mit seinem
Nebelmcer und entzog uns aus eine Zeit alle Aussicht. ES
ward feucht um uns her. Ich hüllte mich wieder in meine
Pelze, die ich abgelegt hatte und entkorkte eine Flasche Bordeaux.

Das war probat. Selbst Herr Goldmann wagte es, als
nichts mehr zu sehen war, aufzublicken, und ttank ein GlaS des
feurigen Franzosenbluts, jedoch nur, um gleich nachher daS
Gesicht wieder in die Hände zu stützen; während wir andern

8 *
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine Luftfahrt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ballonfahrt <Motiv>
Ausstieg
Karikatur
Picknick <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 7.1848, Nr. 152, S. 59

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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