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— 72 —

die nackte Göttin mit den Händen an den Brüsten, von
Tauben umflattert, darstellen. Motiv und Attribut stellen hier
den Zusammenhang- mit der orientalischen Göttin außer Zweifel.
Um so auffallender ist es, daß die stark mißlungene Formgebung
des Körpers nicht an die babylonisch-phönizischen Vorbilder,
sondern eher an die Inselidole anschließt (oben S. 63). Da-
durch stehen sie auch innerhalb der eigentlichen mykenischen
Kunst fremd da und sind ein neues Zeugnis dafür, daß ihr
der nackte Körper keine geläufige Aufgabe war.

Ergebnis: So erhalten wir das Resultat, daß in dieser
Periode in der weiblichen Tracht wohl eine vereinzelt da-
stehende, unklassische Entblößung des Busens Sitte ist und
bei Gauklerinnen eine solche des ganzen Oberkörpers, daß
aber die eigentliche mykenische Kunst die völlige Nacktheit
weder beim männlichen noch beim weiblichen Körper kennt.

Dies Ergebnis aber, welches sich von dem Bilde, das wir
von der Inselkunst erhielten und ähnlich im späteren Griechen-
land bekommen werden, scharf abhebt, führt uns zurück zum
Orient. Auch dort fanden wir als Tracht Schurz und Mantel;
dort bei den Assyrern, Phönikern und Juden die starke Scheu
des vornehmen Mannes vor Entblößung und Nacktheit; dort
in Ägypten und Babylonien die Gleichgültigkeit der Frau
gegen die Entblößung des Busens.

III. Homer.

1. Die Männer.

Die Bekleidung des homerischen Mannes1) setzt sich
zusammen aus Chiton und Chlaina. Das Eindringen des

*) Studniczka, Beiträge zur altgriech. Tracht S. 55 ff.; Heibig,
Epos2 S. 171 ff.
 
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