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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 16
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Avenarius, Ferdinand: Der Fall Koppel-Ellfeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0255

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Lweites Maidett ISS6.

über

Dichlung. Walkk. Mstk unst bilüknSc Knnstk.




->l - Erscheint^

Derausgeber:

zferdmand Ävenarius.

vierMjähNich^^p^Mnrk. ^ 6).


Der jfsli llroppel-LIlkeld.

^ir haden den Lesern eine kleine Geschichte
zu erzählen, die sich ziemlich heiter liest
und die doch traurig ist. Es handelt
darin um ein Plagiat. Dergleichen kommt ja
häufig vor. Der Plagiator hat eine einflußreiche, ja
sür viele Dinge ausschlaggebende Stellung inne an
einem der ersten deutschen Hostheater. Das macht
die Sache wohl wichtiger. Aber es gäbe uns doch
noch keinen Grund, an dieser leitenden Stelle von
ihr zu reden. Das Verhalten der sogenannten öffent-
lichen Meinung in dieser Angelegenheit ist es, was
uns dazch berechtigt und verpslichtet.

Als Dramaturg des königlichen Hostheaters
zu Dresden waltet des Amts Herr Jntendanzrat
I)r, jur. Franz Koppel-Ellseld, Verfasser u. n. des an
dcmselben königlichen Hoftheater zu Dresden zur
Freude aller idealgesimrten K'reise gegebenen idealge-
sinnten Lustspiels „Renaissance", über das uns jüngst
Leonhard Lier gesprochen hat. Es war nicht die
erste dichterische That Koppel-Ellfelds; eine ältere
vielmehr, ihrer Gattung nach ein Roman und ihres
Namens „der stiffe -Fratz", soll uns heute zunächst
beschäftigen. Und,.nicht einmal der ganze Roman,
sondern nur seine Einleitung — denn lliese Einleit-
ung ist ein Plagiat von einer Unverfrorenheit, die
nur beinahe, aber doch nicht ganz erreicl)t wird von
seiner Ungeschicklichkeit.

Es ist nicht unser Verdienst, das aufzudecken.

Der erste Teil der Enthüllung erschien vielmehr in
der „Bertiner Staatsbürgerzeitung", einem antiscmi-
tischen Blatte. Jhre Parteifarbe gab natürlich der
Redaktion den Grund, die Sache mit einem kleinen
Hieb auf die Juden zu begleiten, mit einem (!) hinter
dem Namen Koppels. Das aber gab den Redak-
teuren der philosemitischen Blütter wieder den Grund,
mit einem „da seht Jhrs" die Sache nls Judenhatz
. beiseite zu tbun. ^

Jetzt holte sie Arthur Seidl hervor, ein großer
Jd.ealist unter den Zeitungsmännern, und er brachte
sie zwar im Parteiorgane der deutschen Resormpartei,
der im Feuilleton von ihm geleiteten „Deutschen
Wacht", aber ohne jeglichen antisemitischen Waffen-
^chmuck. Den Parnllelstellen der „Staatsbürger-Zeit-
ung" hatte er^weitere und zwar ungefähr sechsmal
umfangreichere aus e^gener „Quellensorschung" hin-
zugefügt. Prüfen wir ihre Ergebnisse.

Vor ungkfähr sünfzehn Jahren starb zu Berlin
der weitbekannte Jngenieur Max Maria von Weber,
ein Mann, der von seinem Vater, dem großen Kom-
ponisten, eine künstlerische Begabung geerbt hatte, die
er in gelegentlichen belletristischen Arbeiten bethätigte.
So hinterließ- er eine vorzügliche Skizze „Eine
Winternachll aus der Lokomotive". Die fand nun
Koppel-Ellseld, als ihm der Genius des „süßen
Fratzes" die Stirne küßte. Und er sand, daß sie
gut sei. Und er fand, daß sie s e h r gut sei. Und
 
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