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neuere deutsche Kunst hervorgebracht hat und das schon lang
eine sorgfältig ausgeführte Nachbildung verdient hätte.
Das Kunstblatt lieferte im I. 1820 zuerst einen Umriß
desselben, gestochen von dem geschickten Kupferstecher Rist,
welcher das Bild zum Gegenstand eines eigenen Studiums
gemacht, und eine sehr vollendete und getreue Zeichnung
zum Behuf eines ausgeführten Kupferstichs danach ge-
fertigt hatte. Der Tod verhinderte den fleißigen jungen
Mann an der Ausführung feines Vorhabens; in wessen
Besitz die Zeichnung gekommen, ist uns nicht bekannt.
In diesem langen Zwischenräume hat sich niemand an
das köstliche Bild gewagt, aber wohl Viele, die sich in-
dessen daran erfreut, mögen den Wunsch gehegt haben,
eine wohlgelungene Nachbildung davon zu besitzen. Hr.
Schmidt, ein Schüler des verst. I. G. v. Müller,
und nachher der Münchner Akademie, hat nun diesen
Wunsch in dem vorliegenden Blatt erfüllt. Denn obgleich
er nicht daraus Anspruch gemacht, das Original in seiner
ganzen malerischen Wirkung wiederzugeben, vielmehr das
Bild bloß als Zeichnung behandelt hat, so ist er doch
dem Charakter desselben nn Ganzen und Einzelnen mit
großer Treue und Sorgfalt nachgekommen. Die ver-
schiedenen Individualitäten sind mit Bestimmtheit und
mit lebendigem Gefühl aufgefaßt, und der mannichfaltige
Ausdruck der Köpfe, der einen so großen Reiz über das
Original verbreitet, ist vollkommen in die'Lithographie
übergegangen. Auch Körperformen und Gewänder sind
mit Genauigkeit und reinem Verständniß nachgebildet,
und würden bei etwas größerer Schärfe der Umrisse
dem Original noch näher kommen. Besonders fühlbar
wird dieser Mangel an Bestimmtheit in dem landschaft-
lichen Hintergrund. Daß in den Mitteltönen Vieles
ausgeblieben, fällt wohl mehr dem Drucker, als dem
Lithographen zur Last. Diese kleineren Mängel sind
jedoch unbedeutend gegen die wesentlicheren Verdienste
und werden die günstige Aufnahme nicht schmälern, die
das Blatt ohzie Zweifel bei einem großen Theile des
Publikums finden wird.

Aeber einige der bedeutender:: Kunstschätfe
in der fürstl. Es th erharschen, türstl.
Lichtensteinisrhen und der kaiserkichen
Galerie zu ÜHnt. .

(Fortsetzung.)

Das estherhazysche Palais bietet dem Kunstfreunde
auch noch einen andern Genuß, nämlich einen Saal
voll der schönsten Sculpturen neuer Meister. Man fin-
det hier von Canova die kolossalen Büsten Napoleons
und Marie Louisens, eine halb' kauernde weibliche Figur
von Faber, eine Goldspinnerin und noch eine Figur von
Schadow, eine Tänzerin und einen sitzenden Apollo

von Thorwaldsen, die schöne liegende Venus, der
Amor einen Dorn aus dem Fuße zieht, von einem der
neuesten Meister, dessen Name nur entfallen, sämmtlich
in Lebensgröße. Es ergibt sich so durch das Nebeneinan-
derstehen die seltene Gelegenheit, die Eigenheiten jedes
Meisters deutlicher hervortreten zu sehen. Auch in dem
Garten sind recht wohlgerathene Nachbildungen der vor-
züglichsten Antiken in weißem Marmor aufgestellt.

Die fürstlich lichtensteinische Galerie in
der Roßau füllt die sämmtlichen Zimmer der zwei Etagen
in dem geräumigen Palais, und enthält 1648 Gemälde.
Sie wird der kaiserlichen im Belvedere an Zahl beinahe
gleichkommen, und enthält weit mehr Niederländer, als
jene; weicht ihr aber an Italienern hinsichtlich der Zahl
und des Gehaltes. Der jetzige Besitzer, der reichste
Mann in der Monarchie nach dem Kaiser, hat allein
800 Stücke dazu gekauft, sämmtlich mit seiner Namens-
chiffer I L auf der Mitte des Rahmens bezeichnet.

- Sonn- und Feiertage ausgenommen steht sie täglich offen,
doch darf auch hier, wie im Belvedere, nichts kopirt wer-
den. Mittelmäßiges befindet sich sehr wenig hier; wohl
aber trifft man außer den bekannten Koryphäen der
Kunst viele Meister, deren Arbeiten nebst ihrer Güte
auch durch große Seltenheit schätzbar sind.

Gleich im ersten Zimmer: eine Kreuztragung von
Leonardo da Vinci, lebensgroßes Brustbild, etwa
2 Schuh hock, 20 Zoll breit, von der fleißigsten Aus-
führung und liebevollem Charakter, jedoch nicht leidend
genug. — Eine Herodias von Beccafumi, so schön,
daß man sie jenem Meister zuschreiben möchte. — Venus
von Correggio mit Amor und zwei Amoretten, ein
wunderliebliches weiches Bild, nur die Fleischtinten ent-
weder vergilbt oder durch alten Firniß maskirt. —
Das Porträt eines Herzogs von Urbino, angeblich von
Raphael, hat viel Tiefe, ist aber eher im Style des
Mantegna. — Eine Geburt Christi von Guido Reni,
etwa 18 Schuh hoch, io breit, mit etwas mehr als
lebensgroßen Figuren, ist theilweise noch unvollendet,
man sieht Füße von Hirten bloß angelegt, einem ist ein
ganz neuer Kopf gemalt und vom Kinne des alten
steht noch etwas; der Ausdruck in den Köpfen der
Madonna, der Hirten und Hirtenmädchen recht gemüth-
lich, alles schön gruppirt, aber etwas farbenmatt, als
hätte es noch einmal sollen übermalt werden. — Das
nämliche schöne Weib von Giorgione, welches in der
Münchner Galerie im rothen Sammtgewande mit einem
Staub - oder Fliegenwedel sich befindet, ist hier im
grünen Atlasgewande, orangefarb geschlitzt, mit einer
Zeichnung der sich entleibenden Lucretia in der Hand. —
Daneben ein mehr als lebensgroßes Brustbild von Johan-
nes, vorwärts über ein Buch gebeugt, der schönste Aus-
druck von Liebe durch Männlichkeit gemildert. — Von
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