Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 825
Sulpicius Severus, Chronica
Pergament · 2, 28, 2 Bll. · 25,8 × 17 cm · Bretagne (?) · 10. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Geschichte / Geschichtsschreibung / Weltgeschichte.
- Entstehungsort
- Bretagne (?).
- Entstehungszeit
- 10. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 2, 28, 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 25,8 × 17 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 12a + 2 IV16 + VI28 + 1a + (I-1)b. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von b.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–28). Bei ungez. Blättern folgt die Beschreibung dem Digitalisat (1a–2a, a–b).
- Zustand
- Pergament verschmutzt, Wasserschäden ohne Textverlust. Zahlreiche Löcher, die bereits vor Anlage der Schrift vorhanden waren, auf Bl. 20 genähter Riss. Tinte verblasst und berieben.
- Schriftraum
- 21 × 13,3 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 40-44 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Als Auszeichnungsschrift in der Rubrik auf 1r und 15r Capitalis Rustica. Fließtext von wohl einer Hand in karolingischer Minuskel.
- Buchgestaltung
- Zeilenraster am Blattrand durchgenadelt. Zeilengerüst blindliniiert. Rubriken auf 1r und 15r in Auszeichnungsschrift. Anfänge der Abschnitte mit Versalien hervorgehoben. Satzanfänge mit Capitalis-Buchstaben gekennzeichnet.
- Buchschmuck
- Auf 1r R-Initiale mit drei übereinander angeordneten Ornamenten in Form eines ausgesparten, an der eigenen Achse gespiegelten S.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Wenige, meist kaum lesbare Anmerkungen. Grafische Verweiszeichen. Auf ar Federproben mit zahlreichen Flechtbandmotiven und drei Pentagrammen. Ab 22v moderne Kapitelzählung auf dem Seitenrand mit Bleistift nachgetragen.
- Einband
- Pappe mit grünem Pergament überzogen, auf Vorderdeckel im Zentrum goldgeprägter Plattenstempel mit dem Wappen Papst Urbans VIII., auf Hinterdeckel des Kardinals und Bibliothekars Scipione Cobelluzzi (1564–1626) in Gold, gefertigt in Rom zwischen 1623 und 1626; Rücken erneuert, weißes Pergament mit Pal. lat. 825 auf blauem Klebeschildchen, in Rom um 1850 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 851).
- Provenienz
- Augsburg (?) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Auf Vorderspiegel blaues Schildchen der Vaticana mit aktueller Signatur, diese mit Tinte nachgetragen auf 2ar und 1r. Altsignaturen: auf 2ar zweimal 1576, davon einmal durchgestrichen, und 142, wiederholt auf 1r, auf av kopfständige Signatur 606?. Auf 2ar in karolingischer Minuskel Sulpicius Seuerus in Chronica, auf 1r Text von anderer Hand überschrieben mit Sulpicius. Von Bethmann, Nachrichten, S. 343 noch als „Auszug, ohne Werth“ beschrieben, gilt der Palatinus heute als die einzige komplett erhaltene Hs. der Chronik des Sulpicius Severus und diente daher auch als Leithandschrift aller bisher vorgelegten modernen wissenschaftlichen Editionen. Lediglich Fragmente, die sich im Staatsarchiv Luzern erhalten haben und aus der zweiten Hälfte des 9. Jhs. wohl aus Nordfrankreich stammen, komplettieren die mittelalterliche Überlieferung. Offenbar im 10. Jh. in der Bretagne entstanden – so Bischoff, vielleicht auch Bezug nehmend auf unveröffentlichtes Material von Fleuriot (vgl. Deuffic, La production, S. 317) – glaubte die Forschung lange den Palatinus in jenem Codex entdeckt zu haben, der im 16. Jh. in Hildesheim lag und den Matthias Flacius Illyricus (1520–1575) für die Besorgung seiner editio princeps verwendete – der Eintrag Cronica Sulpicij ab etate mundi auf 2ar scheint aber nicht von diesem zu stammen, wie oftmals angenommen (vgl. Hoffmann, Textzeuge, S. 447–449). Da dieser Ulrich Fugger (1526–1584) nahestand und auch mit Hss. versorgte, erschien es der Forschung folgerichtig, den Palatinus auf diesem Wege nach Augsburg gelangen zu lassen. Piergiorgio Parroni hat in seiner Einleitung zur jüngsten Edition allerdings bezweifelt, dass der Palatinus die Vorlage zur editio princeps geboten habe, vielmehr habe Flacius auf eine Abschrift des Palatinus zurückgegriffen (CCL 63, S. XIII), weshalb eine Flacianische Herkunft Hypothese bleiben muss. Aber selbst für die Fuggerprovenienz gibt es keine eindeutigen Beweise. Lediglich der Eintrag im Fuggerkatalog Chronica Sulpitii ab aetate mundi (Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 225) deutet auf diese Herkunft hin, lässt es aufgrund der offenbar geringen handschriftlichen Verbreitung des Werks aber gleichwohl als wahrscheinlich erscheinen, dass der Codex über den Augsburger Bibliophilen nach Heidelberg gelangte. Demnach wäre er mit Fuggers Tod und dessen letztwilliger Verfügung in das Eigentum des Pfälzer Kurfürsten und damit in die Bibliotheca Palatina eingegangen.
