— 72 —
Perkeo.
Männer, morge is also
erschter Mai-Sunndaag. D'r
Frühling is also do un m'r
kann in de letschte Daage 's
Gras nit norr wachse höre,
sundern aach wirklich wachse
sehe. Gott sei Dank, daß
m'r hier nit in Hockene sin,
dann dort is es wohl recht
ländlich, idyllisch, awer nix
weniger, wie romantisch. M'r
sin halt doch die vun unserm
Herrgott in jeder Weis bevor-
zugte, dann uns Hott'r e Gegend
gschenkt, die nit umsunscht vun
de Dichter un Sänger ver-
herrlicht un vun de Fremde
vergöttert werd. Bei dere
schöne Lag vun Heidlberg is
es awer aach gewiß nadier-
daß die Einwohner, so-
bald se en orndliche Haufe
„beduuckte" Schtudente un
sunscht noch e reschpektables
Kundingent ewe so beduuchte Fremde in ihre Maure sehe, e
fideles Volk is, deß liewer drei Daag lacht, als vier Woche
kreint. Gewöhnlich lacht die Gegend awer aach mit un do-
dervun kummt der richtige Ausdruck „e lachendi Gegend,"
der schun zu Chorferschtszeite im Gebrauch war. Newe
emme gute Wick'l un ditto „Schtoff" sin es awer aach ver-
schiedene Beluschtigunge, die d'r Heedlberger liebt, so 's Fauscht
im Sack mache un dazu schänne wie en Rohrschbatz, wann
die's nit höre, die's angeht, dann 's Schteuerzahle, bei de
ewe so bekannte wie trotzdem vielbsuchte auswärtige Werrth
sich die Haut iwer die Ohre ziehe losse, Soloschpiele,
Kegle, Schnuppe aus anner Leit ihre Düse, Schtroßeuffreiße
un ähnliche Beluschtigunge mehr. Bsunders is es 's Schtroße-
uffreiße, deß eene en ganz außerordentliche Schpaß macht, so
daß die Schtadtrooths-Kandidate ihre Wähler schun jahrelang
voraus verschpreche, daß, wann se in de Schtadtrooth lumme, alle
Woch mindeschtens zwee Schtroße uffgerisse werre müsse,
dann deß imponirt de Fremde un zeigt vun Wohlschtand.
En ganz bsunderer Genuß for uns Heedlberger is awer
so e Landparthie in Gsellschaft zahlreicher guter Freind. M'r
find't sich Sunndaags, odder amme Feierdaag zu d'r ab-
gschprochene Schtund uff'm Haupt- odder Karlsthor-Bahnhof
zamme, bringt nadierlich 's bessere Aussehens, d'r Ruh, un's
höhere Naturgenusses Wege, die ganz Menascherie mit, schteigt
in e Kubee un baßt uff, daß eem keener vun denne Wergl
Miner de Zug kummt, odder sunscht in d'r Eil vergesse werd
uns „Nochbrülle" Hott. Jeder schteckt sich dann, wann en
Nudl, die anner Nudl, die im gleiche Wage sitzt, ghörig ange-
guckt un sein Dheel gedenkt hott, en Klimmschteng'l an, so
daß sich der Raum bald mit dem himmlische un balsamische
Dust erfüllt, der so ere rechte un ächte Pälzerhawanna zu
enlschtröme un männiglich 's Herz, die Seel un for allem 's
Geruchsorgan zu ergötze pflegt. M'r schließt selbschtver-
schtändlich die Fenschtere, um e Daam aus d'r Semmels-
gafs', odder sunscht so erre Hotwollä-Gegend jo nit d'r Gfahr
ere „Erkältung" auszusetze un annererseits de Dust nit zu
verliere; jeder freet sich iwer den Schpaß den er Hott, weil
die Nochbare sein Duwack rieche müsse. Am Ort d'r Bschtim-
mung — Schlierbach, Neckargemünd, Eppele, Kerche ezetera,
ezetera — ankumme, sucht m'r sich e zugfreies Werrthslokal
raus, deß m'r aach glicklich find't, setzt sich in e Eck un
schbielt Schcaat, dieweil Weib nn Kind 's zugucke, un somit
aach en Genuß vun dem Ausflug hawe, bis zum letschte
Zug, mit dem m'r Widder heemfährt, um schnell noch en
Schoppe in d'r Schtammkneip zu trinke un noch de Eens nit
Heemzukumme vun Wege d'r Bolizeischtund, die bekanntlich ke
Gold im Mund Hott. De Reiz vun so erre Parthie kann
m'r schwer schildere un en Uneingeweihter vermag en aach
gar nit zu würdigen. E anneres Vergnüge biete dann die
Waldparthien. Unser vun de Heedlberger Ausflügler bsuchte
Wälder hawe in de letschte Johre große Verschönerunge er-
fahre. D'r Verschönerungsverein Hott Ruhbänk, Schutzhäusle.
