Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 660

Nicolaus de Tudeschis, Lectura super primo libro decretalium

Papier · 1, 362, 1 Bll. · 38,5 × 27,5 cm · Pavia · um 1460


Schlagwörter (GND)
Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Liber extra / Kommentar.
Entstehungsort
Pavia.
Entstehungszeit
um 1460.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (Bl. 1 Pergament).
Umfang
1, 362, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
38,5 × 27,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 19 V190 + II194 + 2 VI218 + 14 V358 + II362 + (I-1)363*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 363*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–362). Vor- und Nachsatzbl. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 363*). Reklamanten durchgängig auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg mittig (fehlt auf 194v), ab 228v auf dem Fußsteg rechts, teilweise durch Beschnitt beeinträchtigt bzw. verloren gegangen.
Zustand
Etwas stockfleckig vor allem an den Blatträndern, insbesondere an den oberen. Textblock zuweilen gebräunt.
Wasserzeichen
Blume mit acht Blütenblättern, ohne Stängel, Kreuz als Beizeichen auf Stempel, in zwei Varianten, Bll. 3, 7, Bll. 6, 9-10, beide vergleichbar mit Bll. von Papieren, die laut WZIS 1487 in Casale Verwendung fanden, IT5235-PO-126755; Blumenblüte mit Stempel und acht Blütenblättern, in neun Varianten, Bll. 11-22, 25, 36, 39-45, 48-50, 55, 59-63, 76-78, 80, 86, 89, 99, 108-110, 116, 121-129, 135-137, 146-149, Bll. 23, 27, 37-38, 47, 53, 57, 64-74, 79, 81-84, 88, 91-97, 102-105, 113-114, 119-120, 133, 139-144, beide ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1458 in Candia (Kreta) beschrieben wurden, DE4200-PO-126723, Bll. 152, 155-157, 167, 174, 182-187, 190-193, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1470 verwendet wurden, DE8100-PO-126691, Bll. 153, 162-165, 170-172, 175-180, 188, 194, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS um 1480 in Straßburg bedruckt wurden, DE0960-2Inc2128_13, Bl. 160, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1482 in Augsburg bedruckt wurden, DE5580-2Incca1275_2k3, Bll. 196, 201-203, 215, 218-220, 235-242, 270, 281-292, 303, 306, 310-313, 323-328, 334-336, 354-358, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1458 in Candia (Kreta) beschrieben wurden, DE4200-PO-126725, Bll. 197-199, 206-208, 222-233, 243-248, 321-322, 329-332, 359-362 ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1458 in Candia (Kreta) verwendet wurden, DE4200-PO-126725, Bl. 214, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1471 in der Lombardei, vielleicht in Mailand, Verwendung fanden, DE5580-Clm6651_99, Bll. 216, 271-278, 294-297, 305, 307-308, 318, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1458 in Candia (Kreta) beschrieben wurden, DE4200-PO-126725; Blume mit sechs Blütenblättern, ohne Stängel, Kreuz als Beizeichen auf Stempel, in zwei Varianten, Bll. 212, 254, 267-268, 339, 344, 347, Bll. 250-251, 255-263, 341, 345, beide ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1448 in Pavia verwendet wurden, DE1185-S810_16.

Schriftraum
26,8 × 17 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
60 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
1ra–218vb wurden von Johannes Stetzenbach aus Eberbach ausgeführt, der auch Pal. lat. 654, 661 und 666 (1ra–10vb, 81ra–84vb, 116ra–165vb) kopierte. Er bediente sich einer italienischen Semitextualis im Derolezschen Sinn (vgl. Derolez, Palaeography, S. 119–121), wobei die Ligaturen die Schrift wie eine schleifenlose Bastarda erscheinen lassen, bei der f und s keine Unterlängen aufweisen. Ab 219ra übernahm bis 349ra eine andere Hand, die auch Teile von Pal. lat. 666 (107ra–115vb) kopierte und eine vergleichbare Schrift wählte, es bestehen lediglich Unterschiede im Duktus und kleine Variationen in der Ausgestaltung der Buchstaben. Die Auszeichnungsbuchstaben hingegen sind in gotischer Minuskel geschrieben.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift und Tinte vorgezogen. Tituli rubriziert (Tituli fehlen auf 1va, 195ra, 250va, 272va). Zu Beginn eines jeden Capitulums Initialmajuskeln, teilweise mit Schaftaussparungen, alternierend in Blau und Rot über fünf bis acht Zeilen, die übrigen Buchstaben der Capitulumsanfänge in gotischer Minuskel vergrößert dargestellt, über zwei Zeilen. Kommentare zu Abschnitten innerhalb des Capitulums mit Paragrafenzeichen und vergrößerten Buchstaben in gotischer Minuskel hervorgehoben. Alternierend blaue und rote Paragrafenzeichen zur Unterteilung der Sinnabschnitte.
Buchschmuck
Auf 1r Miniatur, Marienkrönung darstellend, wobei Maria und Christus auf einer Thronbank sitzen, in Blau, Gold, Grün, Rot und Purpur. Darunter Initiale mit Blattornament im Binnenfeld. Miniatur und Initiale von Ranken in Blau, Gold, Grün, Rot und Purpur umgeben. Im Bas-de-page ein weiß gewandeter Engel mit blond gelocktem Haar und roten Flügeln, zwei Wappen haltend. Das erste Wappen ist geviert und zeigt in 1 und 4 einen rot bekrönten goldenen steigenden Löwen in Schwarz, 2 und 3 blau-silber geweckt, das zweite zeigt in Rot einen silbernen Schrägbalken (s. auch die Bildbeschreibung in heidICON).

