Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 746

Infortiatum cum Glossa ordinaria

Pergament · 5, 231, 2 Bll. · 38,9 × 23 cm · Bologna · 2. oder 3. Viertel 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Digesta / Infortiatum / Urkunde / Papsturkunde / Fragment.
Entstehungsort
Bologna.
Entstehungszeit
2. oder 3. Viertel 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
5, 231, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
38,9 × 23 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1) 1a + IIC + 19 IV152 + V161a + 8 IV225 + III231 + 1232 + (I-1)233*. Vorderer Spiegel Gegenbl. zu 1a, hinterer zu 223*. Vorderste Lage A–C besteht aus einem Doppelbl. Papier (B / 2a) in einem Doppelbl. Pergament (A / C). 2a ist leeres Papierbl. zwischen B und C. Zählfehler: 42 und 87 bei der Zählung übersprungen, 90 und 113 zweimal vergeben (90a, 113a), 161 nicht gezählt (161a).
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Rechts oben spätmittelalterliche Zählung in arabischen Ziffern: 1–231, 232 später nachgetragen. Bei ungez. Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a, 2a, 161a, 233*). Reklamanten, gewöhnlich von Schreiberhand.
Zustand
Insgesamt gut, 1r, 3r, 26r und einzelne Stellen auf anderen Blättern aber stark abgerieben und vielleicht mit Tintenfraß. Hin und wieder eingerissene Ränder.

Schriftraum
35,4 × 19,5–22 cm.
Spaltenanzahl
Textus inclusus und Klammerglosse jeweils zweispaltig.
Zeilenanzahl
Textus inclusus bis 161v 46 Zeilen und Klammerglosse bis zu 117 Zeilen, ab 163r 48 und 78 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Späte karolingische Minuskel im Übergang zur südeuropäischen Textualis. Ab 162ra, mit der (in frühen Hss. recht verbreiteten) Abteilung der Tres partes, eine andere Schreiberhand.
Buchgestaltung
Seiteneinrichtung wie in den glossierten oberitalienischen Rechtshss. üblich: zweispaltiger Text mit umgebender zweispaltiger Klammerglosse, in der Terminologie von Powitz, Textus, S. 84f., Klammerform des Vier-Spalten-Typs. – Mit Metallstift vorgezogener, später radierter Schriftspiegel. Grundlinien bis zum Rand durchgezogen. – Abwechselnd rote und blaue Lombarden mit überwiegend einfachem Parallelstrichfleuronné für Autorennamen, vor die Kolumne gesetzt. Für die Anfänge der Leges in den Zeilen kleinere Lombarden in der Gegenfarbe zu den größeren Lombarden. Caputzeichen und gelegentlich auch große Paragrafenzeichen vor den Zeilen alternierend rot und blau. Verweisung der Glosse auf den Legaltext mittels kleiner vorgesetzter Buchstaben. Layout ab 162ra nicht wesentlich anders, jedoch weniger anspruchsvoll ausgeführt, die Lombarden kleiner. – Bis einschließlich Buch 34 vor den Büchern und dort noch an einer Zwischenteilung jeweils in rot-blauer langgezogener Ziermajuskel ULPIANUS, vor den folgenden Büchern ist der Raum für die Schrift leer belassen. Am Beginn der Tres partes in Dig. 35.2.82 nach einer leeren Doppelseite 162rb rot-grüne Überschrift TRES PARTES.
Buchschmuck
Zu den Zierüberschriften s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Vorne vier vor der Eingliederung in die Vaticana eingefügte Blätter, drei davon mit Nachträgen beschriftet (s. Inhalt). Nachgetragener Text zudem 231va–b. Fast überall kürzere Marginalglossen nachgetragen. Nachträgliche Buchzählung in flüchtigen römischen Ziffern im oberen Seitenrand.

Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Oben auf den Rücken aufgeklebt barockes helles Signaturschild 746, darunter Buchtitel direkt auf den Rücken notiert; unten blaues Schildchen mit Pal. lat. 746. Befestigungsspuren von zwei Schließenbändern.
Provenienz
Oberitalien / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Außer auf dem Rücken blauer Signaturaufkleber mit aktueller Signatur auf vorderem Spiegel. 1r notiert 746 und darunter Pal. sowie durchgestrichen die Altsignaturen 737 und 658. Ar oben Capsa-Nummer C. 123 und Allacci-Signatur 1541. 1541 noch einmal auf dem Kopf stehend auf 232v. Br und 1r unten auch Altsignatur 556. Unterhalb des Textus inclusus auf 1r der ovale Besitzstempel der Vaticana. Auf Cr mehrere teilgetilgte alte Besitzeinträge, wohl alle italienisch: Die sexto in mense Octobris M°CC LXXVII dedit dominus […] super isto libro libras vii [.] ad […] postquam librum libra in […]; istud Infortiatum est […]. Wohl in Bologna oder Padua verorten lässt sich die Notiz über die Verpfändung mehrerer Bände 1433 die VIII mensis Junii pignoravi Digestum vetus novum Judeyis sancte Lucie etc.; istud Infort […]. – Nach Lehmann (der eine französische Entstehung annimmt) gehörte die Hs. zur Bibliothek von Ulrich Fugger und trug die Signatur „189. seors“. Der entsprechende Eintrag ist unauffindbar; allerdings ist Bl. A im unteren Teil weggeschnitten, wodurch auch der dort angebrachte runde Besitzstempel der Vaticana halbiert ist.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_746
Literatur
Brenkman, Historia, S. 283, Nr. V; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 126, Nr. 3; Manuscripta juridica, Pal.lat.746; OVL, Pal.lat.746; Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 117; Stevenson, Latini, S. 270.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) Ar Digitalisat

Titel
Kanonistischer Text (?).
Angaben zum Text
Text weitgehend unleserlich. Nachtrag. Kursive; rasiert oder stark verblichen; wohl Anfang 15. Jh.
Rubrik
Ar ›De Summo pontifice regnante‹[…].

2) Arb Digitalisat

Titel
Konzept eines Kalendars.
Angaben zum Text
Nachtrag. Kursive, zweispaltig; stark verblichen; wohl 14. Jh.
Incipit
Arb Ianuarius prima dies est circumcisio domini …

3) Ava–vb Digitalisat

Titel
Alphabetische Tituli-Liste zum Infortiatum.
Angaben zum Text
Nachtrag, Kursive, zweispaltig; unvollständig durch Blattausschnitt; wohl 14. Jh.
Incipit
Ava Actione rerum amotarum …

4) Bra–vb Digitalisat

Titel
Alphabetische Tituli-Liste zum Infortiatum.
Angaben zum Text
Mit Angabe der aktuellen Foliierung. Nachtrag, Kursive, zweispaltig; wohl Anfang 15. Jh.
Rubrik
Bra ›Tituli ff.[= Digesti] Infortiati‹.
Incipit
Bra Administratione [!] rerum admotarum - 8 …

5) Cr Digitalisat

Titel
Infortiatum cum glossa (Exzerpt).
Angaben zum Text
Von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebene Rechtssammlung. Hier nur Dig. 26.7.12.2. Nachtrag, wohl frühes 14. Jh.
Incipit
Cr Nimium est tutori licere respectu estimationis pupilli erogare ex bonis eius, quod …

6) Cr Digitalisat

Titel
Notizen.
Angaben zum Text
Nachtrag, zum Teil getilgt.

7) Cr Digitalisat

Titel
Notiz über eine Geldleihe.
Angaben zum Text
Beteiligt ein Michael, ein Francischo de […]ochet und ein Ambroxio. Nachtrag, 14. Jh.
Incipit
Cr Memoria, quod dominus Michael venit vno mane visitandum [?] domino Francischo

8) Cr Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Seneca.
Titel
Sentenz.
Angaben zum Text
Text hier Seneca zugeschrieben. Nachtrag. Südeuropäische Textualis, 14. Jh.
Incipit
Cr Cum mecum ipse pluries agitassem, quoniam modo possem dirigere gresus meos et bonis moribus vita instruere …

9) Cr Digitalisat

Titel
Notiz über die Schwierigkeit, das Infortiatum zusammenzufassen.
Angaben zum Text
Nachtrag, wohl noch 14. Jh.
Incipit
Cr Idcirco scripsi causis summationis de Infortiato et non de aliis libris, quoniam eius …

