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Humor nit ausgcht, is dcß awer d'r Fall, no pfeif ich'm uff
sein Reichthümer, dann eener der keen Geld, dagege en
gsunde Humor hott, is zehnmool glicklicher, wie so en aus-
ghuzelter Geldsack. Also: Humor un Geld solle immer bei-
samme sein, Leitcher, merkt euch deß, ich will e Lied'l driwer
singe, damit ihr's besser im Gedüchtniß bhalte könnt:
Sich selber kein Vergnügen gönut,
Am Zahltisch sitzend starr und stumm
Die Wangen fahl den Rücken krumm —
Bleibt, weil flieht ihn der Humor,
Mit allem Geld, ein armer Thor!
Als jüngst in unsrer guten Stadt,
Gleich einem ewig frischen Bronnen,
Die Lust des Carnevales hat,
Für dieses Jahr begonnen,
Da sprach ein weiser Gast — ein Mann,
Dem unbedingt man glauben kann,
lind der in unsrer schönen Stadt
Den „Unterstützungswohnsitz" Hat:
„Sind vereint Humor und Geld,
Am besten ist's alsdann bestellt!"
Gepriesen sei drum im Gesang
Humor der lustige Geselle;
Gebührt auf unsrem Lebensgang
Ihm doch die erste Stelle!
Erscheint er zudem noch am Platz
Mit einem lieben, kleinen „Schatz,"
Und sollten es Banknoten sein,
Dann stimmt gewiß ein Jeder ein:
„Sind vereint Humor und Geld
Am Besten ist's alsdann gestellt!"
Humor, der froh das Herz erfüllt,
Vom Schöpfer gnädig uns verliehen,
Uns zu erleichtern süß und mild
Des Lebens schwere Mühen!
Wie wär es doch so schaal und leer,
Gäb's keinen Spaß auf Erden mehr,
Obgleich dabei zu jeder Frist
Ein bischen „Kleingeld" nöthig ist:
„Darum sind Humor und Geld,
Uns lieb und werth auf dieser Welt.
Was strenger Ernst auch sagen mag
Humor bleibt treu zu jeder Stunde,
Das Geld kann ausgeh'n alle Tag',
Leicht rollt es fort, das runde!
Humor sitzt warm im Herzen fest,
Wenn uns das kalte Geld verläßt;
Er kommt so leichtbeschwingt daher
Und cs geht manchmal ein so schwer —
„Darum sei vorangestellt,
Stets der Humor dem schnöden Geld.
Das Geld ist zwar ein ird'sches Ding,
Jedoch als nützlich zu betrachten;
Ein Thor, war es, als zu gering,
Wegwerfend wollt' verachten.
Wer viel davon besitzt, zumal
In schönem, sich'ren Kapital,
Und hat auch noch Humor dabei,
Dem blüh'n der Freuden mancherlei:
„Denn am besten ist's bestellt,
Wenn hübsch vereint Humor und Geld!"
Wer mittellos durch's Leben zieht,
Dem fehlt es wohl an manchen Dingen;
Doch kann er noch ein fröhlich Lied
Zu seinem Tröste singen,
Wenn ihm die Himmelsgabe bleibt,
Die bösen Mißmuth oft vertreibt
lind leichter trägt er seine Last,
Wenn er sie mit Humor erfaßt:
„Durch Humor — selbst ohne Geld —
Wird's Leben freundlich ihm erhellt!"
Doch wen, obgleich er viel gewinnt,
Die Sorgen täglich fast verzehren:
Wer immer nach dem Gelde sinnt,
Die Schätze zu vermehren;
Der Geizhals, der nur Zinsen kennt,
Weil mir's do grad vum Humor un Geld hawe, fällt
m'r dcß Brief'l ein, deß ich die Daag, gleich noch d'r Reichs-
daagswahl vun emme gute Freind aus'm Odewald dohinne
kriegt hab. Der schreibt in'r nämlich, d'r Herr Bürger-
monschter in ihrm sunscht recht wohlhabende un fromme Ort
hätt de Wähler un Nitwähler reschpektive emme Verein zu
verschtchn gewe, sie sollte sich deß Wein trinke noch un noch
abgewöhne, dann deß wär e Sünd un mit nüchterne Mensche
wär immer besser zu fuhrwerke, wie mit weinselige, seggtr,
Holt'r gsaggt; ich awer geb'm e poetischi Antwort, die em
mein Freind iwermittle kann, dann ich denk d'r gefchtrenge
Herr Bürgermonschter nimmt mich nit in die Hand, weil
mich d'r „Pälzer Bott" seit e paar Daag en — denkt euch
un kriegt Gänshaut — „National-liberale" Heeßt. Ich ärger
mich nit iwer de Pälzer hinkende Bott, dann der weeß ganz
genau, daß ich unparteiisch bin un bleib, un wann ken Mann
davun kummt, awer e treu deutsch's Herz hab un b'halt ich
aach un damit Punktum. Jaso schier hätt ich deß Lied'l an
de Herr Bürgermonschter vergesse, es heeßt also:
Das ist ein gar gestrenger Herr,
Der würd'ge Bürgermeister,
Maßregelt und bekämpft sogar
Des Weines lust'ge Geister,
Die voll Humor dem Rebensaft
In froher Stund entsprungen,
Wenn zum Gesang der Sängerschaar
Gefüllte Gläser klingen.
