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— 132 —

Perkeo.


„kro nLilo" Hott seiner
Zeit d'r deisch Gsandte un
edle Vatterlands - Verräther
Graf Arnim gschriewe, wie
en unser großer Reichskanzler
durchschaut un zum Deifl ge-
jagt ghat Hott. Ja des „?ro
iriüilo" hott schun manch-
mool trotzdem 's uff deitsch
„um Nichts" heeßt e ganz
großi, nit geahnti Bedeutung
ghat im bolitische wie im ge-
wöhnliche Lewe. Wie ich die
Dääg deß saftig Artikelche
im „Pälzer Bott" un ditto
d'r „Neue badische Landes-
Zeitung" iwer deß großartig
Verbreche, deß sich en Cor-
schtudent im Hiesige Amthaus
schulde Hott kumme losse
"gelese, haw ich unwillkürlich
°am Arnim sein ?ro wLilo
.denke müsse un Eem, wo mich
gfroogt hott, warum ich grad
iwer deß Borkommniß schweige dhät zur Antwort gewe:
„Höre se emool Better, wann en voller Schtudent im Haus-
gang vum Amthaus emme Herr, den er nit kennt deßhalb e
Ohrfeig gibt, weil er nimmi weß Wu er is, un sich iwer-
Haupt in Nothwehr glaabt, kann ich nix davun verzeehle,
weil so e Situazion for mich e iwerwunnener Schtandpunkt is
un die Weiterverzeehlerei vun so emme allerdings recht un-
angenehme Vorfall die allerschlimmschte Folge for unser Schtadt
hawe könnt. Der Corschtudent, der in seim Brand sich so
weit verschtiege Hott kriegt sein Schtroof un do mit Basta.
Aus cre Muck en Elephant mache gibts nit, dann sunscht
könnt's uff enmool heeße die Corps setze unser Schtadt in
Verschiß, wie's schun emool d'r Fall war, un was wär dann?
Sag eener was er will: Handels- odder Gewerbeschtadt gibt
Heidelberg seiner Lebdaag nit, ewesowenig Fremdeschtadt,
also is un muß es narr Universitätsschtadt bleiwe un zwar
die altrenommirt frei Universitätsschtadt als die se in all
denne ehemalige Schtudente vum ächte Schrod un Korn ihrer
Erinnerung lebt. Weller „Kauz" unner de Schtudente war
nit in Heidelberg? Hier sinn's Schtudente un wu annerscht
schtudire grad die junge Herrn, die entweder in ere goldene
Wieg uff die Welt kumme sin, odder sunscht de Werth der
„Nuperto Carola" dere alt ehrwürdige Matrone zu schätze
wisse. Macht emool eener vun denne Jünger d'r Wissenschaft
en jugendliche Fehltritt, warum soll m'r deß do gleich noch ärger
mache un an die groß Glock hänge, wie wann der odder jener Früh-
schtückler emool drei Schweinerippche odder „Quellfleesch"
ißt, schtatt norr zwee? M'r müsse nen all flattiere, de
Musesöhn, obs Corps- odder Nitcorps-Schtudente sin un gar
ken Ausnahm mache, wann Alt-Heidelberg deß alt hochge-
achtet un beliebt Rauf- un gemüthlich Schtudirnescht bleiwe
soll, deß es seit langer Zeit un zwar nit zum Schade d'r
Einwohnerschaft is. Flattirt m'r ene nit, legt ene dagege
Hinnerniffe in de Weg, odder macht se sunscht mißmuthig,
so kann Heidlberg iwer Nacht ewe aach von Wege dem „?ro
nillilo" um Viel kumme un e manchi Familie sowie manchs
Gschäft in e elendi Batsch gerothe un zwar als Wege dem
.,?ro nLilo" odder „um Nichts". Daß dir Nitcorschtudente
grad so, odder in gewisser Beziehung noch mehr zu reschpektire
sin schteht fescht, dann unner denne Hotts grad so „beduchte",
begabte, un zum mindeschte fleißige Akademiker un daß se
uewebei Herz hawe wie selte en Coipsschtudent beweist, deß