und Wegweiser uffgschtellt, wodurch viel Unglück verhüt't
werd, wie's in früherer Zeit häufig vorkumme is, daß ver-
irrte Wanderer noch denne wenige Werrthshäuser im Wald
vergewens gsucht un hawe elend verschmacht't sind. Wer e
bißl uffpaßt, bricht aach nit 's Gnick, wann er uff d'r Kutzl-
heck e Picknick einnimmt, odder sunscht en Walzer macht.
Wie gsagt, heit is die Sicherheit noch alle Seite nit norr
garantirt, sundern aach die Verzierung un Bequemlichkeit d'r
Wälder soweit gediehen, daß norr ganz Anschpruchsvolle noch
mehr verlange könnte drinn, wie z. B. Regeschirmhalter,
Schpucknäpf odder Hersch un Reh aus Häfnersborzlan un
naturgetreu angschtriche, wie se als in Inserate empföhle
werre. Wie gsagt, m'r könne uns nit beklage, drum nix
wie naus zu so erre Land- odder Waldparthie Leitcher, deß
schtärkt die Nerve un gibt neue Lewensmuth. Nix wie naus un
Lewensmuth gholt! Jaso, d'r Herr Schnäwele, obwohl deitschs
un zwar Württeberger Blut in seine Ödere fließt, weil sein
Großmutter vum schwäwische Schwarzwald war, en ächter
Schtockfranzos, Deitschefresser un gewerbsmäßiger Schpion
zugleich, hott aach Widder Hoffnung, bald rausgeloßt zu
werre aus dem Käfig, in den en d'r deitsch Bolizeikummissär
Gautsch driwe an d'r französische Grenz im Reichsland ge-
lockt Hott. Ja des verfluchte Schnäwele hott ganz Europa
durchenanner gemacht, un warum? Darum! Damit jedem
meiner liewe Leserinne un Leser der Schnäweleskroom ktor
werrd, loß ich e Gedicht'l folge, deß m'r die Daag in die
Händ gfalle is, es Heeßt:
„Wer ist wohl Herr Schnäbele?
Sicherlich ein Schwäbele,
Ganz gewiß am Neckarstrand —
War's, wo seine Wiege stand."
Wird der Leser mir erwiedern;
Denn nur in dem Land der biedern
Schwaben giebt es Namen, die
So voll Klangespoesie!
Die an Spätzle so gemahnen,
Und was sonst dem Magen frommt;
Ja bei denen uns ein Ahnen,
Wie von Knödeln überkommt.
Aber lieber Leser, nein!
Du mußt gütigst mir verzeih'n,
Denn die Sache is kurios,
Schnäbele ist — ein Franzos;
Außerdem ist er dabei:
Kommissär der Polizei;
Und er hat wohl in den langen
Jahren seiner Thätigleit,
Manches Vögelein gefangen,
Das sich wähnt in Sicherheit.
Un nun sitzt er ach, wie bitter,
Selber Hinter Schloß und Gitter;
Weil in seinen freien Stunden,
Er Spion war, obendrein,
Grub mau für den säubern Kunden,
Eine Grube — wie gemein!
