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EINLEITUNG.

Dem goldenen Zeitalter des römischen Reiches, der Glanzperiode seiner Kunst, in der ein Augustus sich rühmen konnte das backsteinerne
Rom in ein marmornes umgeschaffen zu haben, ein Hadrian die Kunst mit dem Purpur vereinte, Provinzen und Städte in Errichtung
grossartiger Werke mit den Kaisern wetteiferten und ein Herodes Atticus sein unermessliches Vermögen auf Bauten des öffentlichen
Nutzens und Vergnügens verwendete, waren die Verwirrungen der inneren Kriege, die Anmassungen der prätorianischen Cohorten und die
Einfalle der Barbaren gefolgt. Eine Reihe ungebildeter Krieger, im Feldlager gross gewachsen und vom Heere mit dem Purpur bekleidet,
besetzte den Thron der Cäsaren; mit der Sicherheit verschwand der öffentliche Wohlstand, die römischen Bürgertugenden erlagen der
allgemeinen Sittenverderbniss, und die Kämpfe an den Grenzen erschöpften die öffentlichen Kassen.

Solche Zeiten sind den Künsten nicht günstig, wie die wenigen bis auf uns gekommenen Denkmale dieser Periode bezeugen, und
wenn auch Bauwerke des Diocletian und Maxentius schliessen lassen, dass man in Rom die Construction grosser Gewölbe-Anlagen sehr
wohl noch verstand, oder der Palastbau zu Salona uns manche neue Motive vorführt, so geht doch aus Allem hervor, dass der feinere
Sinn für die sorgsame Durchbildung eines Werkes, das Verständniss der Formen und die plastische Kunst des Meisseis verlorengegangen
waren und man sich begnügte, in Grösse und Weitläuftigkcit der Anlagen dem Beispiel der Vorzeit nachzuahmen.

Der kluge Diocletian hatte zwar mit kräftiger Hand Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten, die Grenzen sicher gestellt und durch
Veränderung der Staatsform die Zustände des Reiches zu verbessern gesucht; allein das Staatsleben, wie die Kunst erheben sich nicht
auf Befehl, beide bedürfen eines gesunden Bodens und der sorgsamen Pflege vieler Geschlechter zum Gedeihen. Dem Christenthuine
war es vorbehalten, durch Umgestaltung der moralischen Grundlagen den Sturz des schon wankenden Römerreiches noch viele Jahr-
hunderte aufzuhalten und der gesunkenen Kunst neue Kraft und einen Geist zu verleihen, der auf spätere Geschlechter und jüngere
Nationen vererbt viele herrliche Werke m's Leben rief.

Das Fundament der christlichen Kunstentwickclung im Oriente bildet der Neubau Constantinopels.

Es lag schon in der wohl verstandenen Politik Diocletians, Rom und den Einfluss der p]rinnerungen seiner früheren Macht und
Freiheit zu meiden, er residirte in Mailand und Nicomedia; eine viel glücklichere Wahl für die Hauptstadt eines so grossen Reiches
traf Constantin. — Das alte Byzanz auf der Grenzlinie von Asien und Europa mit dem Hafen ohne Gleichen und der zweiarmigen See-
verbindung nach Nord und nach Süd mit den entferntesten Theilen der Erde war von Natur für einen Weltverkehr bestimmt. Hier
konnten die leitenden Fäden eines so viel gegliederten Reiches mit Sicherheit in einer Hand vereint, von hieraus mit Schnelligkeit
Befehle in die entferntesten Provinzen entsendet, Truppen und Kriegsmaterial nach den bedrohten Punkten geführt werden. Die feste
Lage auf der Spitze einer Landzunge, die leicht gegen den Angriff eines Belagerungsheeres vertheidigt werden konnte, während die
beiden Wasserseiten dem freien Verkehr offen blieben, hatte sich schon früher bei mehrfachen Gelegenheiten bewährt, und die reizenden
Bilder, welche dem Blicke auf den wechselnden Zug der Küsten, auf das Meer, die Inseln und fernen Berge sich darboten, verbunden
mir dem heiteren Himmel und dem durch die Nähe der See gemässigten Clima erhöhten die Annehmlichkeiten eines so günstig gelegenen
Wohnsitzes.

