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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 18
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Weber, L.: Künstlerschmerzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0287

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Lweircs Imnbcrr IS90.

1S. Dekt.


DcrÄUSgeber:

Ferdinand Nvenarins.

Bezugspreis:
Vierteljährlich 2>/e Mark.

d. Zakrg.

Ikünstlersebmerzen.

Seelenleben des Künstlers ist im All-
gemeinen leichter erregbar als das seiner
meisten Mitmenschen, mithin dürfen wir
uns nicht wundern, wenn wir neben mancher Ver-
Herrlichung seines Looses zu allen Zeiten auch aus
düstere Klagen stoßen, die ihm die Bitterkeit des
Daseins erpreßt. Es gibt aber neben dieser Bitter-
keit des Daseins, neben diesen Leiden, die den Künstler
als M e n s ch e n begleiten, doch auch noch eine andere
Art Schmerzen sür ihn, solche nämlich, die sich gerade
an die Ausübung seines Berufes knüpfen, die unmittel-
bar aus dem Verhältnis des Schaffenden zu seiner
Arbeit entspringen. Wie mir nun scheint, hat sich
diese besondere Art des Schmerzes nie lauter gemacht
als gerade zu unserer Zeit; sei dem übrigens wie
ihm wolle, daß sie sich deutlich genug vernehmen
läßt, wird mir wohl kaum jemand bestreiten. Was
für Gründe veranlassen nun diese Erscheinungd

Als einen davon, der sreilich nicht eben die
würdigsten der Märtyrer trifft, kann man wohl,
ohne ungerecht hart zu sein, die U nmännlichkeit
vieler Kunstvertreter bezeichnen. Hat sich sa doch eine
ganze Gattung von Schriftstellern bei uns heran-
gebildet, die das mitleidige Publikum nicht genug auf
die Schwierigkeit des Dichtens ausmerksam machen
können und im besonderen auf die unendlichen Qualen,
die mit dem unablässigen Ringen nach Vollendung
des Ausdrucks, nach vollkommener Darstellung des

Erschauten vcrbunden sind. Jch denke gar nicht
daran, diese Schwierigkeiten wegleugnen zu wollen;
uns sterblichen Menschen ist gewiß vollkommen mühe-
loses Schaffen nur in einzelnen Augenblicken ver-
gönnt, in den andern heißt es, seine Sehnen an-
spannen und mit zäher Arbeit sich das Widerstrebende
zu eigen machen. Aber daß diese Märtyrer ihr
Ringen als etwas gar so Schmerzliches empsinden
und namentlich, daß sie es als etwas so Schmerz-
liches beklagen, macht mich doch nachdenklich.
Wissen denn solche Leute gar nicht, daß in einem
! heißen Ringen selber, daß gerade in der natürlich
mit einem gewissen Schmerz verbundenen Anstrengung
eine stolze Freude liegen, daß eine männliche Seele
diesen Schmerz der Anstrengung lieben kann, weil
sie es sühlt, wie er all ihre Kräste weitet ? Gewiß
ist es manchem nun einmal nicht gegeben, so zu em-
psinden, er ist halt zu wehleidig dasür; aber auch er
könnte dann seine Männlichkeit wenigstens darin zu
zeigen versuchen, daß er sein Leid stumm hinunter-
schluckte und es nicht öffentlich zur Schau trüge.
Schmerzen, die in dem Streben nach einem Ziele
liegen, hängen ja an jedem Berufe, an jeder Thätig-
keit. Jn was sür ein Iammerthal im be-
stimmten Sinne würde sich unsre Welt verwandeln,
wenn alle Stände ein Wehklagen anhöben über die
Unannehmlichkeiten, die sie bei ihrer Arbeit erdulden
müssen. Oder meinen die „Märtyrer der KunstZ

über

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