Schnäbele, der ahnungslose,
Biedere brave Urfranzose,
Ging spazieren ruhig, autsch!
Da ertappte ihn Herr Gautsch;
Führt ihn schleunigst in „Prison";
Schnäbele das kommt davon!
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
W 18 ^^"«— Sonntag, den is. Mai. ^n°«7ti°^ 1887.
0uut-ä6-^6r, der Salon-Bandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.
33) (Fortsetzung)
„Paquita ist todt, — ermordet von dem Grafen de
Ribauval. Kommen Sie, ich werde Sie zu dem Leichname
Ihrer Tochter führen!"
Und mit diesen Worten nahm er des Marquis Arm
und trat mit ihm in das Zimmer zurück, wo die unglückliche
Paquita kurz zuvor ihren letzten Seufzer ausgehaucht Hatte.
„Hier sehen Sie ihre Tochter!" sprach Batard. Ueberrascht
erkannte der Marquis Paquita, die schöne Schauspielerin.
„Aber das ist doch nicht mein Kind!" sties er Hervor. „Sie
ist Ihre Tochter, sie ist Paquita, deren Vater Sie sind."
„Ich — Paquita's Vater? Ich?" „Ja, Sie! Paquita und
ich, wir sind Ihre Kinder, die von Ihnen gewissenlos ver-
lassen wurden, aber die berechtigt sind, Ihren Namen niemals
zu führen. Seit zehn Jahren suche ich nach Ihnen, Vater,
um Sie zu bestrafen und mich zu rächen, wie Sie es ver-
dienen. Und endlich finde ich Sie unter den entsetzlichsten
Umständen. O, ich habe lange darüber nachgegrübelt, wie
ich mich an Dir rächen könnte, Elender, wenn ich mit Dir
zusammenträfe. Aber eine so entsetzliche Strafe hätte ich
mir doch nicht träumen lassen. Deine Tochter Hortense ist
in den Händen Gant-de-Fer's, des Banditenkönigs, meines
Herrn. Deine Tochter Paquita ward durch ihn meuchlings
ermordet. Nur ich bin frei, um Dich zu züchtigen, wie es
Du verdienst!" „Erbärmlicher! Ja, ein Erbärmlicher mag
ich sein, aber wer von uns Beiden ist der Nichtswürdigste?
Wer hat mich zu dem gemacht, was ich bin? Du — ganz
allein! So empfange Deinen Lohn der Missethaten, wie Dir
er gebührt und fahre zur Hölle!" Und mit einem Handgriff
Hatte der gleichsam Rasende einen Revolver hervorgeholt, aus
den Marquis gerichtet und preßte den Finger auf den Drücker.
Noch eine Sekunde — und der Marquis taumelte leblos
zurück. In demselben Augenblick aber ertönte ein zweiter
Schuß und auch Batard, von einer Kugel mitten ins Herz
getroffen, sank zu Boden. Es war Coupe Vent, den seine
Polizisten im Erdverließ aufgefunden und befreit Hatten und
der nun im kritischten Augenblick erschienen war, um den Marquis
zu befreien, auf den Batard geschossen Hatte. Mit Entsetzen sah er
Vater und Sohn neben einander leblos am Boden liegen. Und jetzt
j traf sein Auge die Paquita, todt hingestreckt in ihrem Blute.
Welche Opfer Hatte die letzte Stunde gefordert! Erschüttert
stand der sonst so starke Mann. Aber kein Zögern gab es.
Edleres Wild gab es zu erjagen: Gant-de-Fer! Um keinen
Preis durfte er entkommen und Hortense mußte gerettet
werden, oder Alles war umsonst gewesen! umsonst und ver-
loren auf immer.
XVI.
Inzwischen war Gant-de-Fer mit seiner kostbaren Last
in den Park entflohen, den der bereits grauende Morgen in
ein ungewisses Dämmerlicht hüllte.
