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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 2): Text: 2. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.1404#0620
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Drittes Kapitel.
Darstellungen Maria.

§ 1. Bilder Maria mit dem Jesuskind.

en Erlöser des Menschengeschlechtes geboren zu haben, wurde stets als das höchste
Privileg Maria betrachtet. Seiner Wichtigkeit wegen hat ihm schon das apostolische
Symbolum in einem eigenen Artikel Ausdruck verliehen. Mit dem Bekenntnis: „Ich glaube
an Jesus Christus, der geboren wurde aus dem Heiligen Geiste und Maria der Jungfrau ,
leitete auch die Kunst die Reihe ihrer Marienbilder ein und wurde seitdem nicht müde, es
bis auf den heutigen Tag zu wiederholen. Die Zahl derselben ist deshalb unübersehbar.
Auf dem ältesten Fresko in der sogenannten Cappella greca, das dem Anfang des
2. Jahrhunderts angehört, hält Maria das in Windeln gewickelte Kind und empfängt die
Huldigung der Magier1. Kurze Zeit darauf wurde sie an einem Grabe unweit der genannten
Kapelle gemalt, das neugeborene Kind auf dem Schöße haltend, neben ihr der Prophet
Isaias und über ihr der Stern, das Symbol des Lichtes, das mit der Geburt des Messias
über der Menschheit aufging2. Dieses ist das hervorragendste Marienbild der Katakomben;
ich habe davon noch eine aus dem 3. Jahrhundert stammende Kopie an einem Grabe der
Domitilla-Katakombe feststellen können \ Die durch die beiden Grabmalereien ausgedrückten
Wahrheiten: die Weissagung des Propheten, die Verwirklichung der Prophetie durch die
Geburt des Messias aus Maria und das durch den Stern symbolisierte Licht, betreffen das
Grunddogma des Christentums; daher sind sie den Gläubigen aller Zeiten geläufig gewesen
und haben immer die gleiche Fassung gehabt. Aus diesem Grunde sehen die Magier auf
einer Malerei des 3. und auf einer des 4. Jahrhunderts nicht einen Stern, sondern den
Namenszug Jesu Christi am Himmel leuchten4. Und im 5. Jahrhundert sagt der hl. Cyrill
von Maria: „Durch dich hat der eingeborene Sohn Gottes, jenes wahre Licht, denen ge-
leuchtet, die in Finsternis und im Schatten des Todes saßen; durch dich haben die Propheten
geweissagt; durch dich die Apostel den Völkern das Heil gepredigt. . . Wer auf Erden
ist im Stande, dich nach Gebühr zu preisen, Maria, Mutter und Jungfrau!"; Diese Worte
fassen zusammen, was der vorhin erwähnte Glaubensartikel mit lapidarer Kürze hinstellt
und was in dem priszillianischen Fresko bereits einen erweiterten Ausdruck gefunden hat.
Man könnte sich kein schöneres Zusammenklingen von schriftlichen Dokumenten und
künstlerischen Darstellungen aus den fünf ersten Jahrhunderten denken.

1 Wilpert, Fractio panis Taf. VII. Unmittelbar darüber be-
fand sich auf dem Gewölbe eine Darstellung; der Taufe. War
diese, wie es sehr wahrscheinlich ist, die Taufe Christi, so war
darauf zum erstenmal die Taube als Symbol des Heiligen
Geistes abgebildet.

Wilpert, Katakombenmalereien Taf. 22.

3 A. a.O. Fig. 14, S. 191.

4 Ebd. S. 197 f. Vgl. Wilpert, Zyklus diristologischer Ge
mälde Taff. I—IV.

5 Cyrill. Alex., Homil. diu. 4: Migne, PG 77, 992.
 
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