Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34

mittlere Abtheihmg ein elliptisches Kappenge wölbe deckt, gegen Norden und Süden getragen von Tonnengewölben, die ebenfalls nach
elliptischen Bogenlinien aufgeführt sind. Der Grundplan hat dadurch eine Annäherung an die Form der Basilikenkirchen erhalten, und
es wäre möglich, dass man bei dem Neubau zu Justinian's Zeit dem Grundplane eines alten Basilikenbaues gefolgt wäre.

Die Hauptkuppel, wie gewöhnlich von Tonnengewölben getragen, hat einen vollständigen Tambour, aussen mit Strebepfeilern
zwischen den 20 Fenstern, und zeigt, wie der ganze Bau, angenehme Verhältnisse. Die üeffnungen der Tonnengewölbe in den Aussen-
mauern der Süd- und Nordseite sind mit etwas zurücktretenden Schildmauern geschlossen, welche Fenstergruppen enthalten: der untere
Theil dieser Schildmauern liegt jedoch bündig mit den Stirnen der Tonnengewölbe. Die Strebepfeiler an der Nordseite könnten wohl
spätere Zusätze sein. Der Stockwerksbau des Frauenchores liegt in den südlichen und nördlichen Tonnengewölben; der Narthex hat
ebenfalls ein oberes Geschoss, und westlich schliesst sich demselben ein Atrium mit Hallen an, das neuerdings zu einer Art Museum für
antike Baureste eingerichtet ward.

Die äusseren Mörtelfugen, namentlich der Ziegelsteinschichten, sind I'.2 bis 2 Zoll stark, und haben das Eigentümliche, dass sich
Reliefmuster etwa in folgender Weise: JnLlnL|f, fö/tyWWz darauf befinden, die mittelst einer Form aufgedrückt zu sein scheinen. Die Krö-
nungsgesimse sind von Ziegelsteinen gebildet, Eckschichten mit glatten abwechselnd. Die Dächer sind mit Blei gedeckt, die Giebelmauern
aber mit Dachsteinen.

Das Innere ist sehr einfach nur durch einige stark profüirte Gesimse von weissem Marmor gegliedert: die Brüstungen des Gynä-
ceums fehlen jetzt, ob früher noch anderer Schmuck vorhanden war. ist nicht mehr sichtbar.

Am westlichen Abhänge des Hügels, den die Soleimaniah krönt, im Dshir dshir mahalessi, liegt eine kleine, ehemals christliche,
jetzt, wie fast alle ihre Schwestern, dem Islam dienstbar gemachte Kirche, von zierlichen Verhältnissen. Dieselbe ist schon früher von
Alb. Lenoir gezeichnet und in Gailhabaud's, monuments anciens et modernes tome 2me unter dem Namen eglise de Theotokos bekannt
gemacht. Diese Darstellung enthält jedoch mehrere Abweichungen von dem jetzigen Zustande und einige nicht unerhebliche Unrich-
tigkeiten.

Eine Feuersbrunst schien den umliegenden Stadttheil lange vor meiner Anwesenheit verwüstet und die Kirche selbst beschädigt
zu haben; während meines Aufenthalts in Constantinopel wurde dieselbe für den türkischen Gottesdienst wieder hergestellt. Bei dieser
Restauration sind verschiedene Veränderungen vorgenommen, so z. B. habe ich die Halle mit vier Säulen an der Südseite der Kirche,
von Lenoir noch gezeichnet, nicht mehr vorgefunden, und nur ihren östlichen Schluss im Fundamente, vor dessen Abbruch, noch messen
können. Die Brüstungen zwischen den Säulen des äusseren Narthex, bei meinem ersten Besuche der Kirche noch vorhanden, waren
später verschwunden; sie bestanden aus verde antico; von den über denselben in der Lenoirschen Zeichnung angegebenen Fensterstöcken
ist mir nichts zu Gesicht gekommen. Eine Krönung des äusseren Narthex nach Bogenlinien war nicht vorhanden, statt dessen ein horizon-
tales Krönungsgesims; jedoch wäre es möglich, dass dieses bei dem Restaurationsbau abgeändert worden; durchaus unwahrscheinlich ist
mir dagegen das frühere Vorhandensein der rechteckigen Umrahmung der Eingangsthür, wie Lenoir sie gezeichnet hat; denn an den
Stellen zu beiden Seiten der Thür, wohin die aufrechten Theile dieser Umrahmung treffen würden, sind jetzt unbestreitbar alte Nischen
vorhanden. Eben so wenig kann die kleine Kuppel des Narthex über dieser Thüröffnung offene Fenster gehabt haben, da im Innern
sich sechszehn feine Rippen-Abtheilungen mit Resten alter Mosaikzierden vorfanden; überhaupt sind sämmtliche Kuppeln, die drei klei-
neren des Narthex sowohl, als die grössere über der Mitte des Schiffes, von Lenoir nicht ganz richtig gezeichnet. In den Verhältnissen
der Apsisseite habe ich auch mehrere Abweichungen gefunden, und die Breite der Seitenhallen des Schiffes etwa 2 Fuss geringer,
als Lenoir.