Wer da im lust'gen Liedchen singt,
Daß früher sonder Wanken
Die Mönche von Johannisberg
Den edlen Wein gern tranken,
Daß sie die süße Himmelsgab',
Die uns der Herr bescheerte,
Genossen frohen frommen Sinn's —
Dem schafft er viel Beschwerde.
Die Mönche von Johannisberg
Sind zwar schon längst verschwunden;
Sie führen keine Heber mehr
Und öffnen keine Spunden.
Dsch wären sie noch heute dort
Wo man nicht mehr soll trinken
Sie zögen sicherlich bald fort
Man brauchte kaum zu „winken!"
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Hruck und Verlag vsn Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
MUl
1887
Sonntag, den 2 Februar
Erscheint jeden -Sonntag als
Gratis Beilage.
MB
MD
Einzelne Nummern 5 Pfennig
mit Haupt-Blatt 10 Pfg.
!!IllII>IIIiIli»»IIIII>ttI'UIIttIIIIIIIII
bLLl-ätz ^sr, der Salon-Bandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.
24) (Fortsetzung.)
Die Rache, die sein Todfeind ihm geschworen, forderte
sein Blut. Seine Schuld heischte Sühne und sein Untergang
war besiegelt.
Schon grollte unter ihm der Vulkan, dessen Ausbruch
ihn vernichten und unter Trümmern begraben mußte.
Genau zu derselben Stunde, als Gant-de-Fer mit der
schönen Paqnita sein Haus in Passt; betrat, fand sich ein
Herr beim Kommandanten de Logny ein.
Es war der Barou dc Rollert.
Eloi öffnete ihm die Thür.
„Sie wünschen, mein Herr?" fragte er.
„Ich wünsche eine Unterredung mit dem Kommandanten
Herrn de Logny", antwortete der Unbekannte.
„Bitte, gefälligst einzutreten. Der Herr Kommandant
ist im Begriff auszureiten, wird aber zu Diensten stehen.
Der Unbekannte wurde in das Rauchzimmer geführt, wo
wir schon den Kommandanten mit Grafen de Ribauval und
dem Abt Beaucheue gesehen Haben.
Gleich darauf trat der Kommandant herein, worauf Eloi
sich zurückziehen wollte, aber zurückgerufen wurde durch den
Ruf des Unbekannten:
„Nur nicht zu hastig, Vater!"
Es war Bas-les-Pattes, welcher in der. Kleidung des
Barons dc Rollert das Theater Chatelet verlassen hatte.
„Wie Du bist es?" fragte Eloi verwirrt.
„Ich bin es," versetzte Bas-les-Pattes.
„Alle Welt! Wer würde Dich wiedererkannl Haben?
Herr Kommandant", fügte er, sich militärisch aufrichtend, hin-
zu, „cs ist mein Sohn, mein Allerweltsjunge !"
„Sie sind Derjenige?" fragte der Kommandant, „welcher
nns beistehen will, einen hohen Verbrecher unschädlich zu
machen ?"
„Ich habe die Ehre, Herr Kommandant."
„Und was können Sie für uns in dieser Angelegen-
heit thun?"
„Gestern sagte ich, daß ich Nachforschungen anstellen
würde, heute kann ich Ihnen mittheilen, daß ich bereits ge-
funden habe, was ich suchte, und daß ich die Frau dc Roque-
ville retten werde."
„Wie, Sie wissen Alles?" fragte Alphons de Logny.
