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Heidelberg College [Hrsg.]
Alt-Heidelberg: Heidelberg College magazine — 1887

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- 56 —

Pexkeo


Ich hab euch am letschte
Samsdaag e Gschicht'l ver-
zeehlt vun emme mißhandelte
Kind. Heit bin ich in d'r
angenehme Lag, die Sach
durch die Mittheilung ergänze
zu könne, daß es Kind bereits
eweso gut uffghowe is, wie sein
Mutter — e armi Schuschters-
dochter ans Schpeier, die en
Goldfisch geangelt, um sich
dann vun de Dtenschtmädle
„gnädige Frau" anredde zu
lasse. Die Sach wär also
wie gsagt in Ordnung un
mir blieb narr noch eens iwrig
Leitcher; nämlich euch all de
innigschte Dank vun dem be-
treffende Kind, deß ich geschtern
cht un gschbroche hab, aus-
rücke, fsr die herzlich Theil-

nahm, die ihr an seim Schick-
sal genumme habt. 'S hott
sein Aermche um mein Hals
gelegt, wie ich's uff de Arm genumme hab un Hott weh-
müthig gsagt: „Ich dank dir kleener Perkeo un all deine
liebe Leser for die Theilnahm, die ihr mir entgegengebracht
Habt, vergelt's euch Gott allmitenanner." Die ärmschte Leit
hawe's gröschte Mitgfühl gezeigt in der Sach un deß Hott
mich gfreet im innerschte Herzensgrund. Weniger Herz for
Kinner scheint en gewisser evangelischer Pfarrer aus ere be-
nachbarte Gemeind for die Kinner — annerer Leit nämlich —
zu hawe, dann vun dem werd m'r e ganz sunderbar Stückche
verzeehlt. Do is nämlich aach so e arms Würmche uff die
Welt kumme un sein Vatter vor d'r Hochzeit niwer iwer's
Wässerle, so daß deß Kind weils also norr e Mutter ghat
Hott, im Haus vun dere ihre Eltern hott gedaaft Werre solle.
Non, obwohl deß arm Kind „geächt't" war, hawe sich's wie
deß uff'm Land noch e schöni Sitt is — die Verwandte nit
nemme losfe, an dere Daasfeierlichkeit Theil zu nemme. Wie
also eens zu dem Schtellvertreter Gottes un Verkündiger des
Friedens un d'r Nächschtelieb kummt, seggt er ganz unprieschter-
lich: „Ehe man mir die für eine Taufe üblichen Gebühren
richtig bezahlt hott, kann ich das Kind hier nicht taufen."
Die Gebühre mache nämlich e enormi Summ aus, drumm
kann mer's dem geischtliche Herr eigentlich nit verdenke, daß
er sich so drum gewehrt un se vor d'r Daaf verlangt Hott.
Non mein Hebamm, wo den Kroom bsorgt hott, is halt
eenfach vum Pfarrhaus zu de Elterc vum Vatter vun dem
Kind un Hott do norr die Fraa angetroffe, die ere aach gleich
die Gebühre in Höh vun 86 sage sechsunachtzig Pennig
gewe, damit's Ruh gewe Hott. 'S Kind is also dann richtig
gedaaft worre, awer seiner Großmutter die die 86 Pennig
hergewe hott, wär's schier schlecht gange, denn kaum Hott se
ihrm Mann wie er heem kumme is de Vorfall verzeehlt, so
is der aus Rand un Band kumme un hät se andem durch-
geprügelt — alles Wege 86 Pennig, die d'r geischtlich Herr
vor d'r Daaf vun emme arme Kind, deß gewiß nix dafor
kann, daß es illegitim is, verlangt Hott. 'S gibt ewe sünder-
bare. Kauz uff d'r Welt, deß seh ich grad widder vor meim
Feuschter, wo die Herrn Soldate wirklich vun Morgens früh
bis Owends gedrillt Werre, daß mer's als reinschti Ironie an-
steht, wann als Leit vun d'r 5. odder 6. Cumpagnie Sunn-
daags finge: „Saldateleben un das heißt luschtig sein" re.
Weil ich also däglich dem Leewe uff'm Exezier- reschpektive
Juwiläumsplatz zuseh, haw ich m'r die Zeit genumme e

