Wandständerschafställe
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Besonders der Hofschafstall aus Westeresch
(Abb. 48), der seine Dachform mit dem
rückseitigen tiefen Walm und der Luke im
vorderen Giebeltrapez bewahrt hat, kann als
Belegbeispiel für das Aussehen dieser über-
wiegend kleinen Wandständerställe Roten-
burgs gelten. Der Riegel über der kleinen
Schäfertür ist mit einer hübschen bogen-
förmigen Verzierung gestaltet und mit zwei
eingeschnitzten Jahreszahlen, nämlich 1751
und 1875, versehen (s.u. Abb. 179 a und b).
Einige Baumerkmale, so der aus Ziegeln
aufgemauerte Sockel und einzelne zweit-
verwendete Riegel, lassen erkennen, daß das
Gebäude umgesetzt worden ist. Wahr-
scheinlich war es 1751 an der vorderen
Hofeinfahrt erbaut worden und wurde 1875
auf den hinteren Teil der weitläufigen Hofflä-
che gesetzt. Das Auffinden des Wandständer-
schafstalls in Westeresch, das erst zum Ende
unserer Untersuchungen hin erfolgte, hat
unsere These, daß in diesem Gebiet ursprüng-
lich Wandständerschafställe gebaut worden
sind, eindrucksvoll bestätigt. Es läßt sich fest-
stellen, daß diese Dörfer, (wie es auch die
Verbreitungskarten I und IV ausweisen) noch
im Gebiet eines Überwiegens der kulturhisto-
rischen Einflüsse Rotenburg - Verdens liegen.
Das ist nach unser Ansicht ein wichtiger neuer
Ansatz, um zu einer „politischen“ Zuordnung
dieses strittigen Gebietes zu kommen.
Einen sehr großen Wandschafstall des jünge-
ren Typs mit aufgefügten Balken stellte in sei-
ner ursprünglichen Nutzung wohl auch ein Ge-
bäude dar, das vor der Großtürseite des Meyer-
hofes in Scheeßel steht und sein giebelständi-
Abb. 49: Scheeßel, Lkrs. Rotenburg/W., „Dresch-
scheune“ auf dem Meierhofgelände, vermutlich alter
Hofschafstall
ges Tor der Hofauffahrt zuwendet (Abb. 49).
Zwar hat es an seiner Rückseite ehemals
einige kleinere Räume aufgewiesen, die
vielleicht als Speicher oder auch als Neben-
wohnräume gedient haben - es fehlt also eine
Durchfahrt -, andererseits bezieht sich die
heutige Bezeichnung als Dreschscheune wohl
nur auf eine spätere Umnutzung. Für den
langgestreckten Hauptraum, der in seiner
Mitte noch dazu von einem Strebenpaar ein-
geengt wird, ist eigentlich nur eine ursprüng-
liche Nutzung als Schafstall vorstellbar.
Ähnliche schmal-hochwandige Fachwerk-
ställe jüngerer Art lassen sich zum Beispiel
auch in Hörpel, Landkreis Soltau-Falling-
bostel, in Dachtmissen, Landkreis Lüne-
burg, und in Putensen, Landkreis Harburg,
antreffen.
Eine genaue Analyse vermag in manchen
weiteren Fällen heute noch erkennen lassen,
welches die ursprüngliche Funktion und
Nutzung eines solchen Wandständer-Bau-
werkes war. So erscheint das Nebengebäude
eines großen Hofes in Hastedt, Landkreis
Rotenburg, in seiner letzten Form als kleines
Wohnhaus (Abb. 50).
Abb. 50: Hastedt, Lkrs. Rotenburg/W., Häuslings-
haus, vermutlich ehemals Hofschafstall
In der Tat hat es sich nach der Überlieferung
um das Häuslingshaus gehandelt. Erst bei
näherer Untersuchung läßt sich feststellen,
daß das Gebäude ursprünglich auf beiden
Giebelseiten ein annähernd mittig gelegenes
Tor besessen hat, daß der Raum bis auf einen
winzigen Verschlag in einer Ecke nicht weiter
unterteilt war und daß die unteren Fachwerk-
felder der Wände ehemals mit breiten Bohlen
ausgefüllt waren - alles Hinweise auf einen
ursprünglichen, für die dortige Region typi-
schen Hofschafstall.