„Alles! Der Graf de Ribauval liebt Fräulein Hortense
de Roqueville und hat um ihre Hand angehalten, die ihm der
Marquis auch versprochen hat, weil er ein Geheimniß er-
schlichen hat, das Letzteren verderben kann. Die Mutter des
Fräulein Hortense verweigert dagegen hartnäckig ihre Ein-
willigung, — aber der Graf dc Ribauval hält sie vermittelst
eines Briefes in Schach, den sie so unvorsichtig war, einen
ihrer intimsten Freunde zu schreiben, und womit der vornehme
Schurke nun die hohe Frau bedroht. Verhält sich nicht Alles
genau so?"
„Ja!" bestätigte der Kommandant. „Was beabsichtigen
Sie zu thun?"
„Darüber kann ich mich noch nicht äußern", versetzte
Bas-les-Pattes, „aber ich bürge für den sichern Erfolg. Ich
weiß Mittel den Grafen de Ribauval zu entlarven und seine
schändlichen Pläne zu Nichte zu machen. Vertrauen Sie mir.
Ich werde die Marquise dc Roqueville an ihrem Feinde
rächen !"
X.
Eines der berüchtigsten, vorstädtischen Vergnügungslokale,
welches im Jahre 1863 zu Paris existirte, heut zu Tage
jedoch von der Bildfläche verschwunden ist, war der von der
Polizei scharf überwachte, Renard'sche Tanz;aton.
Das Orchester, welches aus einem Violinspieler, einem
Posaunenbläser und einem Flötisten zusammengesetzt war,
hatte am Ende des Saales auf einer erhöhten Bühne seinen
Platz, von woher die grellen Mißtöne der Instrumente zu
dem Tänzer herniederschallten, die den unteren Volksklassen
angehörten.
In einem Winkel dieses Ballsaales saßen eines Abends
drei junge Männer um einen Tisch gruppirt, die im leb-
haftesten Gespräch begriffen, mit gleichgültigen Mienen die
Paare im rasenden Schnelltanze an sich vorbeischweben sahen.
Sie Hatten sich eine Flasche Wein dringen lassen und
dieselbe bereits geleert. Diese drei waren Stammgäste dieses
Salons und Hatten wenig einladende Physiognomien.
Sie hießen Marcassin, Verjus und Rudolph und waren
Diebe von Profession. Früher Hatten sie Gant-de-Fers Ge-
sellschaft angehört, aber letzterer hatte sie fortgejagt, weßhalb
Humor nit ausgcht, is dcß awer d'r Fall, no pfeif ich'm uff
sein Reichthümer, dann eener der keen Geld, dagege en
gsunde Humor hott, is zehnmool glicklicher, wie so en aus-
ghuzelter Geldsack. Also: Humor un Geld solle immer bei-
samme sein, Leitcher, merkt euch deß, ich will e Lied'l driwer
singe, damit ihr's besser im Gedüchtniß bhalte könnt:
Sich selber kein Vergnügen gönut,
Am Zahltisch sitzend starr und stumm
Die Wangen fahl den Rücken krumm —
Bleibt, weil flieht ihn der Humor,
Mit allem Geld, ein armer Thor!
Als jüngst in unsrer guten Stadt,
Gleich einem ewig frischen Bronnen,
Die Lust des Carnevales hat,
Für dieses Jahr begonnen,
Da sprach ein weiser Gast — ein Mann,
Dem unbedingt man glauben kann,
lind der in unsrer schönen Stadt
Den „Unterstützungswohnsitz" Hat:
„Sind vereint Humor und Geld,
Am besten ist's alsdann bestellt!"
Gepriesen sei drum im Gesang
Humor der lustige Geselle;
Gebührt auf unsrem Lebensgang
Ihm doch die erste Stelle!
Erscheint er zudem noch am Platz
Mit einem lieben, kleinen „Schatz,"
Und sollten es Banknoten sein,
Dann stimmt gewiß ein Jeder ein:
„Sind vereint Humor und Geld
Am Besten ist's alsdann gestellt!"
Humor, der froh das Herz erfüllt,
Vom Schöpfer gnädig uns verliehen,
Uns zu erleichtern süß und mild
Des Lebens schwere Mühen!
Wie wär es doch so schaal und leer,
Gäb's keinen Spaß auf Erden mehr,
Obgleich dabei zu jeder Frist
Ein bischen „Kleingeld" nöthig ist:
„Darum sind Humor und Geld,
Uns lieb und werth auf dieser Welt.
Was strenger Ernst auch sagen mag
Humor bleibt treu zu jeder Stunde,
Das Geld kann ausgeh'n alle Tag',
Leicht rollt es fort, das runde!
