VERSCHIEDENE BAURESTE DER ÄLTEREN ZEIT.
BLATT I.
Fig. 1. Pilastereapitäl aus Smyrna.
We im die antiken Bauwerke Griechenlands und Klein-Asiens Einiluss auf die christliche Kunst zu Constantinopel hatten, so nahmen
die von Smyrna, früher als Königin der Städte Anatoliens, Krone Joniens und Zierde Asiens gepriesen, wohl nicht den letzten Platz
unter denselben ein.
Das nach Pausanias von Alexander dem Grossen erbaute Smyrna hatte allmählig die Einwohner der in der Nähe nördlich
vom Flusse Meies gelegenen alten aeoliseh-jonischen Stadt Smyrna in sieh aufgenommen. Blühend unter den Römern ward es im
XI. Jahrhundert vom Kriegsunglüek heimgesucht und verwüstet. Noch im Anfange des XIII. Jahrhunderts lag die Stadt in Ruinen, mit
Ausnahme der Akropolis, welche von Johannes dem Comnenen hergestellt und verschönert war. 1402 ward Smyrna von Tamerlan mit
Sturm genommen und verwüstet.
Das heutige Smyrna breitet sieh längs dem Ufer des Meeres unter dem Berge Pagus aus, auf dessen Rücken wahrscheinlich die
alte Stadt lag. Reste der alten Stadtmauern sind noch vorhanden, auch lässt sich daneben die Lage des Stadiums und des Theaters
erkennen. Den nördlichen Gipfel des Berges nimmt die weitläuftige und hohe Ringmauer einer verfallenen Burg ein; ein Werk späterer
Zeit, aber wahrscheinlich an derselben Stelle, auf welcher früher die alte Akropolis stand. Die Nachgrabungen halten hier verschiedene
antike Reste zu Tage gefördert, unter Anderem den schönen, jetzt im Museum zu Leiden befindlichen Bacchuskopf. In dem, gleich dem
Yordertheile eines Schiffes zugespitzten Nordende liegt ein ebenso zugespitztes altes Grabgewölbe, dessen Wände mit schön geglättetem
rothen Stuck überzogen sind: die Decke ist zum Theil eingebrochen und der Inhalt wohl schon lange entführt.
In der Ringmauer dieser Burg ist ausser anderen alten Bauresten auch das Fig. 1. dargestellte Pilaster-Capitäl von weissem
Marmor eingemauert; die Arbeit scheint hellenischen Ursprungs, und obgleich sie nicht der Blüthezeit der griechischen Kunst angehört,
ist doch eine freie, gewandte Technik daran erkennbar. Die Form der Eckblätter lässt vermuthen, dass ähnliche Vorbilder auf die Byzan-
tinische Schule eingewirkt haben.
Fig. 2. Ära im dritten Hofe des Serails zu Constantinopel, von rothem orientalischen Porphyr.
Als Ära oder heidnischer Altar betrachtet, wäre dieses kein christliches Werk, dennoch befindet sieh in der Vorstadt Kassim-
Pascha eine kleine runde Ära von weissem Marmor der Propontis mit der Inschrift: -f 1MA20EO2 AAM02QENET2, deren Kreuz wohl auf
christlichen Ursprung deutet. Die letztere Ära, mit Fruchtgehängen geziert, ist sehr beschädigt und dient jetzt, auf den Kopf gestellt,
der hölzernen Säule eines türkischen Hauses als Basis. Wie und woher die Porphyr-Ära in den dritten Hof des Serails kommt, in
welchem sie als Schmuck aufgestellt ist, möchte schwer zu ermitteln sein, da über das Innere des Serails sehr wenig bekannt ist und
dem Europäer der flüchtige Besuch eines geringen Theils desselben nur unter grossen Beschränkungen gestattet wird. Zur Skizzirnng
des in Fig. 2. Dargestellten waren ebenfalls nur wenige Minuten vergönnt.
Fig. 3. Korinthisches Capital von weissem Marmor.
Dasselbe soll mit noch drei andern ganz gleichen im Innern des Serails gefunden sein; bei meiner Anwesenheit lag es im ersten
Hofe vor der Irenenkirche. Es gehört ohne Zweifel der ersten Periode der Byzantinischen Schule vor der Justinianischen Zeit an: die
Arbeit hat etwas Schablonenmässiges und Trockenes, obgleich sie nicht ohne Effect ist. Bezeichnend sind die Behandlung des Abacus
und die Blattüberwürfe mit eingegrabenen Rippchen.