Jeder Ausgang des Hauses war von Polizeibeamten
besetzt, so daß Jedes Entkommen Gant-de-Fers abgeschnitten
erschien. Der Banditenkönig Hatte indessen das Dickicht des
umfangreichen Parkes erreicht, als das junge Mädchen plötz-
lich unerwartet die Augen öffnete und, sich in den Armen
ihres Entführers erblickend, einen Schrei ausstieß.
Mit rascher Hand riß Gant-de-Fer die Schärpe, welche
ihre Schultern umhüllte, ab und verschloß ihr mittelst
derselben den Mund, ehe sie noch einen Schrei wiederholen
konnte.
Sein Opfer so gefesselt eilte er in der Richtung des
Pförtchens, auf das er alle seine Hoffnung setzte und welches
er um jeden Preis vor seinen Feinden erreichen mußte, davon.
Plötzlich ließ ein Geräusch ihn zusammenschrecken.
Kaum zehn Schritte von ihm entfernt, sprachen zwei
Männer mit einander. Um besser horchen zu können, lehnte
er sein Ohr an die Erde, allein er konnte, wie scharf er
auch lauschte, weder das was sie sagten, verstehen, noch die
Stimmen der Redenden erkennen.
Seine Sicherheit erheischte indeß, Beides zu wissen.
Um das zu erreichen, beschloß er, Hortense auf Augen-
blicke zu verlafsen, unterließ aber nicht, ihre Hände zuvor
mit einem Tuch zu fesseln, damit es ihr nicht gelänge, sich
ihres Knebels zu entledigen.
Vorsichtig kroch er nun auf Händen und Füßen vor-
wärts; jetzt bog er behutsam mehrere Zweige auseinander
und endlich sah er, was er sehen wollte; aber ein Wuthschrei
wäre ihm beinahe entschlüpft, bei dem Anblick, welcher sich
ihm darbot:
Den Rücken gegen die verhängnißvolle Pforte gekehrt
und ihm den einzigen Weg zur Flucht abschneidend stand
Bas-les-Pattes sein unversöhnlichster Feind. Wuth, wilde
Perkeo.
Männer, morge is also
erschter Mai-Sunndaag. D'r
Frühling is also do un m'r
kann in de letschte Daage 's
Gras nit norr wachse höre,
sundern aach wirklich wachse
sehe. Gott sei Dank, daß
m'r hier nit in Hockene sin,
dann dort is es wohl recht
ländlich, idyllisch, awer nix
weniger, wie romantisch. M'r
sin halt doch die vun unserm
Herrgott in jeder Weis bevor-
zugte, dann uns Hott'r e Gegend
gschenkt, die nit umsunscht vun
de Dichter un Sänger ver-
herrlicht un vun de Fremde
vergöttert werd. Bei dere
schöne Lag vun Heidlberg is
es awer aach gewiß nadier-
daß die Einwohner, so-
bald se en orndliche Haufe
„beduuckte" Schtudente un
sunscht noch e reschpektables
Kundingent ewe so beduuchte Fremde in ihre Maure sehe, e
fideles Volk is, deß liewer drei Daag lacht, als vier Woche
kreint. Gewöhnlich lacht die Gegend awer aach mit un do-
dervun kummt der richtige Ausdruck „e lachendi Gegend,"
der schun zu Chorferschtszeite im Gebrauch war. Newe
emme gute Wick'l un ditto „Schtoff" sin es awer aach ver-
schiedene Beluschtigunge, die d'r Heedlberger liebt, so 's Fauscht
im Sack mache un dazu schänne wie en Rohrschbatz, wann
die's nit höre, die's angeht, dann 's Schteuerzahle, bei de
ewe so bekannte wie trotzdem vielbsuchte auswärtige Werrth
sich die Haut iwer die Ohre ziehe losse, Soloschpiele,
Kegle, Schnuppe aus anner Leit ihre Düse, Schtroßeuffreiße
un ähnliche Beluschtigunge mehr. Bsunders is es 's Schtroße-
uffreiße, deß eene en ganz außerordentliche Schpaß macht, so
daß die Schtadtrooths-Kandidate ihre Wähler schun jahrelang
voraus verschpreche, daß, wann se in de Schtadtrooth lumme, alle
Woch mindeschtens zwee Schtroße uffgerisse werre müsse,
dann deß imponirt de Fremde un zeigt vun Wohlschtand.
