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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 12
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Avenarius, Ferdinand: Ein persönliches Wort an meine Leser
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0191

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Lweites Märzbett IS9S

12. Dekt.

Lrscheint

Derausgeber:

Zferdinand Nvenarius.

Bezugspreis:
Vierteljährlich 2>/e Mark.

9. Zadrg.

Lin persönliekes Mlort

an meine Leser

zu richten, hab ich heute das herzliche Bedürfnis, nun seit der Übernahme des Verlags durch Georg D. W. Callivcy
in München zwei Jahre verflosfen find. Das Verhältnis zwischen den Lefern und inir ift ja zumeist kein kalt geschäft-
liches; zur Vertretung gemeinfamer Jdeen fühlen ivir uns, tausend Briefe find defsen Zeuge, in vielen Stücken
kameradschaftlich verbunden. Vor folchem Kreife, der auch von der autzerordentlichen Wichtigkeit der Verlagsführung
für eine Zeitschrift weiß, drängt es mich, unserm Verleger einmal zu danken für Alles, was er dem Kunftwart ge-
worden ift. Sollte trotzdem vor diesem Danke der oder fener an beftellte oder erbetene Arbeit denken? Dann will
ich zur Kennzeichnung des Sachverhalts nur das eine mitteilen: jede Mark, die der Kunftwart über seine
Koften hinaus einbringt, ift vom Verleger zur Verbefferung der Zeitschrift selber beftimmt.
Die Firma Georg D. W. CaÜwey verzichtet alfo beim Kunftwart nicht nur auf das „Einsammeln goldner Früchte",
fondern auch auf jede Entschüdigung für ihre Arbeit.

Und gerade deshalb wird mir nach dem Danken das Bitten leicht; hat der Verleger unfrer Pflanze das
Leben gesichert, — meine Leser, fo helfet ihr, datz fie b lüh e! Darüber, datz der Kunstwart noch lange nicht leistet,
was er bei reicherer Unterstützung vom Publikum her leiften könnte, trügt uns ja das Lob, das ihm gespendet wird,
nicht hinweg: Was könnten wir bieten, wenn uns jeder Gefinnungsgenofse auch nur einen neuen Befteller gesellte
oder etwa, falls feine Mittel ihm das erlauben, ein zweites Exemplar einem unbemittelten Einzelnen oder
einem Lesevereine zuwiese!

Wollen wir nicht nur zäh an der bisherigen Unabhängigkeit unferes Blattes festhalten, sondern auch feine
Weiterentwicklung fördern und damit feinen Einflutz stärken — an wen follen wir uns um Bundesgenosfenfchaft
wenden? An die Zeitungspresfe? Die anftändige tritt ja oft genug für uns ein, aber auch auf fie hören die Leute
nicht mehr, weil das Anfehen auch der anftändigen Kritik mitzuleiden hat unter der marktklugen Allesloberei, die
bald den letzten Reft von Refpekt vor einer gedruckten Meinung beim großen Publikum wegwaschen wird. Oder an
den Buchhandel? Der empfiehlt, feltene Ausnahmen abgerechnet, je mehr je flacher die Ware ift, denn defto mehr
Käufer findet fie ja. Wer zwischen Skylla und Charpbdis des heutigen Kunstlebens, zwischen Klüngelwefen und
Modifchkeit vorwärts will, der mutz sich an die wenden, die ihm glauben, weil fie ihn kennen. Deshalb scheu ich
ein etwaiges Lächeln über diese „bewegliche Bitte" nicht. Jch glaube in Wahrheit zum Leser sagen zu dürfen : tus i-es
LAitur. Jch bitte um bessere Waffen, um befser eintreten zu können für eine Sache, die unfer aller Sache ift. Wenn
freilich diefe befseren Waffen dem Verleger und mir verweigert werden, nun, so werfen wir drum die alten nicht
ins Korn, noch treten wir von unserm Platze ab. Jft es doch in jedem Falle wie Pflicht, fo auch Freude, nach Kräften
das gute Wort zu vertreten: „Deutsch ift, eine Sache um ihrer selbft willen thun."

)resden-Blasewitz, Mitte März i8Z6.

Ä



Ferdinand Lwenarius.
 
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