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Besonders der Hofschafstall aus Westeresch
(Abb. 48), der seine Dachform mit dem
rückseitigen tiefen Walm und der Luke im
vorderen Giebeltrapez bewahrt hat, kann als
Belegbeispiel für das Aussehen dieser über-
wiegend kleinen Wandständerställe Roten-
burgs gelten. Der Riegel über der kleinen
Schäfertür ist mit einer hübschen bogen-
förmigen Verzierung gestaltet und mit zwei
eingeschnitzten Jahreszahlen, nämlich 1751
und 1875, versehen (s.u. Abb. 179 a und b).
Einige Baumerkmale, so der aus Ziegeln
aufgemauerte Sockel und einzelne zweit-
verwendete Riegel, lassen erkennen, daß das
Gebäude umgesetzt worden ist. Wahr-
scheinlich war es 1751 an der vorderen
Hofeinfahrt erbaut worden und wurde 1875
auf den hinteren Teil der weitläufigen Hofflä-
che gesetzt. Das Auffinden des Wandständer-
schafstalls in Westeresch, das erst zum Ende
unserer Untersuchungen hin erfolgte, hat
unsere These, daß in diesem Gebiet ursprüng-
lich Wandständerschafställe gebaut worden
sind, eindrucksvoll bestätigt. Es läßt sich fest-
stellen, daß diese Dörfer, (wie es auch die
Verbreitungskarten I und IV ausweisen) noch
im Gebiet eines Überwiegens der kulturhisto-
rischen Einflüsse Rotenburg - Verdens liegen.
Das ist nach unser Ansicht ein wichtiger neuer
Ansatz, um zu einer „politischen“ Zuordnung
dieses strittigen Gebietes zu kommen.
Einen sehr großen Wandschafstall des jünge-
ren Typs mit aufgefügten Balken stellte in sei-
ner ursprünglichen Nutzung wohl auch ein Ge-
bäude dar, das vor der Großtürseite des Meyer-
hofes in Scheeßel steht und sein giebelständi-
Abb. 49: Scheeßel, Lkrs. Rotenburg/W., „Dresch-
scheune“ auf dem Meierhofgelände, vermutlich alter
Hofschafstall
ges Tor der Hofauffahrt zuwendet (Abb. 49).
Zwar hat es an seiner Rückseite ehemals
einige kleinere Räume aufgewiesen, die
vielleicht als Speicher oder auch als Neben-
wohnräume gedient haben - es fehlt also eine
Durchfahrt -, andererseits bezieht sich die
heutige Bezeichnung als Dreschscheune wohl
nur auf eine spätere Umnutzung. Für den
langgestreckten Hauptraum, der in seiner
Mitte noch dazu von einem Strebenpaar ein-
geengt wird, ist eigentlich nur eine ursprüng-
liche Nutzung als Schafstall vorstellbar.
Ähnliche schmal-hochwandige Fachwerk-
ställe jüngerer Art lassen sich zum Beispiel
auch in Hörpel, Landkreis Soltau-Falling-
bostel, in Dachtmissen, Landkreis Lüne-
burg, und in Putensen, Landkreis Harburg,
antreffen.
Eine genaue Analyse vermag in manchen
weiteren Fällen heute noch erkennen lassen,
welches die ursprüngliche Funktion und
Nutzung eines solchen Wandständer-Bau-
werkes war. So erscheint das Nebengebäude
eines großen Hofes in Hastedt, Landkreis
Rotenburg, in seiner letzten Form als kleines
Wohnhaus (Abb. 50).
Abb. 50: Hastedt, Lkrs. Rotenburg/W., Häuslings-
haus, vermutlich ehemals Hofschafstall
In der Tat hat es sich nach der Überlieferung
um das Häuslingshaus gehandelt. Erst bei
näherer Untersuchung läßt sich feststellen,
daß das Gebäude ursprünglich auf beiden
Giebelseiten ein annähernd mittig gelegenes
Tor besessen hat, daß der Raum bis auf einen
winzigen Verschlag in einer Ecke nicht weiter
unterteilt war und daß die unteren Fachwerk-
felder der Wände ehemals mit breiten Bohlen
ausgefüllt waren - alles Hinweise auf einen
ursprünglichen, für die dortige Region typi-
schen Hofschafstall.