En ganz bsunderer Genuß for uns Heedlberger is awer
so e Landparthie in Gsellschaft zahlreicher guter Freind. M'r
find't sich Sunndaags, odder amme Feierdaag zu d'r ab-
gschprochene Schtund uff'm Haupt- odder Karlsthor-Bahnhof
zamme, bringt nadierlich 's bessere Aussehens, d'r Ruh, un's
höhere Naturgenusses Wege, die ganz Menascherie mit, schteigt
in e Kubee un baßt uff, daß eem keener vun denne Wergl
Miner de Zug kummt, odder sunscht in d'r Eil vergesse werd
uns „Nochbrülle" Hott. Jeder schteckt sich dann, wann en
Nudl, die anner Nudl, die im gleiche Wage sitzt, ghörig ange-
guckt un sein Dheel gedenkt hott, en Klimmschteng'l an, so
daß sich der Raum bald mit dem himmlische un balsamische
Dust erfüllt, der so ere rechte un ächte Pälzerhawanna zu
enlschtröme un männiglich 's Herz, die Seel un for allem 's
Geruchsorgan zu ergötze pflegt. M'r schließt selbschtver-
schtändlich die Fenschtere, um e Daam aus d'r Semmels-
gafs', odder sunscht so erre Hotwollä-Gegend jo nit d'r Gfahr
ere „Erkältung" auszusetze un annererseits de Dust nit zu
verliere; jeder freet sich iwer den Schpaß den er Hott, weil
die Nochbare sein Duwack rieche müsse. Am Ort d'r Bschtim-
mung — Schlierbach, Neckargemünd, Eppele, Kerche ezetera,
ezetera — ankumme, sucht m'r sich e zugfreies Werrthslokal
raus, deß m'r aach glicklich find't, setzt sich in e Eck un
schbielt Schcaat, dieweil Weib nn Kind 's zugucke, un somit
aach en Genuß vun dem Ausflug hawe, bis zum letschte
Zug, mit dem m'r Widder heemfährt, um schnell noch en
Schoppe in d'r Schtammkneip zu trinke un noch de Eens nit
Heemzukumme vun Wege d'r Bolizeischtund, die bekanntlich ke
Gold im Mund Hott. De Reiz vun so erre Parthie kann
m'r schwer schildere un en Uneingeweihter vermag en aach
gar nit zu würdigen. E anneres Vergnüge biete dann die
Waldparthien. Unser vun de Heedlberger Ausflügler bsuchte
Wälder hawe in de letschte Johre große Verschönerunge er-
fahre. D'r Verschönerungsverein Hott Ruhbänk, Schutzhäusle.
und Wegweiser uffgschtellt, wodurch viel Unglück verhüt't
werd, wie's in früherer Zeit häufig vorkumme is, daß ver-
irrte Wanderer noch denne wenige Werrthshäuser im Wald
vergewens gsucht un hawe elend verschmacht't sind. Wer e
bißl uffpaßt, bricht aach nit 's Gnick, wann er uff d'r Kutzl-
heck e Picknick einnimmt, odder sunscht en Walzer macht.