10) Cv Digitalisat

Titel
Erläuterung zu Dig. 25.1.
Angaben zum Text
Nachtrag, 14. Jh.
Rubrik
Cv ›Tituli‹.
Incipit
Cv Soluto matrimonio, quemadmodum dos petatur, dixit S. de iure dotium et per quos constituitur dos nunc e contra per quos repetatur …

11) 1ra–231va Digitalisat

Beteiligte Personen
Justinian I. (GND-Nr.: 11855896X) / Accursius (GND-Nr.: 100956599).
Titel
Infortiatum cum Glossa ordinaria.
Angaben zum Text
Von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebene Rechtssammlung mit der Glossa ordinaria des Accursius (um 1182/85–um 1260/63). – (1rb–7rb) Dig. 24.3.1–24.3.67; (7rb–13rb) Buch 25; (13rb–28vb) Buch 26; (28vb–43rb) Dig. 27.1.3; (43rb–63vb) Buch 28; (63vb–79vb) Buch 29; (79vb–91rb) Buch 30; (91rb–102rb) Buch 31; (102rb–113bv) Buch 32; (113bv–142rc) Dig. 34.1.–34.4.32.1; (142rc–146vb) Dig. 34.5.1.–34.9.26; (146vb–161vc) Dig. 35.1–35.2.82; (163rb–165rc) Dig. 35.2.82 (ab Tres partes ferant legatarii)-35.3.9; (165rc–186rc) Buch 36; (186rc–206vb) Buch 37; (206vb–231va) Buch 38. Die Zählung der Rubriken geht bis Buch 30 gegenüber der üblichen Zählung jeweils um Eins nach, ab Buch 33 entfällt in den Rubriken die Zählung.
Rubrik
1rb ›Soluto matrimonio quamadmodum [!] dos petatur. Rubrica.‹.
Incipit
1rb ›Pomponius: D[ot]is [caus]a semper et ubique precip[ua est:] nam et rei publice interest dotes mulieribus conservari …
Explicit
231va … uel quod filius qui in hostium potestate erat post liminio non sit reuersus.
Edition
Infortiatum, Lyon 1627.

12) 231va–vb Digitalisat

Titel
Kommentar zu D. 9 c. 27.
Rubrik
231va ›De inpedimento uoti et quod uotum separet minores‹.
Incipit
231va Sequitur de inpedimento uoti. Sed quoniam circa istum articulum multi multa dixerunt, atque diversa, ut intellegere possitis …

13) 232v Digitalisat

Titel
Papsturkunde, vom 15. Oktober 1387 oder 1403 (Fragment).
Angaben zum Text
Urkunde eines Papstes (Pontificatus nostri anno decimo) für […]nen[ses] ecclesiarum officiali Parisien[ses]. Die rechte Hälfte verloren und vermutlich durch Verleimung geschädigt; auf dem Kopf stehend eingeheftet. Der Name des Schreibers auf der Plica (232r) vermerkt: P. de Paveillione. Der 1425 in Rom verstorbene Magister Petrus de Paveillione aus der Diözese Troyes, zuletzt päpstlicher Kollektor für das Erzbistum Reims unter Johannes (XXIII.) und Martin V., kann bis 13. November 1394 als päpstlicher Skriptor an der Avignoneser Kurie zurückverfolgt werden. Am 22. Oktober 1411 erscheint er aber als Taxator bei Johannes (XXIII.) in Rom; s. Tilmann Schmidt, Die Originale der Papsturkunden in Baden-Württemberg 1198–1417, 2. Teil, Vatikanstadt 1993 (Index actorum Romanorum Pontificum 6,2), Nr. 1168 und 1224. Da die Urkunde auf das 10. Jahr des Ponitfikats eines (Gegen-)Papstes datiert ist, kommen nur Clemens (VII.) (20.9.1378–16.9.1394) und Benedikt (XIII.) (16.9.1394–23.5.1423) als Aussteller in Frage.


Bearbeitet von
Dr. Christoph Winterer, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 746. Beschreibung von: Dr. Christoph Winterer (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.