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Primäre Kübbungsschafställe mit Ankerbalkengefüge

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Diese Anbindung der niedrigen Außenwände
an das Innengerüst weist bemerkenswerter-
weise auch der Stall des Typus „eingehälster
Ankerbalken“ auf, der in der Feldmark von
Bargstedt steht (Tafel 28). Wie die meisten
anderen noch erhaltenen Außenschafställe
dürfte auch dieses Gebäude einmal umgesetzt
worden sein. Bei dieser Gelegenheit wurden
die Ständer durch eine zimmermannsgerechte
Anschäftung unten verlängert, so daß das Ge-
bäude jetzt recht hochbeinig wirkt. Neben der
zum Teil mit Versatz ausgeführten Einhälsung
der starken Eichenbalken wirken vor allem
die knaufartig zugerichteten, seitlich der Stän-
der vorspringenden Enden der Kübbungs-
einzüge altertümlich (Abb. 88). Auf der Diele
eines Bauernhauses sind solche hakenartigen
Vorsprünge wohl zweckmäßig gewesen, um
Geräte, Geschirr und dergleichen im Bereich
der Kuhställe aufzuhängen. Im freien Raum
des Schafstalles dagegen können sie kaum
eine sinnvolle Funktion gehabt haben, dürf-
ten eher störend gewesen sein. Ihr Vorkom-
men in den Ställen in Bargstedt und Stem-
men zeigt, daß Baugewohnheiten, die am
Wohnstallhaus entwickelt worden waren,
auch beim Bau der Innengefüge-Ställe zur
Anwendung kommen konnten.
Demgegenüber kam das Prinzip des einge-
hälsten Ankerbalkens bei Innengerüstbauten
unserer Region ausschließlich in Schaf-
ställen vor. Eitzen < 172> erwähnt diese
Bauweise zwar einmal bei einem ehemaligen
Wohnhaus in Helvesiek.


Abb. 89: Helvesiek, Lkrs. Rotenburg/W., Wohnhaus in
ehemaligem Schafstall mit Ankerbalkengefüge. Foto:
G. Eitzen 1938, Archiv LWM Hösseringen
Bei seinen späteren ausführlichen Ausein-
andersetzungen mit entsprechenden Fragen

der Gefügeentwicklung hat er dieses Gebäu-
de jedoch nicht mehr berücksichtigt. Viel-
leicht hat es sich um einen umgenutzten
Schafstall gehandelt? Unter den von Eitzen
1938 erstellten Fotos von Ställen aus dem
Landkreis Rotenburg < 173> findet sich
nämlich ein entsprechendes Gebäude aus
Helvesieck (Abb. 89) mit dem Vermerk:
„Schafstall, sekundär zum Wohnhaus umge-
baut, It. Mitt. G. Eitzen am 30.10.1980.“
Ein bis zu seiner Umsetzung vor einigen
Jahren noch unverändert erhalten gebliebener
Schafstall aus demselben Dorf hatte ebenfalls
eingehälste Ankerbalken (Abb. 90). Sein
Bauholz konnte inzwischen dendrochrono-
logisch auf „um 1717“ datiert werden < 174>.


Abb. 90: Helvesiek, Lkrs. Rotenburg/W., Kübbungs-
schafstall, Innengefüge mit eingehälsten Ankerbalken
„um 1717“(d)

Als zweifelsfreier Befund sind eingehälste
Ankerbalkenkonstruktionen in Zweiständer-
Bauernhäusern in unserem Untersuchungs-
gebiet in keinen Fall zur Beobachtung ge-
kommen. Es spricht auch nichts dafür, daß
diese Bauweise etwa im ältesten, jetzt nicht
mehr vorhandenen Bestand der Bauerhäuser
geherrscht hätte. In seinen späteren Arbeiten
konnte Eitzen belegen, daß der (durchge-
zapfte oder eingehälste) Ankerbalken, wo er
in Bauernhäusern anderer Regionen vor-
kommt, einer jüngeren Schicht angehört.
Anders bei Wandständerbauten, bei diesen
kam der eingehälste Ankerbalken im 17. und
 
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