Wie gsagt, heit is die Sicherheit noch alle Seite nit norr
garantirt, sundern aach die Verzierung un Bequemlichkeit d'r
Wälder soweit gediehen, daß norr ganz Anschpruchsvolle noch
mehr verlange könnte drinn, wie z. B. Regeschirmhalter,
Schpucknäpf odder Hersch un Reh aus Häfnersborzlan un
naturgetreu angschtriche, wie se als in Inserate empföhle
werre. Wie gsagt, m'r könne uns nit beklage, drum nix
wie naus zu so erre Land- odder Waldparthie Leitcher, deß
schtärkt die Nerve un gibt neue Lewensmuth. Nix wie naus un
Lewensmuth gholt! Jaso, d'r Herr Schnäwele, obwohl deitschs
un zwar Württeberger Blut in seine Ödere fließt, weil sein
Großmutter vum schwäwische Schwarzwald war, en ächter
Schtockfranzos, Deitschefresser un gewerbsmäßiger Schpion
zugleich, hott aach Widder Hoffnung, bald rausgeloßt zu
werre aus dem Käfig, in den en d'r deitsch Bolizeikummissär
Gautsch driwe an d'r französische Grenz im Reichsland ge-
lockt Hott. Ja des verfluchte Schnäwele hott ganz Europa
durchenanner gemacht, un warum? Darum! Damit jedem
meiner liewe Leserinne un Leser der Schnäweleskroom ktor
werrd, loß ich e Gedicht'l folge, deß m'r die Daag in die
Händ gfalle is, es Heeßt:
„Wer ist wohl Herr Schnäbele?
Sicherlich ein Schwäbele,
Ganz gewiß am Neckarstrand —
War's, wo seine Wiege stand."
Wird der Leser mir erwiedern;
Denn nur in dem Land der biedern
Schwaben giebt es Namen, die
So voll Klangespoesie!
Die an Spätzle so gemahnen,
Und was sonst dem Magen frommt;
Ja bei denen uns ein Ahnen,
Wie von Knödeln überkommt.
Aber lieber Leser, nein!
Du mußt gütigst mir verzeih'n,
Denn die Sache is kurios,
Schnäbele ist — ein Franzos;
Außerdem ist er dabei:
Kommissär der Polizei;
Und er hat wohl in den langen
Jahren seiner Thätigleit,
Manches Vögelein gefangen,
Das sich wähnt in Sicherheit.
Un nun sitzt er ach, wie bitter,
Selber Hinter Schloß und Gitter;
Weil in seinen freien Stunden,
Er Spion war, obendrein,
Grub mau für den säubern Kunden,
Eine Grube — wie gemein!
Schnäbele, der ahnungslose,
Biedere brave Urfranzose,
Ging spazieren ruhig, autsch!
Da ertappte ihn Herr Gautsch;
Führt ihn schleunigst in „Prison";
Schnäbele das kommt davon!
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
W 18 ^^"«— Sonntag, den is. Mai. ^n°«7ti°^ 1887.
0uut-ä6-^6r, der Salon-Bandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.
33) (Fortsetzung)
„Paquita ist todt, — ermordet von dem Grafen de
Ribauval. Kommen Sie, ich werde Sie zu dem Leichname
Ihrer Tochter führen!"
Und mit diesen Worten nahm er des Marquis Arm
und trat mit ihm in das Zimmer zurück, wo die unglückliche
Paquita kurz zuvor ihren letzten Seufzer ausgehaucht Hatte.
„Hier sehen Sie ihre Tochter!" sprach Batard. Ueberrascht
erkannte der Marquis Paquita, die schöne Schauspielerin.
„Aber das ist doch nicht mein Kind!" sties er Hervor. „Sie
ist Ihre Tochter, sie ist Paquita, deren Vater Sie sind."
„Ich — Paquita's Vater? Ich?" „Ja, Sie! Paquita und
ich, wir sind Ihre Kinder, die von Ihnen gewissenlos ver-
lassen wurden, aber die berechtigt sind, Ihren Namen niemals
zu führen. Seit zehn Jahren suche ich nach Ihnen, Vater,
um Sie zu bestrafen und mich zu rächen, wie Sie es ver-
dienen. Und endlich finde ich Sie unter den entsetzlichsten
Umständen. O, ich habe lange darüber nachgegrübelt, wie
ich mich an Dir rächen könnte, Elender, wenn ich mit Dir
zusammenträfe. Aber eine so entsetzliche Strafe hätte ich
mir doch nicht träumen lassen. Deine Tochter Hortense ist
in den Händen Gant-de-Fer's, des Banditenkönigs, meines
Herrn. Deine Tochter Paquita ward durch ihn meuchlings
ermordet. Nur ich bin frei, um Dich zu züchtigen, wie es
Du verdienst!" „Erbärmlicher! Ja, ein Erbärmlicher mag
ich sein, aber wer von uns Beiden ist der Nichtswürdigste?