Im Jahre 324 begrenzte Constantin nach alter Sitte mit der Pflugschaar den Raum für die neu zu erbauende Stadt, von der Land-
zunge ein Dreieck abschneidend, dessen Landseite gegen Nordwest, jetzt, nach einigen Vergrösserungcn unter Thcodosius dem Jüngeren,
etwa eine Länge von tV Meilen einnimmt, dessen etwas über Meilen lange Südseite die Propontis bespült und dessen Nordseite sich
etwas über tV Meilen längs dem goldenen Horn ausdehnt, dem \ Meile weit in das Land hinein ziehenden durchschnittlich 2V Meile breiten
und sehr tiefen Hafenbecken, dessen Mündung im Bosporos die Verbindung mit dem schwarzen Meere und der Propontis herstellt und
gegen alle Seestürme geschützt liegt. Das Dreieck der jetzigen Stadt, seit Theodosius Zeit unverändert, nimmt bei einem Gesammtumfange
von 2 Meilen eine Fläche von ungefähr \ Quadratmeile ein, wovon das alte Byzanz an dessen Ostspitze kaum den siebenten Theil bedeckte.

Das neue Rom, wie die Schöpfung Constantins zuerst genannt wurde, sollte dem alten an Glanz nicht nachstehen, und dem Herren
von drei Weltthcilen und 120 Millionen1) gehorsamer Unterthanen konnte es an materiellen Mitteln nicht fehlen. Die Wälder der schattigen
Ufer des Euxinus lieferten Holz, die berühmten Marmorbrüche der Insel Proconnesus Steinmaterial zu den Bauten, und die Städte Griechen-
lands und Asiens ihre besten Kunstschätze zu deren Schmuck." Die Mauern, die öffentlichen Portiken und Aquaeducte haben nach den
Berechnungen von Gibbon2) eine Summe von etwa 17 Millionen Thaler in Anspruch genommen. Das Haupt der öffentlichen Plätze, das
forum constantinum, in elliptischer Form mit Säulenhallen umgeben, erhielt zwei Triumphbogen als Eingänge, und in der Mitte eine
100 Fuss hohe Porphyrsäule auf 20 Fuss hohem Postamente, deren Reste noch jetzt unter dem Namen der verbrannten Säule existiren.
Sin trug eine Bronce- Statue des Apollo und die Hallen umher waren mit Statuen gefüllt.

Der Hippodrom, vom Kaiser Severus nach der Einnahme des alten Byzanz begonnen, wurde vollendet und reich mit Säulen und
plastischen Kunstwerken geschmückt, von denen noch jetzt die erzene Schlangcnsänle, die angeblich den aus Delphi entnommenen Drei-
fuss trug, so wie zwei später errichtete Spitzsäulen, deren eine ein aegyptischer Obelisk, die Lage der ehemaligen Spina andeuten.

Das forum augusteum, an der Südseite der Sophienkirche belegen, widmete Constantin dem Andenken seiner Mutter Helena durch
Errichtung ihres Standbildes auf einer Porphyrsäule und ordnete es als reich geschmückten Vorhof des grossen Kaiserpalastes, der sich
mit seinen Säulengängen, Höfen, Gemächern und Gärten von der Sophienkirche bis in die Gegend der später erbauten aber noch heute
existirenden St. Sergius- und Bacchus-Kirche erstreckte, demnach eine Längen-Ausdehnung von mindestens 1500 Fuss einnahm.

Die Bäder des Zeuxippus, zum alten Byzanz gehörend, wurden mit hohen Säulen, Marmor-Arbeiten und über 60 Bronze-Statuen
bereichert; kurz mit allem was die Würde der Hauptstadt heben und zu dem Wohle und dem Vergnügen ihrer zahlreichen Bewohner
beitragen konnte, wurde Constantinopel reichlich versehen. Eine speciellc Beschreibung der Stadt, etwa ein Jahrhundert nach ihrer
Gründung angefertigt, nennt: ein Capitol oder Unterrichts-Anstalt, einen Circus, zwei Theater, acht öffentliche und hundert und drei
und fünfzig Privatbäder, zwei und fünfzig Portiken, fünf Kornmagazine, acht Aquaeducte oder Wasserreservoire, vier geräumige Hallen
für Senats-Versammlungen oder Gerichts - Sitzungen, vierzehn Kirchen, vierzehn Paläste und vier tausend drei hundert und achtzig
Häuser, welche sich wegen ihrer Grösse und Schönheit vor der grossen Menge gewöhnlicher Wohnungen auszeichneten. In Rom wurden

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