eenfache Versl vun emme Burscheschafter, deß er beim Ab-
schied d'r Universitätsschtadt gewidmet Hott. Wie's dem
Francon gfalle hott, un wie schwer em d'r Abschied worre
is, bschreibt er in ere Weis, wies en Corpsschtudent gar nit
fertigbringt, weil er sich vor lauter „Komman" so edle Re-
gunge unmöglich hingewe kann. Dem brave, deitsche Muse-
sohn sein Scheidegruß heeßt:
Alleine bin ich fortgewallt,
Hab' Abschied nicht genommen;
Ein gar zu tiefes, bitt'res Weh
Hat da mich überkommen.
Alleine bin ich fortgewallt,
Mein Auge schwamm in Thränen;
Zum Schmerz der Trennung mischte sich
Ein hoffnungsloses Sehnen.
Ein Sehnen nach'm Neckarstrand,
Nach den enischwundnen Tagen,
Da ich das theure Burschenband
Mit Lust und Stolz getragen.
Da noch aus Heit'rem Jugendfinn
Manch toller Streich erblühte,
Da noch aus reicher Pantasie
Manch' Ideal erglühte.
Die Lust ist kurz, der Schmerz ist lang;
Fort, fort, ans andren Wegen!
Fort, fort, dem widrigen Geschick
Dem grausamen entgegen!
Und schaffen, schaffen ist mein Loos,
Mein Blick, hascht stets das Neue;
's ist gut! so bleibt mir wen'ger Zeit
Zum Trauern und — zur Reue.
Nur manchmal noch in stiller Nacht,
Schlaflos vor Sorg' und Kummer,
Dann steig empor ein freundlich Bild
Und wiege mich in Schlummer.
Ein Bild ächt Heidelberger Lust
Aus den entschwund'nen Tagen,
Da ich „Franconia's" Burschenband
Mit stolzem Sinn getragen.
Nun ist mein Auge rothgeweint,
Lebt wohl auf lange Dauer!
Seid glücklich! Mich entführt mein Loos
Zu Sorge, Last und Trauer.

Auflösung der Charade in voriger Nummer:
Wild — Wilddieb — Wilddiebstahl.
Richtig gelöst von: R. Reinecker, Andreas Bacher, und Johann
Knipser hier, Käthchen Schmitt und Fräulein Marie Steinel hier.

Auflösung des Citaten-Räthsels in voriger Nummer:
Rosen pflücke, wenn sie blühn,
Morgen ist nicht Heut,
Keine Stnnde laß entfliehu,
Flüchtig ist die Zeit!
Richtig gelöst von: R. Reinecker, Andreas Bacher und Johann
Knipfer hier, Heinrich Bopp von Lahr und Kätchen Schmitt hier.
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.


Um Rang und Reichthum.
Dem Englischen frei nacherzählt von Leo Sonntag.
13) Fortsetzung.
Es könnte leicht geschehen, ohne daß der Herr Marquis
belästigt würde, gnädiges Fräulein, wenn Sie es wirklich
wünschen."
„Warum sollte ich es nicht wirklich wünschen? Was für
merkwürdige Dinge Du redest, Patti, und wie sonderbar Du
mich immer ansiehst! Was willst Du nur? Uebrigens fühle
ich mich heute viel wohler, als die ganze Zeit. Jetzt aber
muß ich mich rasch anziehen, denn um zehn Uhr kommt
Monsieur George zu meiner Zeichenstunde."
Monsieur George kam, und nachdem die Zeichenstunde
vorüber war kam die Comtesse, um der jungen Dame bei-
zubringen, wie man sich benehmen müsse, wenn man bei Hofe
vorgestellt werde. Nach beendigtem Unterricht fühlte sich
Lady Laura sehr müde und angegriffen und schellte Pattie.
„Bringe mir ein Glas Orangeblüthewasfer, Pattie, ich
ühle mich so abgespannt."
Als Pattie zurückkehrte, stand ihre Herrin gegen den
eleganten Kamin gelehnt. Sie nahm das Wasser aus ihrer
Hand, trank es aus und dann plötzlich, ohne ein Wort, ohne
einen Schrei sank sie zu Boden. Das erschrockene Mädchen
eilte auf sie zu, hob sie auf und legte sie auf das Sopha.
Dann rang sie verzweiflungsvoll die Hände.
„Ich wußte es," sagte sie zu sich, „ich war sicher, daß
es so sei. Was soll ich jetzt thun? Wäre ich nur nie hier-
hergekommen! Und doch, das arme Fräulein wird jetzt eine
Stütze nöthig Haben. Ich will sie nicht verurtheilen; ich
kenne ja ihre Lebensgeschichte nicht. Ich glaube, es ist manche
dunkle Stelle darin, die selbst der Herr Marquis nicht kennt."
Nach einigem Bemühen gelang es ihr, die junge Dame
wieder zu sich zu bringen.
„Ick bin wohl sehr unwohl gewesen, Pattie?" fragte sie.
„Ja sehr, gnädiges Fräulein."
„Ich begreife gar nicht, was mir fehlt," fuhr Lady
Laura fort.
„Wenn ich Ihnen rathen darf," meinte Pattie, „so gehen
Sie heute nicht zum zweiten Frühstück hinunter, sondern nehmen
es in ihrem Zimmer ein und dann ruhen Sie ein Wenig.
Ich werde dem Herrn Marquis sagen, daß Sie sich über-
müdet Haben und der Ruhe bedürfen."