Wer hat mich zu dem gemacht, was ich bin? Du — ganz
allein! So empfange Deinen Lohn der Missethaten, wie Dir
er gebührt und fahre zur Hölle!" Und mit einem Handgriff
Hatte der gleichsam Rasende einen Revolver hervorgeholt, aus
den Marquis gerichtet und preßte den Finger auf den Drücker.
Noch eine Sekunde — und der Marquis taumelte leblos
zurück. In demselben Augenblick aber ertönte ein zweiter
Schuß und auch Batard, von einer Kugel mitten ins Herz
getroffen, sank zu Boden. Es war Coupe Vent, den seine
Polizisten im Erdverließ aufgefunden und befreit Hatten und
der nun im kritischten Augenblick erschienen war, um den Marquis
zu befreien, auf den Batard geschossen Hatte. Mit Entsetzen sah er
Vater und Sohn neben einander leblos am Boden liegen. Und jetzt
j traf sein Auge die Paquita, todt hingestreckt in ihrem Blute.
Welche Opfer Hatte die letzte Stunde gefordert! Erschüttert
stand der sonst so starke Mann. Aber kein Zögern gab es.
Edleres Wild gab es zu erjagen: Gant-de-Fer! Um keinen
Preis durfte er entkommen und Hortense mußte gerettet
werden, oder Alles war umsonst gewesen! umsonst und ver-
loren auf immer.
XVI.
Inzwischen war Gant-de-Fer mit seiner kostbaren Last
in den Park entflohen, den der bereits grauende Morgen in
ein ungewisses Dämmerlicht hüllte.
Jeder Ausgang des Hauses war von Polizeibeamten
besetzt, so daß Jedes Entkommen Gant-de-Fers abgeschnitten
erschien. Der Banditenkönig Hatte indessen das Dickicht des
umfangreichen Parkes erreicht, als das junge Mädchen plötz-
lich unerwartet die Augen öffnete und, sich in den Armen
ihres Entführers erblickend, einen Schrei ausstieß.
Mit rascher Hand riß Gant-de-Fer die Schärpe, welche
ihre Schultern umhüllte, ab und verschloß ihr mittelst
derselben den Mund, ehe sie noch einen Schrei wiederholen
konnte.
Sein Opfer so gefesselt eilte er in der Richtung des
Pförtchens, auf das er alle seine Hoffnung setzte und welches
er um jeden Preis vor seinen Feinden erreichen mußte, davon.
Plötzlich ließ ein Geräusch ihn zusammenschrecken.
Kaum zehn Schritte von ihm entfernt, sprachen zwei
Männer mit einander. Um besser horchen zu können, lehnte
er sein Ohr an die Erde, allein er konnte, wie scharf er
auch lauschte, weder das was sie sagten, verstehen, noch die
Stimmen der Redenden erkennen.
Seine Sicherheit erheischte indeß, Beides zu wissen.
Um das zu erreichen, beschloß er, Hortense auf Augen-
blicke zu verlafsen, unterließ aber nicht, ihre Hände zuvor
mit einem Tuch zu fesseln, damit es ihr nicht gelänge, sich
ihres Knebels zu entledigen.
Vorsichtig kroch er nun auf Händen und Füßen vor-
wärts; jetzt bog er behutsam mehrere Zweige auseinander
und endlich sah er, was er sehen wollte; aber ein Wuthschrei
wäre ihm beinahe entschlüpft, bei dem Anblick, welcher sich
ihm darbot:
Den Rücken gegen die verhängnißvolle Pforte gekehrt
und ihm den einzigen Weg zur Flucht abschneidend stand
Bas-les-Pattes sein unversöhnlichster Feind. Wuth, wilde