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Begehrens, und bei der Seltenheit guter Abdrücke der
Müllcr'schen Platte jetzt so schwer erreichbar ist.

Ein anderes, von demselben Ort ausgegangenes
großes Blatt ist die Madonna mit den vier Heiligen
nach dem Bilde von Bagnacavallo in der Dresdener
Galerie, gestochen von Peter Lutz. 1 2 Durch seinen
Stich der Madonna di S. Francesco nach Coreggio be-
reits vortheilhaft bekannt, zeigt Herr Lutz in diesem
neuen Werk einen bedeutenden und rühmlichen Fortschritt,
der selbst noch in den einzelnen Theilen und Epochen
der Bearbeitung sichtbar ist. Die eigcnthümliche Anord-
nung des Originals und die geringe Abstufung der
Massen bedingte hier die Anwendung ungewöhnlicher
Kraft in den einzelnen Partieen, die nur durch die
äußersten Mittel der Technik zu erreichen war. Aber
deutlich ist das Bestreben des Künstlers, von der obli-
gaten kupferstecherischen Behandlung immer entschiedener
zu dem gefühlvollen Ausdruck individueller und stofflicher
Wahrheit überzugehen, und es tritt besonders in den
Figuren des h. Paulus und Antonius mit dem glück-
lichsten Erfolge hervor. Der einfache große Charakter,
in welchem das Original wiedergegebeu ist, wird diesem
Blatt eine bedeutende Stelle unter den Productionen
des deutschen Grabstichels sichern.

Von kleinerem Umfang, jedoch nicht minder aus-
gezeichnet ist das schöne Blatt von Eduard Eichens
nach Raffael's Vision des Ezechiel im Palast Pitti zu
Florenz. - Obgleich dieß Bild schon öfter durch vorzüg-
liche Stecher, wie Longhi, Anderloni und Caronni be-
handelt worden, ist es doch niemals überflüssig, ein so
erhabenes Kunstwerk auf's neue vor Augen zu bringen,
zumal wenn cs mit so trefflichem Erfolge wie hier ge- '
schicht. Bekanntlich ist das Original nur eine Skizze,
im Einzelnen flüchtig und zum Theil incorrect ausge- !
führt; der Kupferstecher setzte sich daher eine.doppelt j
schwierige Aufgabe, indem er unternahm alle Details !
durchzuarbeiten und das Ganze als ein vollendetes Bild I
zu gebe». Die große Freiheit und Mannichfaltigkeit, mit
welcher er den Grabstichel anwendet, hat cs ihm auch
möglich geniacht, die effektvolle malerische Wirkung des
Bildes auf's glücklichste zu erreichen. Besonderes Lob, j

1 I.a Madonna coi (juattro Santi. Dal Quadro originale j
di B. Ramenghi detto il Bognacavollo esistente nella Reale !
Galleria di Drcsda. Mit Zueignung all Se. Maj. König !
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Gedruckt bei Bougeard
in Paris. Dresden bei Ernst Arnold.

2 Die Vision des Hcsckicl. Das OriginaJgCmäldc j
in derselben Grösse befindet sich in der grossh. Galerie iw j
Palast Pitti in Florenz. Gern. v. Raffael. Gez, n. gest.
von Eduard Ei eben s 1841. Mit Widmung an 2. k. H. i
die Frau Prinzessin Wilhelm von Preußen. Gedr. bei Bou- !
gcard in Paris. Berlin bei dem Verfertiger, Paris bei I
Rittner und Goupil.

als Ueberwindung einer bedeutenden Schwierigkeit, vcr-
dienr die Glorie der Engel, deren verschwimmende Züge
durch eine sehr glückliche Anlage der Taillen nachgebildet
sind. Die Hauptsache aber bleibt, daß der kühne, edle
und großartige Charakter des Bildes treu bcibehalten
und mit männlichem Ernst und frischer Empfindung
wiedergegeben ist.

Herr Friedrich Wagner in Nürnberg arbeitet
schon geraume Zeit ' au einer Copic des Morghen'schen
Stichs nach dem Abendmahl von Leonardo da Vinci.
Ein Probedruck von dieser der Vollendung nahen Platte,
welcher vor uns liegt, gibt die Gewißheit, das jetzt so
selten gewordene Blatt werde hier auf eine des Malers
wie deS Kupferstechers würdige Weise vervielfältigt
werden. Copie und Original sind ganz gleicher Größe,
und man darf nur beide nebeneinander halten, um sich
zu überzeugen, mit welcher gewissenhaften Treue und
ausgezeichneten Kunstfertigkeit Herr Wagner in Geist
und Art seines Vorbildes eingedrungen, wie glücklich cs
ihm gelungen ist, die Schönheit desselben wicderzugebcn.
Alle früher erschienenen Nachbildungen von deutschen und
italienischen Kupferstechern müssen dagegen zurückstehen.
Zwar fehlt dem Probedruck noch die letzte Ueberarbeitung,
welche die glänzenden Lichter zu mäßigen und Manches
feiner und richtiger zu modelliren bestimmt ist; cs läßt
sich aber mit Sicherheit erwarten, daß dem Künstler
auch diese letzten Nachhülfen gelingen werden. Was
Charakter und Bewegung der Köpfe betrifft, so hat Herr
Wagner dafür noch besondere Studien gemacht, wir
wissen nicht, ob nach dem Originale selbst oder mit Hülfe
der Durchzekchnungen, welche Schlotthauer und einige
seiner Schüler vor mehreren Jahren von demselben ge-
nommen haben. Daraus mögen einige Abweichungen
von Morghens Blatt zu erklären seyn, über deren Rich-
tigkeit man nur vor dem Original entscheidcu könnte.

Ein junger Kupferstecher, Herr Anton Dutten-
hofcr, Sohn des berühmten Landschaft- und Architektur-
stechers CH. Duttenhofer, zeichnet sich durch zwei kürzlich
erschienene Blätter aus. Das eine, Romeo und Julie,
nach einem Gemälde von Bruck mann, das vor meh-
rercu Jahren auf verschiedenen Kunstausstellungen ge-
sehen worden, zeugt von dem Mnthe des jungen Künst-
lers, eine schwierige Lichtwirkung durch den Grabstichel
wiederzugeben. Der erste Schimmer des anbrechenden
Tages glänzt am Horizont und der erbleichende Mond
steht noch am Nachthimmel, als Oiotitco die Strickleiter
faßt und den letzten Kuß auf den Mund der Geliebten
drückt. Die schwere Ausgabe ist durch die Anlage des
Stichs nicht unglücklich gelöst; man erkennt eine heitere

> Auf Kostcn des bibliographische» Instituts in Hild-
burghausen.
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