107
Vor tausend
Äcimo, öas Küteri'ein.
Heinp.' heiß ich. bin Hüterlein
Und mir ist wohl zu Sinne.
Ich leg' mich in die Sonne hinein.
Ward nie meiner Eltern inne.
Ein halb Pfund Heller ist mein Lohn.
Vom Herrn, dem ich zu eigen.
Am Ostertag ein neues Pfaid,
Dann mag ich gen Alben steigen.
Und mit der Sonne wach' ich auf.
Und mit ben Vögclein sing' ich;
Zur höchsten Fichte klimm' ich hinauf.
Und mit den Zicklein spring' ich.
Es ward kein Wolf noch meiner Herr
Und wer mich greift mit Händen,
Der mag beginnen wohlgemuth
Und mag mit Schaden enden.
Es ward mir nie von Mannen Weh
Und nie von Weiden Wonne.
Jahren.
Und ist mein Tagewerk gethan —
Leg' ich mich in die Sonne.
Und früg' mich unser Hergott selbst.
Er wollt' meine Wohlfahrt mehren.
Ich wiißt' es nit in aller Welt —
Was ich noch sollt' begehren!
Mondncrctzt.
„Bei Gottes Minne — steh' nicht auf!
Schon glimmen die Felsenzinken.
Chnnrat — der Vollmond steigt herauf.
So siehst du ihn nirgends blinken!
Und lauschend kommt im Glanz der Nach!
Der Hirsch zur murmelnden Quelle —
O steh' nicht ans. — Chnnrat Hab' Acht.
Daß ihn kein anderer fälle!
Es ist schon finster im Thale drnnt'. ,
Wo unsere Herren weilen.
Du aber sollst rasten bei Hiltegund.
Wonne mit ihr zu theilen.
Dann zeig' ich dir gern den nächsten Steig
Durch's Dämmergrün der Fichten
Und will mit Händen Zweig um Zweig
Vor deinen Schritten lichten.
Allein das holdeste zumal.
Das war' bei Gottes Minne:
Chnnrat — du würdest den Weg zu Thal
Dein Lebtag' nimmer inne."
_ (Schluß folgt.)
Gedankensplitter.
Das Eine verzeihen die Kleinen nie:
Daß And're größer find, als sie.
-t- *
*
Das Glück vieler Ehen beruht darauf, daß sich die Gatten
nicht näher kennen lerneit.
* -i-
*
Die Menschen vergessen nichts leichter, als ihre Ver-
pflichtungen. und nichts schwerer, als unsere.
Macht der Gew o h n h e i t.
Die Frau Baronin hatte. einen reizenden kleinen Assen.
— er war ihr Liebling. Eines Abends ist in den Salvns der
Baronin große Gesellschaft. Es wird musicirt, und die Gräfin
Schwatzfeld singt ein Lied von Schumann. Alles ist voll Ent-
zücken. Der kleine „Jocco" sitzt träumerisch in der Sopha-Ecke
und lauscht vcrstündnißinnig ans den reizenden Gesang; —
doch kaum sind die letzten Töne verklungen, da springt er vom
Sopha herab, ergreift einen Teller und hüpft zweibeinig von
Gast zu Gast. Die Gesellschaft lacht, die Gräfin hält es
für einen boshaften Scherz — die Baronin ist außer sich:
„Entsetzlich — in meinen Salons!" Der kluge „Jocco" aber
that nur, was er gewohnt war; denn der Savoyardenknabe.
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Vor tausend
Äcimo, öas Küteri'ein.
Heinp.' heiß ich. bin Hüterlein
Und mir ist wohl zu Sinne.
Ich leg' mich in die Sonne hinein.
Ward nie meiner Eltern inne.
Ein halb Pfund Heller ist mein Lohn.
Vom Herrn, dem ich zu eigen.
Am Ostertag ein neues Pfaid,
Dann mag ich gen Alben steigen.
Und mit der Sonne wach' ich auf.
Und mit ben Vögclein sing' ich;
Zur höchsten Fichte klimm' ich hinauf.
Und mit den Zicklein spring' ich.
Es ward kein Wolf noch meiner Herr
Und wer mich greift mit Händen,
Der mag beginnen wohlgemuth
Und mag mit Schaden enden.
Es ward mir nie von Mannen Weh
Und nie von Weiden Wonne.
Jahren.
Und ist mein Tagewerk gethan —
Leg' ich mich in die Sonne.
Und früg' mich unser Hergott selbst.
Er wollt' meine Wohlfahrt mehren.
Ich wiißt' es nit in aller Welt —
Was ich noch sollt' begehren!
Mondncrctzt.
„Bei Gottes Minne — steh' nicht auf!
Schon glimmen die Felsenzinken.
Chnnrat — der Vollmond steigt herauf.
So siehst du ihn nirgends blinken!
Und lauschend kommt im Glanz der Nach!
Der Hirsch zur murmelnden Quelle —
O steh' nicht ans. — Chnnrat Hab' Acht.
Daß ihn kein anderer fälle!
Es ist schon finster im Thale drnnt'. ,
Wo unsere Herren weilen.
Du aber sollst rasten bei Hiltegund.
Wonne mit ihr zu theilen.
Dann zeig' ich dir gern den nächsten Steig
Durch's Dämmergrün der Fichten
Und will mit Händen Zweig um Zweig
Vor deinen Schritten lichten.
Allein das holdeste zumal.
Das war' bei Gottes Minne:
Chnnrat — du würdest den Weg zu Thal
Dein Lebtag' nimmer inne."
_ (Schluß folgt.)
Gedankensplitter.
Das Eine verzeihen die Kleinen nie:
Daß And're größer find, als sie.
-t- *
*
Das Glück vieler Ehen beruht darauf, daß sich die Gatten
nicht näher kennen lerneit.
* -i-
*
Die Menschen vergessen nichts leichter, als ihre Ver-
pflichtungen. und nichts schwerer, als unsere.
Macht der Gew o h n h e i t.
Die Frau Baronin hatte. einen reizenden kleinen Assen.
— er war ihr Liebling. Eines Abends ist in den Salvns der
Baronin große Gesellschaft. Es wird musicirt, und die Gräfin
Schwatzfeld singt ein Lied von Schumann. Alles ist voll Ent-
zücken. Der kleine „Jocco" sitzt träumerisch in der Sopha-Ecke
und lauscht vcrstündnißinnig ans den reizenden Gesang; —
doch kaum sind die letzten Töne verklungen, da springt er vom
Sopha herab, ergreift einen Teller und hüpft zweibeinig von
Gast zu Gast. Die Gesellschaft lacht, die Gräfin hält es
für einen boshaften Scherz — die Baronin ist außer sich:
„Entsetzlich — in meinen Salons!" Der kluge „Jocco" aber
that nur, was er gewohnt war; denn der Savoyardenknabe.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Vor tausend Jahren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 70.1879, Nr. 1758, S. 107
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg