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gegen das Schiff hin ebenfalls eine wenn auch Qiedrige Schranke zwischen den beiden östlichen Hauptpfeilern befunden zu haben; denn
Evagrius133) giebt das Längenrnass der Kirche von der heiligen Conche134) bis zur gegenüber liegenden Thür xu L90 griechische Fuss
an, und dieses Mass, von der westliehen Hauptthür ab gerechnet, trifft ungefähr in den Anfang der östlichen Halhkuppel. Zwei andere
vom Evagrius angegebene Dimensionen: 260 Fuss für die ganze Länge der Kirche von Westen nach Osten, und 180 Fuss für die
Höhe des Knppelraumes über dem Fussboden, stimmen mit den von mir nach preussisehem Masse gefundenen resp. 259 und 179 Fuss so
nahe zusammen, dass hiernach das griechische Fussmass dem preussischen ziemlich gleich geachtel werden kann. Die Breite der Kirche,
welche ich im Schirr' unter der Kuppel zwischen den Hauptpfeüern zu 1G6 Fuss gefunden habe, giebt er zu 115 Fuss an. ohne jedoch
genau zu sagen, wo er gemessen habe.

Von der Solea ans zugänglich imiss der Ambo noch etwas weiter nach Westen in das Schiff vorgeschoben gestanden haben; denn
Paulus Silentiarius weiset ihm seinen Platz in der Mitte der Kirche, jedoch etwas mehr nach Osten, an. Da von dem Ambo herab die
Evangelien und Episteln vorgelesen, die Predigten und Anreden an die Gemeinde gesprochen, auch die Kaiser auf demselben gekrönt
wurden,™5) so musste er der Veraammlung im Schiffe nahe gerückt sein und zugleich einen westlichen Aufgang vom Schiffe aus haben,
wie auch Paulus Silentiarius angiebt. Unter demselben innerhalb der umgebenden Schranken hatten die Sänger ihren Platz, welche den
£remeindegesang, in Ermangelung der jetzt gebräuchlichen Orgeln, durch Vorsingen leiteten. Die Einrichtung und Ausschmückung die-
ses Prachtbaues ist aus der im Anhange übersetzten Beschreibung des Paulus Silentiarius zu entnehmen, welcher ein Restaurations-
versuch beigefügt ist.

Der nördliche Exeder, zunächst der rechten Seite des Heina, muss als Prothesis und der südliche als Diaconicum gedient haben,
da andere Nischen für dergleichen Zwecke nicht vorhanden sind. Beide Benennungen (Prothesis und Diaconicum) kommen in der Be-
schreibung der Krönungs-Ceremonien bei Cantacuzenus vor. ausserdem die letztere noch bei Codinus.136) In diesen Räumen waren vor-
zugsweise die Diakonen bei den Vorbereitungen zu den heiligen Handlungen beschäftigt, und zwischen den Säulen hindurch konnten
sie leicht zu der Sacristei und dem Bema mittelst der Bogengänge in den Nebenpfeilern gelangen.

Die Cancellenwand des Bema hatte 12 Säulen und dazwischen 3 Thüren, die heiligen: eine mittlere grössere und zwei kleinere
zu den Seiten.1"7) Diese Säulen müssen, je drei, näher zusammen gestanden haben, wie schon ans der Verschiedenheit der Thürweiten
hervor geht; denn bei dreizehn gleichen Xwischenweiten kämen von der 47 Fuss grossen Entfernung der Nebenpfeiler, zwischen denen
die Wand stand, noch nicht 3 Fuss auf jedes Intercohnnniuni nach Abzug der Säulenstärke. Vielleicht standen sie auf einem Stylobat,
wie in S. .Marco zu Venedig, welches die Thüren durchschnitten: über denselben befand sich ein Fries von silbernen Relieftafeln.188)
Die Gesammthöhe der Wand, nach der früher erwähnten Umänderung der Marmortäfelung zu schliessen. kann beiläufig 14 Fuss be-
tragen haben.

