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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 23
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Avenarius, Ferdinand: Volkstümliche Katologe
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0367

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Lrstes Septemberkiett tSS6.

23. Dekt.


Derausgeber:

Ferdinand NvenarLus.

^ Vierteljährlich 2P2 Mark. '

9. Zabrg.

wolkstümlieke Dntologe.

usstellungeusind Auschauungsuuterricht. Aber
die Fälle siud bekauntlich selten, in denen
der Anschauungsunterricht des begleitenden
Wortes nicht geradezu bedarf, um verstanden zu
werden, und nützlich sein kann das begleitende Wort
wohl stets. Bei Ausstellungen spricht's der gedruckte
Führer, der Katalog. Eine minderwertige Samm-
lung mit vortrefflichem Führer kann bei sehr vielen
Besuchcrn mehr Gutes stiften, als eine vortreffliche
mit schlechtem.

Nun dürfen wir, glaube ich, sagen, daß kein
Land der Welt im allgemeinen bessere Kataloge seiner
öffentlichen Sammlungen hat, als unser deutsches
Vaterland; hier sind wir, Gotttob, einmal nicht in der
Lage, z. B. nach Frankreich mit Neid hinüberzusehen.
Trotzdem kann, das versteht sich ja von selbst, auch
hier recht vieles noch gebessert werden. Und vor allem
wünschenswert sür die Mühen aus diesem Gebiete ist,
daß die Bestrebungen seiner Sachverständigen von
der Teilnahme der Gebildeten angeregt, unterstützt
und bedankt werden. Man mache sich's nur einmal
klar: die nicht sachmännische große Mehrheit der geistig
Lebendigen eines Volks besitzt ja im rechten Sinne
ein Museum überhaupt erst, wenn ein guter allge-
meinverständlicher Katalog seine inneren Schätze ihr
ausgeschlossen hat.

Jm eigentlichen Begriff wissenschaftliche
Kataloge dienen sreilich einem andern Zweck. Wir

^-

wollen im solgenden nicht von ihnen sprechen, den
genauen Jnventarisierungen des Materials, sondern
von den „populären" Katalogen, von den ge-
drucklen „Führern", die dem gebildeten Laien einen
menschlichen Führer ersetzen sollen, einen Sachver-
ständigen, der ihm aus seinem Rundgang erklürend
und belehrend zur Seite geht. Die „jüngere Richt-
ung" der deutschen Kunsthistoriker, die in so vieler
Beziehung große Verdienste hat, hat geradezu refor-
matorisch geivirkt auch sür die Gestaltung dieser
Kataloge, deren bedeutendster Ahn wohl Jakob Burck-
hardts berühmter „Cicerone" sür Jtalien ist. Jch
brauche nur die „Ciceroni" von Hirth und Muther,
die kleinen „Handbücher" der königlichen Museen zu
Berlin und etwa noch Gelegenheitskataloge, wie den
Lehrsschen für die Dresdner Plakatausstellung zu
nennen, um an vortreffliche Leistungen aus diesem
Gebiet zu erinnern. Aber noch ist bei weitem nicht
die Mehrzahl unsrer Kunstmuseen in ühnlicher Weise
bearbeitet, während das Bedürsnis nach guten Kata-
logen sür die periodischen Ausstellungen über-
haupt nur in den Fällen anerkannt scheint, in denen
Museumsleiter die Veranstalter sind. Was uns aus
den großen Sommcrausstellungen als Katalog ge-
boten wird, ist zumeist in unserem Sinne schlecht.
S o schlecht sogar, daß man nur in den besseren
Fällen davon sagen dars: nützt es nichts, so schadet's
doch wenigstens auch nicht.
 
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