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Winghardt, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Puppe, Josefine [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Archäologie und Informationssysteme: vom Umgang mit archäologischen Fachdaten in Denkmalpflege und Forschung — Hameln: Niemeyer, Heft 42.2013

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Archäologie und Informationssysteme

ARCHIVIERUNG UND DOKUMENTATION
Archäologische digitale Daten: Authentizität und Funktionalität
David Bibby, Reiner Göldner

Archäologische Informationen müssen zukünftig digi-
tal archiviert werden. Es führt kein Weg daran vorbei.
Grabungsberichte, Befundbeschreibungen, Fotodoku-
mentationen, Grabungspläne, Fundstellen- und Denk-
malkartierungen, 3-D-Scans von Grabungen und Fun-
den usw.: immer öfter werden sie digital erzeugt und
immer seltener greift man zur Bewahrung noch auf
analoge Kopien, auf Papier oder Film zurück. Die digi-
talen Daten bieten eben weit mehr Möglichkeiten,
mehr Funktionalität als die analogen Entsprechungen.
Inwiefern kann man aber bei digitalen Daten auch
nach vielen Jahren und vielen Systemwechseln noch
darauf vertrauen, dass sie „echt" sind, „authentisch"?
Klassische Authentizität
In der Literatur der letzten zwei Dekaden über Archi-
vierung von digitalen Daten wird immer wieder ver-
sucht zu definieren, was „Authentizität", bezogen
auf archivierte oder zu archivierende digitale Daten,
bedeutet. Noch immer scheint sich keine endgültige
allgemein akzeptierte Meinung gebildet zu haben.
Selbst die im Allgemeinen für digitale archäologische
Archivierung wichtigen Richtlinien „Kriterienkatalog
vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive" (Nestor
2008), die sich ausführlich mit einer „konventionel-
len" Auslegung von „Authentizität", bezogen auf di-
gitale Daten, auseinandersetzen, befassen sich kaum
mit dem Spannungsfeld Authentizität-Funktionalität.
„Authentizität" bedeutet allgemein „verbürgt, echt"
(Brockhaus), Wikipedia beschreibt die Bedeutung mit
„Echtheit im Sinne von ,als Original befunden'". In
der „klassischen" Archivierung beschreibt „Authenti-
zität" die Tatsache, dass die archivierten Dokumente
und Gegenstände während der Archivierung original,
unverändert und unversehrt bleiben. Sie kommen
nicht zu Schaden und der Zustand sollte bei einer
Besichtigung/Nutzung auch nach vielen Jahren der
Archivierung erkennbar identisch sein mit dem
Zustand, in dem sie waren, als sie deponiert wurden.
Anders formuliert: Inhalt, Form und Erscheinungsbild
sollen unangetastet und integer bleiben. Es muss
möglichst gewährleistet sein, dass Dokumente wäh-
rend der Archivierung nicht manipuliert oder gar
gefälscht werden. Die Aufgabe des Archivars ist: „to
hand on the documents as nearly as possible in the
state in which he received them, without adding or
taking away, physically or morally, anything: to preser-
ve unviolated, without the possibility of suspicion,

every element in them, every quality they possessed
when they came to him" (Jenkinson, 1965).
Moderne Authentizität
Es ist selbstverständlich, dass auch digitale Daten
möglichst unangetastet bleiben sollen, um als authen-
tisch zu gelten. Aber die Zielsetzung von 1965 be-
schreibt nicht mehr das ganze Bild: Authentizität in
der klassischen Archivierung zielt auf den Erhalt des
physischen Originals. Bei der Anwendung dieses klas-
sischen Authentizitätsbegriffs auf digitale Daten gibt
es jedoch einige problematische Aspekte:
- Ein digitales „Original" lässt sich „klonen" - das
heißt identisch reproduzieren (kopieren). Damit ist
Originalität kein Kriterium mehr für Authentizität.
- Ein digitales Dokument bedarf für seine Nutzung
(ansehen, lesen usw.) einer bestimmten Systemum-
gebung, die in die Betrachtung zur Authentizität
einbezogen werden muss. Eine veränderte System-
umgebung führt eventuell zu einer veränderten
Darstellung und damit zum Verlust von Authenti-
zität im klassischen Sinn.
- Digitale Systeme haben enorm kurze Innovations-
zyklen, was die klassische „Erhaltungs"-Strategie
und damit auch die Authentizität stark ein-
schränkt. Ein Original ist aufgrund der schnellen
Erneuerung digitaler Systeme nur kurzzeitig
„lebensfähig". Ein längeres „Überleben" geht
meist mit Migration einher, was aber physische
Veränderung und Verlust von Integrität bedeutet.
Damit wird klar, dass eine unspezifizierte, absolute
Authentizität bei der Archivierung digitaler Daten
nicht erreichbar sein wird. Was kann man aber errei-
chen? Schauen wir uns dazu noch einige Gedanken
zum Thema Authentizität aus dem IT-Bereich an.
- Wikipedia bietet an: „In der Informationssicherheit
bezeichnet Authentizität die Eigenschaften der
Echtheit, Überprüfbarkeit und Vertrauenswürdig-
keit. Die Überprüfung einer behaupteten Eigen-
schaft wird als Authentifikation bezeichnet." Und
bezieht sich dabei auf das Internet Security
Glossary (RFC 4949, S. 29): „The property of being
genuine and able to be verified and be trusted."
 
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