Fig. 4. Capital mit Canälen und Blättern, in Constantinopel gefunden, von weissem Marmor.
Ueber den speciellen Fundort dieses Capitäls kann ich nichts Näheres angeben; wahrscheinlich wurde es beim Ausheben einer
Fundamentgrube entdeckt und als Marmor-Material an einen türkischen Steinmetzen verkauft, in dessen Werkstätte ich es antraf und
sofort aufnahm. Drei Tage nachher war das Blattwerk herunter geschlagen und das Ganze in einen Mörser verwandelt, Auf ähnliche
Weise gehen noch häufig alte Baureste in Constantinopel zu Grunde.
Anordnung und Behandlungsweise dieses Capitäls erinnern sehr an antike Muster: das bekannte Grabmal zu Mylasa hat ähnliche
Säulencapitäle. und Texier. der in seinem Werke: l'Asie mineure, tome III. planche 187., ein ganz entsprechendes Antencapitäl eines kleinen
Tempels zu Patara in Lycien mittheilt, erwähnt, dass dergleichen Capitäle in Carien sehr in Gebrauch gewesen seien.
Fig. 5. Säule des Marcian.
Von den in Constantinopel noch aufrecht stehenden monumentalen Säulen ist die des Kaisers Marcian. der von 450 bis 456 regierte,
wohl die interessanteste. Sie steht südlich von der Mahomedia in der Mitte der Stadt, von den drei Hauptspitzen derselben ziemlich
gleich weit entfernt, in dem Garten eines Privathauses, und wird Kis-taschi, d. h. Mädchenstein, genannt: sie ist von weissem Marmor
und nach von Hammcr's66) Angabe inel. Postament 35 Fuss hoch. Auf drei Seiten des Postamentes, dessen Anblick mir nicht vergönnt
ward, sollen sich Kränze, auf der vierten zwei geflügelte Genien und folgende InschriftG7) befinden:
PRINCIPIS HANG STATU AM MARCIANI
GERNE TORUMQUE
TER VOVfT QUOD TATIANUS
OPUS
t;
BLATT I.
Fig. 1. Pilastereapitäl aus Smyrna.
We im die antiken Bauwerke Griechenlands und Klein-Asiens Einiluss auf die christliche Kunst zu Constantinopel hatten, so nahmen
die von Smyrna, früher als Königin der Städte Anatoliens, Krone Joniens und Zierde Asiens gepriesen, wohl nicht den letzten Platz
unter denselben ein.
Das nach Pausanias von Alexander dem Grossen erbaute Smyrna hatte allmählig die Einwohner der in der Nähe nördlich
vom Flusse Meies gelegenen alten aeoliseh-jonischen Stadt Smyrna in sieh aufgenommen. Blühend unter den Römern ward es im
XI. Jahrhundert vom Kriegsunglüek heimgesucht und verwüstet. Noch im Anfange des XIII. Jahrhunderts lag die Stadt in Ruinen, mit
Ausnahme der Akropolis, welche von Johannes dem Comnenen hergestellt und verschönert war. 1402 ward Smyrna von Tamerlan mit
Sturm genommen und verwüstet.
Das heutige Smyrna breitet sieh längs dem Ufer des Meeres unter dem Berge Pagus aus, auf dessen Rücken wahrscheinlich die
alte Stadt lag. Reste der alten Stadtmauern sind noch vorhanden, auch lässt sich daneben die Lage des Stadiums und des Theaters
erkennen. Den nördlichen Gipfel des Berges nimmt die weitläuftige und hohe Ringmauer einer verfallenen Burg ein; ein Werk späterer
Zeit, aber wahrscheinlich an derselben Stelle, auf welcher früher die alte Akropolis stand. Die Nachgrabungen halten hier verschiedene
antike Reste zu Tage gefördert, unter Anderem den schönen, jetzt im Museum zu Leiden befindlichen Bacchuskopf. In dem, gleich dem
Yordertheile eines Schiffes zugespitzten Nordende liegt ein ebenso zugespitztes altes Grabgewölbe, dessen Wände mit schön geglättetem
rothen Stuck überzogen sind: die Decke ist zum Theil eingebrochen und der Inhalt wohl schon lange entführt.