- Literatur
- A Descriptive Handlist of Breton Manuscripts, c. AD 780–1100, https://ircabritt.universityofgalway.ie/handlist/catalogue/188; Jacob Bernays, Ueber die Chronik des Sulpicius Severus.
Ein Beitrag zur Geschichte der klassischen und biblischen Studien, Berlin 1861,
S. 71f.; Bethmann, Nachrichten, S. 343; Bernhard Bischoff, Wendepunkte in der Geschichte der
lateinischen Exegese im Frühmittelalter, in: Bischoff, Ma.
Stud. 1, S. 205–273, hier S. 232 A. 131; Bernhard Bischoff, Die Abtei Lorsch im Spiegel ihrer
Handschriften, Lorsch 21989 (Geschichtsblätter für den
Kreis Bergstrasse, Sonderbd. 10), S. 126f.; CCL 63, S. X–XV; Clavis historicorvm antiqvitatis posterioris. An Inventory of Late Antique
Historiography (a. D. 300–800), hrsg. von Peter van Nuffelen
/ Lieve van Hoof, Turnhout 2020, Nr. 428, S. 437; CSEL 1, S. V–VII; Jean-Luc Deuffic, La production manuscrite des scriptoria
bretons (VIIIe–XIe siècles), in: Landévennec et le monachisme breton dans le
Haut Moyen Âge. Actes du Colloque du 15ème centenaire de l’abbaye de
Landévennec, 25, 26, 27 avril 1985, Landévennec 1986, S. 289–321, hier S. 317,
Nr. 105; Hss.-Arch. B. Bischoff, Fiche 74, 4.23; Hartmann, Humanismus, S. 63, 81 A. 4, 104, 251; Hartmut Hoffmann, Der älteste Textzeuge der Chronik des
Sulpicius Severus, in: DA 59 (2003), S. 447–458, passim; Per Hyltén, Studien zu Sulpicius Severus, Diss. Lund
1940, passim; Per Hyltén, Critical Notes on the ‚Chronica‘ of Sulpicius
Severus, in: Traditio 19 (1963), S. 447–460, hier S. 447; Lehmann, Fuggerbibliotheken 1, S. 146, 2,
S. 225, 488; Mirabile, Sulpicius Severus, Chronicorum libri II; monumenta.ch, http://www.monumenta.ch/latein/xanfang.php?n=62; Montuschi, Le biblioteche, S. 314; OVL, Pal.lat.825; Bernard M. Peebles, Girolamo da Prato and his Manuscripts
of Sulpicius Severus, in: Memoirs of the American Academy in Rome 13 (1936), S.
7–65, hier S. 8; Schunke, Einbände 2.2, S. 851; Stevenson, Latini, S. 288; Sulpice Sévère, Chroniques, hrsg. von Ghislaine De
Senneville-Grave, Paris 1999 (Sources chrétiennes 441), S.
59; Vernet, L’histoire, S. 306; Veronika Wieser, Reading the Past into the Present:
Constructing Community, Identity and Apocalytic Thought in the Chronicle of
Sulpicius Severus, in: Historiography and Identity, Bd. 1: Ancient and Early
Christian Narratives of Community, hrsg. von Walter Pohl /
Veronika Wieser, Turnhout 2019 (CELAMA 24), S. 247–298, hier
S. 253 (Literatur in Auswahl).
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–28v
- Verfasser
- Sulpicius Severus (GND-Nr.: 118757806).
- Titel
- Chronica.
- Angaben zum Text
- Codex unicus der zwei Bücher umfassenden und nach 403 verfassten Weltchronik, beginnend mit der Erschaffung der Erde und bis zum Konsulat des Stilicho (um 362–408) im Jahr 400 reichend, auf Grundlage der Bibel unter Auslassung des Neuen Testaments (CCL 63, S. VIIf.): – (1r–15r) Liber I; (15r–28v) Liber II.
- Rubrik
- 1r ›Incipit prologvs Svlpitii Severi in Chronica quae ipse fecit ab exordio mvndi vsqve ad tempvs svvm‹.
- Incipit
- 1r ›Res‹ a mundi exordio sacris litteris editas breuiter constringere …
- Explicit
- 28v … Inter hęc plebs dei et optimus unus quisque probro atque ludibrio habebatur.
- Edition
- CCL 63.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 825. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.