Laura fühlte sich zu angegriffen, um irgend welchen
Widerspruch zu erheben, und so geschah es, wie Pattie vor-
geschlagen.
Gegen Abend, als der Marquis ausgegangen, trat Pattie
in das Zimmer ihrer jungen Herrin. Lady Laura lag auf
dem Sopha, ein Buch in der Hand, das Bild des Luxus
und der Behaglichkeit. Sie sah viel besser aus, als am
Morgen, und Pattie wußte nicht recht, wie sie ihre Unter-
haltung beginnen sollte. Endlich trat sie leise an Lady
Lauras Seite.
„Gnädiges Fräulein," sagte sie, wollen Sie ausführen,
wovon wir heute Morgen sprachen und einen Arzt zu Rathe
ziehen?
„Ja Pattie, das will ich, die Ohnmacht erschreckt mich;
gewiß ich will einen Arzt befragen."
Aber Pattie war noch nicht zufrieden.
„Fräulein," fuhr sie fort, würden Sie es mir sehr übel
nehmen, wenn ich Ihnen einen Vorschlag machte?"
„Durchaus nicht, rede nur."
„Es gibt viele englische Aerzte in Paris; ich glaube,
es wäre besser, wenn Sie zu einem von diesen gingen."
„Natürlich, ich kann ja gar nicht genug Französisch, um
mich einem Franzosen verständlich zu machen."
„Und gnädiges Fräulein, wenn Sie meinen Rath noch
weiter befolgen wollen, so gehen Sie nicht als Lady Laura,
Bourdon, sondern unter irgend einem unbekannten Namen."
Erstaunt blickte die junge Erbin auf: „Warum?"
„Ach Fräulein, liebes gnädiges Fräulein, wenn Sie nur
folgen wollten! Sie sehen, ich habe so viel mehr Lebenser-
fahrung, als Sie. Lady Laura lächelte. „Das will ich nicht
leugnen, aber was Hat Deine Lebenserfahrung mit meinem
Unwohlsein zu thun?"
„Ach thun Sie mir den Gefallen! Gehen Sie im ein-
fachen Kleide, nehmen Sie einen Fiaker und nennen Sie
Ihren wahren Namen nicht."
„Nun, wenn es Dir ein so großer Gefallen ist, will
ich es thun; Du mußt mir aber auch einen vernünftigen
Grund dafür angeben."
„Gewiß, gnädiges Fräulein. Ich Halte Sie für ernst-
lich krank, und glaube, daß Sie vernünftiger ärztlicher Rath-
schläge bedürfen. Wenn Sie nun als vornehme Dame zu
dem Arzte gehen, so wird er sehr höflich und zuvorkommend
sein, Ihnen aber nicht die Wahrheit über ihren Zustand
fazen. Gehen Sie als einfache unbekannte Person, f» fa^r
 
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