In der Ringmauer dieser Burg ist ausser anderen alten Bauresten auch das Fig. 1. dargestellte Pilaster-Capitäl von weissem
Marmor eingemauert; die Arbeit scheint hellenischen Ursprungs, und obgleich sie nicht der Blüthezeit der griechischen Kunst angehört,
ist doch eine freie, gewandte Technik daran erkennbar. Die Form der Eckblätter lässt vermuthen, dass ähnliche Vorbilder auf die Byzan-
tinische Schule eingewirkt haben.
Fig. 2. Ära im dritten Hofe des Serails zu Constantinopel, von rothem orientalischen Porphyr.
Als Ära oder heidnischer Altar betrachtet, wäre dieses kein christliches Werk, dennoch befindet sieh in der Vorstadt Kassim-
Pascha eine kleine runde Ära von weissem Marmor der Propontis mit der Inschrift: -f 1MA20EO2 AAM02QENET2, deren Kreuz wohl auf
christlichen Ursprung deutet. Die letztere Ära, mit Fruchtgehängen geziert, ist sehr beschädigt und dient jetzt, auf den Kopf gestellt,
der hölzernen Säule eines türkischen Hauses als Basis. Wie und woher die Porphyr-Ära in den dritten Hof des Serails kommt, in
welchem sie als Schmuck aufgestellt ist, möchte schwer zu ermitteln sein, da über das Innere des Serails sehr wenig bekannt ist und
dem Europäer der flüchtige Besuch eines geringen Theils desselben nur unter grossen Beschränkungen gestattet wird. Zur Skizzirnng
des in Fig. 2. Dargestellten waren ebenfalls nur wenige Minuten vergönnt.
Fig. 3. Korinthisches Capital von weissem Marmor.
Dasselbe soll mit noch drei andern ganz gleichen im Innern des Serails gefunden sein; bei meiner Anwesenheit lag es im ersten
Hofe vor der Irenenkirche. Es gehört ohne Zweifel der ersten Periode der Byzantinischen Schule vor der Justinianischen Zeit an: die
Arbeit hat etwas Schablonenmässiges und Trockenes, obgleich sie nicht ohne Effect ist. Bezeichnend sind die Behandlung des Abacus
und die Blattüberwürfe mit eingegrabenen Rippchen.
Fig. 4. Capital mit Canälen und Blättern, in Constantinopel gefunden, von weissem Marmor.
Ueber den speciellen Fundort dieses Capitäls kann ich nichts Näheres angeben; wahrscheinlich wurde es beim Ausheben einer
Fundamentgrube entdeckt und als Marmor-Material an einen türkischen Steinmetzen verkauft, in dessen Werkstätte ich es antraf und
sofort aufnahm. Drei Tage nachher war das Blattwerk herunter geschlagen und das Ganze in einen Mörser verwandelt, Auf ähnliche
Weise gehen noch häufig alte Baureste in Constantinopel zu Grunde.
Anordnung und Behandlungsweise dieses Capitäls erinnern sehr an antike Muster: das bekannte Grabmal zu Mylasa hat ähnliche
Säulencapitäle. und Texier. der in seinem Werke: l'Asie mineure, tome III. planche 187., ein ganz entsprechendes Antencapitäl eines kleinen
Tempels zu Patara in Lycien mittheilt, erwähnt, dass dergleichen Capitäle in Carien sehr in Gebrauch gewesen seien.
Fig. 5. Säule des Marcian.
Von den in Constantinopel noch aufrecht stehenden monumentalen Säulen ist die des Kaisers Marcian. der von 450 bis 456 regierte,
wohl die interessanteste. Sie steht südlich von der Mahomedia in der Mitte der Stadt, von den drei Hauptspitzen derselben ziemlich
gleich weit entfernt, in dem Garten eines Privathauses, und wird Kis-taschi, d. h. Mädchenstein, genannt: sie ist von weissem Marmor
und nach von Hammcr's66) Angabe inel. Postament 35 Fuss hoch. Auf drei Seiten des Postamentes, dessen Anblick mir nicht vergönnt
ward, sollen sich Kränze, auf der vierten zwei geflügelte Genien und folgende InschriftG7) befinden:
PRINCIPIS HANG STATU AM MARCIANI
GERNE TORUMQUE
TER VOVfT QUOD TATIANUS
OPUS
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