Sammlung d'r „Erlebnisse eines Soldaten" anzulege, mit
der ich mein Leser doch aach bekannt mache will, Unter-
offizier: „Ich weiß gar nicht, was ihr eigentlich maschieren
Heißt! Gegen euch ist eine Schnecke die 'n Bein gebrochen,
ein wahrer Schnellläufer; das Bein kommt bei euch viel zu
langsam vor, das muß herausschnellen, wie ein „geölter Blitz."
Gefreiter bei den Rekruten: „Herr Unteroffizier, ich weiß
nicht, woran es liegt, daß diesem Manne kein Helm sitzen
will?" Unteroffizier sich Mann und Helme ansehend, nach
kurzer Pause: „Woran das liegt? die Helme find alle recht;
der Kerl hat nur einen verdammt unvorschriftsmäßigen Kopf."
Unteroffizier: „Mensch, wenn du so lang wärest, als du
dumm bist, so müßest du deine Hände in der Dachrinne der
Heiliggeistkirche waschen können" Unteroffizier: „Warum
trägt der Soldat, wenn er feldmäßig ausgerüstet ist eine
Feldflasche bei sich?" Erster Rekrut: „Um sich einen Schnaps
mitzunchmen." Zweiter: „Um unterwegs zu trinken." Ein-
jähriger: „Zur Aufbewahrung geistiger, respektive stärkender
Getränke." Unteroffizier: „Sehr schön gesagt, aber allens
nich richtig." „Der Soldat hat die Feldflasche, weils vorge-
schrieben ist." — Unteroffizier zu einem Rekruten, der kurz
geschorene Haare trägt: „Wenn sie morgen wieder mit so
kurzen Haaren kommen, so wandern sie 3 Tage in Arrest,
merken sie sich das." — Unteroffizier: „Wenn ich von ihm
eine Auskunft verlange, so hat er's Maul zu halten, bis ich
ihn frage, denn wenn ich seinem Blödsinn freien Lauf ließe,
so könnte man meinen er sei Unteroffizier und ich Rekrut."
— Unteroffizier zu dem exerzierenden Rekruten: „Will er
wohl stramm marschiren und die Beine durchdrücken! Er
hopst ja gerade wie ein verliebtes Krokodil in der Tanz-
stunde. Feldwebel: „Himmelschockschwerenoth steht der Kerl
wieder da, wie das Orakel von Delphi, wenn es Leibschmerzen
Hat." — Commandirender bei der Inspektion: „Meine
Herrn, zu meinem Leidwesen muß ich bemerken, daß viele
der Herren Unteroffiziere sich das Tragen von Vollbärten
gestattet. Um nun die dadurch dermalen mit den Herren
Offizieren bestehende Gleichheit zu stören, wird Befehl erlassen,
daß den Unteroffizieren von heute ab das Tragen von Voll-
bärten nur noch „außer Dienst" gestattet ist."

Arithmogryph
von
Wertya Dürr.
1, 2, 3, 3, 4, 5 — Ein fürstliches Geschlecht in Schwaben.
5, 6, 7, 4 — Eine Blume.
8, 9, 10, 4, 5, 11, 12, 13, 4, 9 — Eine Stadt in der Schweiz.
10,5, 14,15,16,10, 16, 6, 9, 3 — Verbindung von drei Vokalen.
16, 6, 11, 11, 4 — Eine deutsche Gottheit.
17, 12, 18, 16, 10 — Ein Fahrzeug.
6, 16, 5 — Theil des menschlichen Körpers.
1, 5, 14, 19, 4, 5, 14, 13, 4 — Ein weiblicher Vorname.
7, 10, 2, 10, 10, 3, 12, 5, 10 — Stadt in Württemberg.
7, 18, 16, 11, 8, 10, 10, 7, 18, 16, 2, 16 — Ein Fahrinstrument.
12,2,5, 8, 11, 11,12,18—Geburtsort des Papstes Sylvester II.
3, 2, 20, 20, 8 — Eine südliche Pflanze.
4, 8, 19 — Eine Versicherung.
Die Anfangsbuchstaben von oben nach unten ergeben
den Namen eines Gedichtes; die Endbuchstaben von unten
nach oben den Verfasser desselben.

MthseL-Irage.
Es geht nicht, es läuft, es läuft nicht, es springt, es
springt nicht, cs hüpft. Was ist das?

Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.


Erscheint jeden -Sonntag als
Gratis Beilage.

! Einzelne Nummern 5 Pfennig r
,). <tprtt. mit Haupt-Blatt 10 Pfg. Loo«.

^ 14

^Mt-äs-I^r, der Salon-Bandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.