Humor sitzt warm im Herzen fest,
Wenn uns das kalte Geld verläßt;
Er kommt so leichtbeschwingt daher
Und cs geht manchmal ein so schwer —
„Darum sei vorangestellt,
Stets der Humor dem schnöden Geld.
Das Geld ist zwar ein ird'sches Ding,
Jedoch als nützlich zu betrachten;
Ein Thor, war es, als zu gering,
Wegwerfend wollt' verachten.
Wer viel davon besitzt, zumal
In schönem, sich'ren Kapital,
Und hat auch noch Humor dabei,
Dem blüh'n der Freuden mancherlei:
„Denn am besten ist's bestellt,
Wenn hübsch vereint Humor und Geld!"
Wer mittellos durch's Leben zieht,
Dem fehlt es wohl an manchen Dingen;
Doch kann er noch ein fröhlich Lied
Zu seinem Tröste singen,
Wenn ihm die Himmelsgabe bleibt,
Die bösen Mißmuth oft vertreibt
lind leichter trägt er seine Last,
Wenn er sie mit Humor erfaßt:
„Durch Humor — selbst ohne Geld —
Wird's Leben freundlich ihm erhellt!"
Doch wen, obgleich er viel gewinnt,
Die Sorgen täglich fast verzehren:
Wer immer nach dem Gelde sinnt,
Die Schätze zu vermehren;
Der Geizhals, der nur Zinsen kennt,
Weil mir's do grad vum Humor un Geld hawe, fällt
m'r dcß Brief'l ein, deß ich die Daag, gleich noch d'r Reichs-
daagswahl vun emme gute Freind aus'm Odewald dohinne
kriegt hab. Der schreibt in'r nämlich, d'r Herr Bürger-
monschter in ihrm sunscht recht wohlhabende un fromme Ort
hätt de Wähler un Nitwähler reschpektive emme Verein zu
verschtchn gewe, sie sollte sich deß Wein trinke noch un noch
abgewöhne, dann deß wär e Sünd un mit nüchterne Mensche
wär immer besser zu fuhrwerke, wie mit weinselige, seggtr,
Holt'r gsaggt; ich awer geb'm e poetischi Antwort, die em
mein Freind iwermittle kann, dann ich denk d'r gefchtrenge
Herr Bürgermonschter nimmt mich nit in die Hand, weil
mich d'r „Pälzer Bott" seit e paar Daag en — denkt euch
un kriegt Gänshaut — „National-liberale" Heeßt. Ich ärger
mich nit iwer de Pälzer hinkende Bott, dann der weeß ganz
genau, daß ich unparteiisch bin un bleib, un wann ken Mann
davun kummt, awer e treu deutsch's Herz hab un b'halt ich
aach un damit Punktum. Jaso schier hätt ich deß Lied'l an
de Herr Bürgermonschter vergesse, es heeßt also:
Das ist ein gar gestrenger Herr,
Der würd'ge Bürgermeister,
Maßregelt und bekämpft sogar
Des Weines lust'ge Geister,
Die voll Humor dem Rebensaft
In froher Stund entsprungen,
Wenn zum Gesang der Sängerschaar
Gefüllte Gläser klingen.
Wer da im lust'gen Liedchen singt,
Daß früher sonder Wanken
Die Mönche von Johannisberg
Den edlen Wein gern tranken,
Daß sie die süße Himmelsgab',
Die uns der Herr bescheerte,
Genossen frohen frommen Sinn's —
Dem schafft er viel Beschwerde.
Die Mönche von Johannisberg
Sind zwar schon längst verschwunden;
Sie führen keine Heber mehr
Und öffnen keine Spunden.
Dsch wären sie noch heute dort
Wo man nicht mehr soll trinken
Sie zögen sicherlich bald fort
Man brauchte kaum zu „winken!"
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Hruck und Verlag vsn Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
MUl
1887
Sonntag, den 2 Februar
Erscheint jeden -Sonntag als
Gratis Beilage.
MB
MD
Einzelne Nummern 5 Pfennig
mit Haupt-Blatt 10 Pfg.
!!IllII>IIIiIli»»IIIII>ttI'UIIttIIIIIIIII
bLLl-ätz ^sr, der Salon-Bandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.
24) (Fortsetzung.)
Die Rache, die sein Todfeind ihm geschworen, forderte
sein Blut. Seine Schuld heischte Sühne und sein Untergang
war besiegelt.
Schon grollte unter ihm der Vulkan, dessen Ausbruch
ihn vernichten und unter Trümmern begraben mußte.