Der heilige Tisch von Gold auf goldenen Säulen und Stuffen139) wird der mittleren ('ancellenthür gegenüber, etwa in der Mitte
des mit dem Tonnengewölbe bedeckten Paumes. gestanden haben: der fungirende Priester befand sich bekanntlich an dessen Ostseite, mit
dem Oesichte der Gemeinde zugewendet. Ueber demselben erhob sich der Prachtbau des Ciboriums auf vier silbernen Säulen, zwischen
denen reich geschmückte Vorhänge herab hingen. Die hochragende achtseitige Spitze krönte, auf einein Plätterkelche ruhend, eine sil-
berne Weltkugel, auf der das Kreuz stand. Von der Decke des Ciboriums hingen herab die den heiligen Geist darstellende Taube mit
der Kapsel (pyxis), welche die Eucharistie für die Kranken enthielt, und verschiedene Kränze und Kronen."") Die nähere Beschreibung
dieses Pra'chtwerkes giebt Paulus Silentiarius.111)

An der gebogenen Rückwand des Apsis befanden sich die Sitze der Priester und in deren Rütte der Thron des Patriarchen.11-)

Den reichen Apparat von Kandelabern, Ampeln und Kronen zur nächtlichen Erleuchtung der Sophienkirche hat Paulus Silentia-
rius II. Vers 390 u. f. sehr umständlich beschrieben.

Der gewöhnliche Sitz des Kaisers, von einer Schranke umgeben, befand sich nach Paulus Silentiarius143) in der südlichen Seiten-
halle, und nach einer Stelle des Codinus144) neben dem Diaconicum. also am östlichen Filde der Halle; der Sitz der Kaiserin aber nach
Evagrius in einer der mittleren Abtheilungen des Frauenchores,145) vielleicht ebenfalls an der Südseite, wo sich das mit der Ausgiessung
des heiligen Geistes geschmückte Gewölbe befindet, weil der Weg vom Palaste zunächst nach der Südseite der Kirche führte.

Für die Krönungsfeierlichkeiten wurde ein besonderes Throngerüst im Schilf der Kirche erbaut, vielleicht an der Stelle, welche,
wie früher erwähnt, durch musivische Muster im Fussboden ausgezeichnet ist.

# A G I A I R E N E.

BLATT XXX1I1.

Die alte Kirche der heiligen Irene wurde von Constantin dem Grossen, also im Anlange des IV. Jahrhunderts, erbaut: sie lag
nahe bei der Sophienkirche. eingeschlossen in deren Umfriedigung und von demselben Glems verwaltet, weshalb sie auch den Beinamen:
die Patriarchale (itari)iaQ%eiov) führte.140)

Im fünften Regierungsjahre Justinian's theilte sie das Schicksal der Sophienkirche: sie brannte im Nika-Aufstande ab. Justinian
bauete sie ebenfalls neu auf. und zwar in einer Ausdehnung, dass. wie Procopius versichert.117) sie in Constantinopel nur der Sophien-
kirche an Grösse nachstand.

Im acht und dreissigsten Regierungsjahre Justinian's brannte abermals das Mesaulon und ein Theil des Narthex der Kirche ab;
und unter Leo dem Isaurier, in der ersten Hälfte des VUl. Jahrhunderts, wurde sie von einein Erdbeben zertrümmert. Notizen über
ihre Wiederherstellung sind mir nicht bekannt.

Die im ersten Vorhole des Serails dicht hinter der Sophia liegende, auf Platt XXX111. dargestellte Kirche, jetzt von den Türken
zur Aufstellung einer Waffensammlung benutzt, wird allgemein die Kirche der heiligen Irene genannt.

Die Situation und jetzige Bestimmung des Gebäudes begünstigten die Aufnahme desselben nicht : die Dimensionen sind theils nach
Schritten, theils durch Vergleiche nach dem Augenmasse bestimmt. wobei ein Peberblick von den Dächern der Sophienkirche ans sehr nütz-
lich war. Im Innern habe ich mir den ehemaligen Narthex und das Schilf betreten können: die Treppen-Anlagen am Ostende, die daran
liegenden Räume, so wie die unteren Seitenhallcn des Schilfes sind daher mir nach Vermuthungen aufgezeichnet. Mehrere Oeffnungen
sind jetzt zugemauert, jedoch im Aeusseren noch an den Ueberwölbungen kenntlich, z. 15. die beiden grossen Fenster der Nordseite
und zwei diesen entsprechende an der Südseite, deren Pilaster-Ausbau jedoch eine ConjectUT ist: ferner die Apsisfenster der Ostseite
und die Fenster der muthmasslichen Treppenräume daneben.

Die jetzige Gestalt des Gebäudes mögte wohl aus einer Restauration nach dem Erdbeben im VIII. Jahrhundert hervor gegangen

sein: die Bauweise der Aussenwände, aus abwechselnden Schichten von weisslichen Mar......"quadern und Ziegeln, welche der späteren

Zeit der Byzantinischen Schule angehört, spricht für diese Annahme. In der Anlage ist die Kreuzforin in Verbindung mit dem Kuppel-
system deutlich ausgesprochen, jedoch mit der Besonderheit, dass das Schilf gegen Westen durch einen Raum verlängert ist. dessen
 
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