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Anmerkungen von einer in etwa zeitgenössischen Hand. Zahlreiche grafische Verweiszeichen.

Einband
Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 847). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur. Rückentitel: ABBAS super primo.
Provenienz
Regensburg / Neumarkt / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Neben der aktuellen Signatur Altsignatur auf 1ar 771 [durchgestrichen], weitere Altsignaturen auf 1r, 567, Capsa-Nummer C. 11., darunter Allacci-Signatur 638. Ebenfalls auf 1r von Hand des 17. Jhs. Abbas super primum. Die Hs. ist Teil einer mehrbändigen Reihe, welche die Vorlesung des Nicolaus de Tudeschis zum Liber extra vereint (s. Pal. lat. 654, 661, 662, 665, 666). Wie der Kolophon in Pal. lat. 654 ausweist, wurde die Hs. von Johannes Stetzenbach aus Eberbach für Ruprecht von Pfalz-Mosbach, designierten Bischof von Regensburg, in Pavia kopiert. Dafür, dass auch diese Hs. in Pavia entstand, spricht die Miniatur auf 1r. Vgl. des Weiteren Geschichte der Handschrift in der Beschreibung zu Pal. lat. 654.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_660
Literatur
BioBib Jurists, Nicolaus de Tudeschis (r450); Stephan Kuttner, Canonisti nel Mezzogiorno: alcuni profili e riflessioni, in: Scuole, diritto e società nel Mezzogiorno medievale d’Italia 2, hrsg. von Manlio Bellomo, Catania 1987 (Studi e ricerche dei „Quaderni Catanesi“ 8), S. 10–23, hier S. 23; Montuschi, Le biblioteche, S. 332 A. 149; OVL, Pal.lat.660; Pennington, Lectura, S. 369 A. 27 (mit abweichender Inhaltsbeschreibung); Pennington, Nicholaus, S. 19 (mit abweichender Inhaltsbeschreibung); Reinle, Lebensentwurf, S. 179–182; Schunke, Einbände 2.2, S. 847; Stevenson, Latini, S. 234.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–362ra Digitalisat

Verfasser
Nicolaus de Tudeschis (GND-Nr.: 118588028).
Titel
Lectura super primo libro decretalium.
Angaben zum Text
Text setzt mit dem zweiten Titulus ein, die Tituli 7–29 wurden von Nicolaus de Tudeschis nicht kommentiert: (1ra–1va) Vorrede; (1va–20vb) Titulus 2; (20vb–69rb) Titulus 3; (69va–81vb) Titulus 4; (81vb–93ra) Titulus 5; (93ra–192vb) Titulus 6; (193r–194v) leeres Zeilengerüst; (195ra–243vb) Titulus 29; (244ra–250va) Titulus 30; (250va–270vb) Titulus 31, (271ra–272rb) Titulus 32; (272va–283vb) Titulus 33; (283vb–285rb) Titulus 34; (285rb–288vb) Titulus 35; (289ra–295ra) Titulus 36; (295ra–297va) Titulus 37; (297va–311va) Titulus 38; (311va–313ra) Titulus 39; (313ra–321vb) Titulus 40; (321vb–339rb) Titulus 41; (339rb–342rb) Titulus 42; (342va–362ra) Titulus 43. – 362v–363*v leer.
Incipit
1ra ›Hec rubricapotest ad precedencia et sequencia sic continuarj. Tractaturus auctor de iure premisit rubricam de summa trinitate pro sui operis fundamento …
Explicit
362ra … et ut mortem euitemus perpetuam post mortem corporalem concedat nobis. Qui viuit et regnat in secula seculorum. Amen. Nicolaus Siculus abbas episcopus Panormitanus. Deo gratias laus. Explicit Lectura super primo decretalium secundum Nicolaum Siculum ad honorem beate Marie virginis gloriose.
Edition
Die Vorlesung des Nicolaus de Tudeschis zum Liber extra ist bereits in zahlreichen Wiegendrucken seit 1476 überliefert (GW M47787–M47997). Die letzte Gesamtausgabe seiner Hauptwerke wurde 1617 in Venedig aufgelegt, darunter Commentaria in quinque decretalium libros, Venedig 1617.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 660. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.