29) (Fortsetzung.)
Aber geschickt wich dieser ihm aus und ruhig die Arme
verschränkend, sprach er mit höhnischem Lächeln:
„Mäßigen Sie sich, Herr Graf. Ein Mord an mir,
würde Ihren Ursprung und ihre gewohnte Beschäftigung
verrathen. Ist das die Art und Weise, wie ein Gentlemann
sich zu benehmen pflegt? Verhandeln Sie freundschaftlich mit
mir! Es wird das Beste für Sie sein, Herr Graf!"
Mit diesen Worten ließ der Sprecher sich, wie wenn
nichts vorgefallen wäre, wieder auf den Sessel niedergleiten,
dem Grafen durch eine Handbewegung andeutend, ebenfalls
Platz zu nehmen. Erkennend, daß er seinen Meister gefunden,
sank dieser wie willenlos auf seinen Sitz zurück.
„Lassen Sie uns kurz mit einander reden," stieß Ribau-
val, sich bezwingend, Hervor. „Was wünschen Sie von mir,
und wer sind Sie?"
„Ah, verzeihen Sie mir," erwiederte der Baron spöttisch,
„Ich bin Ihnes gegenüber offenbar im Vortheil, denn ich
kenne Sie und alle Ihre Missethaten, während Sie mich
noch nicht kennen. Wer ich bin? Sie werden es früh genug
erfahren, wenn der Augenblick dazu gekommen sein wird.
Ich werde mich Ihrem Wunsch gemäß, kurz fassen. Sie
lieben mit einer beinahe an Wahnsinn grenzenden Liebe ein
junges, schönes und reiches Mädchen. Um sie zu besitzen,
würden Sie vor keinem Verbrechen zurückbeben. Sie leben
einzig und allein in der Hoffnung, eines Tages von ihr erhört
zu werden, und Sie würden sich für den unglückseligsten
aller Sterblichen halten, wenn Sie erführen, daß dieses an-
betungswürdige Wesen einem Anderen angehörte. Das Mäd-
chen, welches Sie lieben, ist das Fräulein Hortense de Roque-
ville. Lange suchten Sie es zu verbergen, aber das Feindes-
auge sieht scharf und eben aus dieser Ursache triumphire ich
Heute über Sie —"
„Sie sind mein Feind?"
„Ihr unversöhnlichster Feind ?"
„Woher stammt diese Feindschaft? Ich kenne Sie nicht?"
antwortete Ribauval.
„Sie äußerten doch beim Anfang unseres Gesprächs,
daß wir uns schon lange kennen müßten . . ."

„Nur Geduld, Sie sollen Alles erfahren! Sie lieben
das Fräulein de Roqueville. Sie Haben sich fest vorgenommen,
sie zu heirathen und waren in dieser Beziehung so weit vor-
geschritten, daß sie sich schon für ihren Bräutigam Halten
konnten. Zum Glück für den Frieden dieser Familie wird
das heutige Fest Sie überzeugen, daß Ihre Pläne gescheitert
sind: Fräulein de Roqueville wird den Mann heirathen, den
sie liebt, — den Maler Henri Dalberg!"
„Sie sind ja vortrefflich informirt!" versetzte Ribauval.
„Ich sehe indeß nicht ein, was Sie, mein unversöhnlichster
Feind, mit dieser Familie-, oder vielmehr Herzensangelegen-
heit zu thun Haben können."
„Ich werde Ihnen alles erklären," unterbrach der Baron
ihn. „Ich hasse sie und bin bereit, mein Leben zu opfern,
um über Sie zu triumphiren. Ich könnte Sie auf der
Stelle tödten, aber ich will, daß Sie vor ihrem Ende Folter-
qualen erdulden. Das Erste, was ich that, um Sie aus
den Tod zu treffen ist, daß ich ihnen das Fräulein de Roque-
ville entriß!
„Sind Sie dessen gewiß, daß cs Ihnen gelungen ist?"
fragte Ribauval.
Er betonte diese Worte so scharf, daß der Baron einen
Augenblick an seinem Erfolg zweifelte. Aber auch nur einen
Augenblick, dann erwiderte er fest:
„Allerdings, denn schon nach Verlauf von vier Wochen
wird Sie die Gattin Henri Dalbergs werden."
„In vier Wochen können Monarchien stürzen, Sie
glauben mich besiegt zu Haben, mein Bester, aber sie Haben
dennoch verloren! Sie wissen allerdings ein Geheimnis, welches
mir zum Verderben gereichen kann. Machen Sie davon
Gebrauch, und Ihre Schützlinge, das schwöre ich Ihnen,
werden rettungslos verloren sein!"
Stützen Sie sich mit dieser Drohung auf gewisse Papiere,
in deren Besitz sie sich zu setzen gewußt Haben, um sich die
Erreichung Ihres gesteckten Zieles zu erzwingen?"
»Ja."
„Sie wollen Frau de Roqueville und ihren Gemahl
verderben ?"
„Unerbittlich !"
„Ich trotze Ihnen!"
Ribauval war stutzig. Doch kühn bot er seinem Gegner
die Stirn.
„Es ist vergeblich," sagte er, „diese Papiere —"
 
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