Dieses zur Rechtfertigung der Differenzen zwischen meinen und den im Gailhabaud'schen Werke gegebenen Zeichnungen.

Ueber den ehemaligen Namen dieser Kirche habe ich nichts Bestimmtes erfahren können; Lenoir sagt, dass sie von den heutigen
Griechen Qeöroxog roxi Xtßou genannt würde (soll wohl heissen ©eordxo^ rou At/Jo'e); wenn diese Bezeichnung richtig ist, so hätten wir
hier die Klosterkirche vor uns, welche Du Cange unter Nr. XXVI.14S) der Mutter-Gotteskirchen aufführt. Darnach gehörte sie zu dem
Kloster, welches der Patrizier Constantinus Lips unter dem Kaiser Leo Philosophos, der von 886 bis 911 regierte, im Stadttheil Marso-
dagare in der Nähe der heiligen Apostelkirche erbaute oder neu herstellte. Später wurde es von Theodora, der Mutter des 1185 grausam
ermordeten Kaisers Andronikus, renovirt, und sind die Leichen ihrer beiden Söhne, so wie ihre eigene hier begraben; auch Irene, die
erste Gemahlin Andronikus des Jüngeren, welcher 1328 dem Thron entsagte, ist hier beigesetzt.

Bei einer näheren Betrachtung des Bauwerkes, welches auf Blatt XXXV. Fig. 1. im Grundriss und auf Blatt XXXIV. in den ver-
schiedenen Ansichten und im Längendurchschnitt nach einem doppelt so grossen Massstabe, als der des Grundrisses dargestellt ist, ergiebt
sich, dass die eben angeführten geschichtlichen Notizen wohl zu demselben passen. Das kleine Gebäude hat sehr zierliche Verhält-
nisse, mancherlei, mitunter etwas gekünstelte, decorative Anordnungen im Aeussern und eine polychrome Architektur von Marmor-
quadern und Ziegelstreifen, was alles einer Bauzeit zu Ende des IX. oder Anfang des X. Jahrhunderts entspricht, Wiederherstellung
und Hinzufügung einzelner Theile lassen sich auch erkennen, namentlich erscheint der äussere Narthex, in dem Grundriss Figur 1.
Blatt XXXV. durch hellere Schraffirung bezeichnet, als ein späterer Erweiterungsbau, obgleich daran Säulencapitäle vorkommen, deren
Formen, wie schon erwähnt, einer sehr frühen Zeit angehören. Die jetzt abgebrochene Halle an der Südseite nebst dem vorspringenden
durch eine Kugelkappe gedeckten Räume sind gewiss spätere Anbauten und könnten wohl als Begräbnisskapellen für die hier beigesetz-
ten Mitglieder der Kaiserfamilie bestimmt gewesen sein. An der Nordseite liegt hinter dem äusseren Narthex, ehemals durch eine Thür
mit demselben verbunden, noch ein abgesonderter Raum, der mir jedoch nicht zugänglich war.

Die vermuthlich ursprüngliche Anlage ist in Blatt XXXV. Fig. 1. durch dunklere Schraffirung hervorgehoben; sie entspricht ganz
den in der Einleitung näher beschriebenen kleinen Kirchenanlagen der späten Byzantinischen Zeit. Beachtenswerth ist, dass sich am
Aeusseren der Bema-Apsis nicht, wie bei den früheren Kirchen, ein dreiseitiger, sondern ein fünfseitiger Schluss vorfindet, und die
Neben-Apsiden, die Prothesis und das Diaconicum, im Aeussern nur durch Mauereinschnitte gezeichnet sind.

Die Tonnengewölbe, welche die Hauptkuppel stützen und mit Satteldächern abgedeckt sind, treten über den Seitendächern her-
vor und zeichnen im Aeusseren die Kreuzform, über der sich die Kuppel erhebt. Diese hat einen Tambour, von kleinen Säulen geschmückt
und mit einem Bogenkranze gekrönt. Ueber dem äusseren Narthex sind abermals drei Kuppeln mit Tambouren angebracht; eine der-
artige Wiederholung der Kuppelform ist gewiss nur bei Bauwerken der späten Zeit anzutreffen, da sie der früheren Einfachheit des
Aeusseren widerstreitet. Die Krönungsgesimse sind von Ziegeln; bei der Bogenkrönung der Hauptkuppel wechseln zwei Eckschichten
mit glatten ab; bei den übrigen kommt nur eine Eckschicht vor. Die Dächer sind mit Dachziegeln gedeckt, mit Ausnahme der Haupt-
kuppel, welche bei der letzten Restauration mit einer Cementschicht überzogen wurde.

AGIA

BLATT XXXIV. XXXV.
 
Annotationen