Genau zu derselben Stunde, als Gant-de-Fer mit der
schönen Paqnita sein Haus in Passt; betrat, fand sich ein
Herr beim Kommandanten de Logny ein.
Es war der Barou dc Rollert.
Eloi öffnete ihm die Thür.
„Sie wünschen, mein Herr?" fragte er.
„Ich wünsche eine Unterredung mit dem Kommandanten
Herrn de Logny", antwortete der Unbekannte.
„Bitte, gefälligst einzutreten. Der Herr Kommandant
ist im Begriff auszureiten, wird aber zu Diensten stehen.
Der Unbekannte wurde in das Rauchzimmer geführt, wo
wir schon den Kommandanten mit Grafen de Ribauval und
dem Abt Beaucheue gesehen Haben.
Gleich darauf trat der Kommandant herein, worauf Eloi
sich zurückziehen wollte, aber zurückgerufen wurde durch den
Ruf des Unbekannten:
„Nur nicht zu hastig, Vater!"
Es war Bas-les-Pattes, welcher in der. Kleidung des
Barons dc Rollert das Theater Chatelet verlassen hatte.
„Wie Du bist es?" fragte Eloi verwirrt.
„Ich bin es," versetzte Bas-les-Pattes.
„Alle Welt! Wer würde Dich wiedererkannl Haben?
Herr Kommandant", fügte er, sich militärisch aufrichtend, hin-
zu, „cs ist mein Sohn, mein Allerweltsjunge !"
„Sie sind Derjenige?" fragte der Kommandant, „welcher
nns beistehen will, einen hohen Verbrecher unschädlich zu
machen ?"
„Ich habe die Ehre, Herr Kommandant."
„Und was können Sie für uns in dieser Angelegen-
heit thun?"
„Gestern sagte ich, daß ich Nachforschungen anstellen
würde, heute kann ich Ihnen mittheilen, daß ich bereits ge-
funden habe, was ich suchte, und daß ich die Frau dc Roque-
ville retten werde."
„Wie, Sie wissen Alles?" fragte Alphons de Logny.
„Alles! Der Graf de Ribauval liebt Fräulein Hortense
de Roqueville und hat um ihre Hand angehalten, die ihm der
Marquis auch versprochen hat, weil er ein Geheimniß er-
schlichen hat, das Letzteren verderben kann. Die Mutter des
Fräulein Hortense verweigert dagegen hartnäckig ihre Ein-
willigung, — aber der Graf dc Ribauval hält sie vermittelst
eines Briefes in Schach, den sie so unvorsichtig war, einen
ihrer intimsten Freunde zu schreiben, und womit der vornehme
Schurke nun die hohe Frau bedroht. Verhält sich nicht Alles
genau so?"
„Ja!" bestätigte der Kommandant. „Was beabsichtigen
Sie zu thun?"
„Darüber kann ich mich noch nicht äußern", versetzte
Bas-les-Pattes, „aber ich bürge für den sichern Erfolg. Ich
weiß Mittel den Grafen de Ribauval zu entlarven und seine
schändlichen Pläne zu Nichte zu machen. Vertrauen Sie mir.
Ich werde die Marquise dc Roqueville an ihrem Feinde
rächen !"
X.
Eines der berüchtigsten, vorstädtischen Vergnügungslokale,
welches im Jahre 1863 zu Paris existirte, heut zu Tage
jedoch von der Bildfläche verschwunden ist, war der von der
Polizei scharf überwachte, Renard'sche Tanz;aton.
Das Orchester, welches aus einem Violinspieler, einem
Posaunenbläser und einem Flötisten zusammengesetzt war,
hatte am Ende des Saales auf einer erhöhten Bühne seinen
Platz, von woher die grellen Mißtöne der Instrumente zu
dem Tänzer herniederschallten, die den unteren Volksklassen
angehörten.
In einem Winkel dieses Ballsaales saßen eines Abends
drei junge Männer um einen Tisch gruppirt, die im leb-
haftesten Gespräch begriffen, mit gleichgültigen Mienen die
Paare im rasenden Schnelltanze an sich vorbeischweben sahen.
Sie Hatten sich eine Flasche Wein dringen lassen und
dieselbe bereits geleert. Diese drei waren Stammgäste dieses
Salons und Hatten wenig einladende Physiognomien.
Sie hießen Marcassin, Verjus und Rudolph und waren
Diebe von Profession. Früher Hatten sie Gant-de-Fers Ge-
sellschaft angehört, aber letzterer hatte sie fortgejagt, weßhalb