nochkumme. 'S is jo wohr, die gute Sitte hawe sich in de
letschte Woche in Baris „handgreiflich" gebessert, indem die
gute Bariser in e wahrhaft moralischi Entrüschtung gerothe
sin, un dodruffhin die berüchtigt Madam Limusän uff öffent-
licher Schtrooß durchgewichst hawe. Ob awer deß bei dere
Daam aach for die Zukunft „anschlägt" un wohlthätige
Folge Hinnerläßt, is vorläufig noch recht zweifelhaft. Die
Madam hott nämlich in Baris aach noch e Werrthschaft an-
fange un ihren Busefreind als Zäppler anschtelle wolle, trotz-
dem die Bariser ihr „Werrthschaft" grad genug ghat hawe,
bis an de Hals nuff! Deß wär doch d'r „öffentlich Mei-
nung" in's Gsicht gschlage gewese un darum is die öffentlich
Meinuug aach sofort umgekehrt mit ihre verfahre. Schwamm
driwer. In d'r Bolitik Werre manchmool recht krumme Weg
eingschlage, um vun hinne rumm an's Ziel zu kumme, wie
m'r bei dere neiliche Anwesenheit vum Kaiser vun Rußland
in Berlin mit gröschtem Erschtaune erfahre Hott. Hinner
seim Rücke is unser grader Reichskanzler elend verläumd't
worre beim Czar, awer d'r eiserne Mann is glicklicherweis
aach hinner denn Schlich rechtzeitig genug kumme. In eem
gleiche sich awer die zwee Männer, die sunscht so verschiede
sin, doch; wann nämlich der Czar in seim verlossene Gatschina
Hause dhut, kann's, wie m'r ghört hott, leicht bassire, daß er
vun Annere Hinner's Licht gführt werd, während unser
Bismarck in seiner ländliche Abgschiedeheit in Friedrichsruh
sehr häufig de Annere e Licht usss chtecke dhut. Schwamm
driwer, dann jetzt kummt was bolitisch Unbolitischs, nämlich
die Weltschbrooch odder „Volapük" in ihrer praktische Ver:
wendung an's Ruder un zwar — fercht Euch nit — poetisch-
Er is sunscht ganz e braver Mann,
Un fleißig aach zu nenne;
Wie Niemand annerscht sage kann,
Der näher ihn dhut kenne.
Een Fehler leider hott er norr
Do kann er selwer nix dasor,
'S is keener vun de große:
„Er dhut gern Owends bloose."
Do hockt er fescht un dischkerirt
Im Werrthshaus, kann aach schenne
Un wann er dann, wie's oft bassirt
Als een zu viel dhut nemme,
Do werd'm ebbes schwer die Zung,
So daß sein Schbrooch verliert de Schwung
'S is „seiner Rede Schalle"
Schun mehr e zünftig „Lalle".
Sein Fraa is gut un brav durchaus,
M'r kann's nit annerscht sage;
Mit Jedermann, im ganze Haus
Dhut sie sich gut vertrage.
Een Fehler awer hott se norr:
Sobald er heemkummt, nit ganz kloor —
Sein Schbrooch läßt sie's erkenne,
So dhut se höllisch schenne!
Do fließt ihr Schbrooch, es is e Pracht,
Obgleich 's ihm widerwärtig,
Daß aach sogar in tiefschter Nacht
Sein Fraa so zungefertig.
Dobei muß er schtets schweige schtill,
Er mag sich schtelle, wie er will,
Un kann ke Antwort gewe:
„Sein Zung dhut widerschtrewe". —
Er Hott am Schtammdisch letscht emool
Gesotze mitternächtig
Un's war em außerorndlich wohl,
Dann der Dischkurs war prächtig;
M'r babbelt, schtatt vun Bolitik,
Gehörig iwer Volapük,
Der Weltschbrach die bescheide
Sich hier aach aus dhut breite.
Un wie die Schbrach ss arig leicht,
Erlerne könnt se Jedes;
In e paar Schtund wär es erreicht,
Un alle Welt verschteht es;
'S dhät do norr gehe, grad wie gschmiert,
Was in d'r Schul eem schikanirt,
Vorab deß Konjugire,
Sowie aach 's Deglinire.
Natürlich hott m'r dodabei —
Ich meen beim viele Schwäze,
Vergesse nit, wie's in d'r Reih
Manch' Schöppele zu „Petze".
Un unser Mann, der ebbes müd,
Weil er sich ziemlich neingekniet,
Is endlich uffgebroche;
Un hott ken Wort mehr gschbroche.
Hott gschpürt im Kopp e arg Gebrumm
Bun lauter volapükisch,
Er will als redde, doch wie dumm,
Sein Zung verweigerts, tückisch.
Er kummt, un wann aach unbequem
Un langsam, endlich doch noch heem,
Wie bei dem Lamplichtschimmer,
Sein Fraa noch wacht, wie immer.
Doch wie se Widder schenne will,
So schtellt er vor ihr Bett sich
Un lallt: „Heut sei — sei — sei norr schtill,
E Welt — Welt — Weltschbroch red ich!
Dein — dein Geschenn — deß haw ich dick,
Ich re — re — red jetzt „Vollepick";
Die Schroch m'r — m'r kanns sehe,
Dhut jedes Volk verschtehe. ^->
Er lallt norr unverschtändlich noch,
Sein Fraa dhut uffbegehre,
Dann awer lacht se schließlich doch
Un seggt: „Deß dhu ich höre!
Die Schproch, die Vollepick du nennscht
Un die Du schun seit langem kennscht,
Verschteht jed Volk d'r Erde,
Dozu braucht's ken Gelehrte!"
Auflösung des Arithmogryphs in No. 49:
Wie gewonnen — so zerronnen.
Richtig gelöst von: Erhard Kamuf, Joh. Widmann, Emil Albiker,
W. Jörg Julius Ruthardt, Andreas Bacher, Franz Keidel und Theodor
Blatz hier, H. Gaber und Jakob Goll in Kirchheim, Johann Heiß in
Schönau, Otto Pantlen in Neckargemünd, J. Schreiber in Kronau, Hch.
Wolf in Mosbach, Georg Oesterlein in Eberstadt, Heinrich Bopp in Lahr
(Baden) und Heinrich Tonollo aus Bingen, Frl. Lina Neubrand hier,
Auguste Strauß in Neckargemünd, Lisette Schmich in St. Ilgen, Marie
Herion in Nußloch, Mina Gebhard in Auerbach, Paula Gebhardt und
Bertha Gomer in Ittlingen und Lina Ihrig in Diedesheim.
Auflösung der zweisilbigen Charade in No. 49.
Ein Klang — Einklang.
Richtig gelöst von: Hch. Wolf in Mosbach und Heinrich Bopp in
Lahr (Baden), Frl. Auguste Strauß in Neckargemünd, Marie Herion in
Nußloch und Luise Gruner in Ittlingen.
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
^° 30 ^^^ ! Sonntag, den jl. Dezember V^m^ , ^87.
Gin verbittertes Herz.
Roman von Adolph v. Plattensteiner.
1), (Fortsetzung.)
Nachdem der Rittmeister in seinem Zimmer angekommen,
sank er ganz erschöpft in einen Lehnstuhl. Er bemerkte nicht
einmal seinen treuen Mops, der sich neben ihm am Pfeifen-
tisch zu schaffen machte.
Der Träger dieses Namens gehörte nicht den Vierfüßlern
an. Mops war ein Mensch und dazu ein treuer, seinem
Herrn mit Leib und Seele ganz ergebener. Vor dreiund-
zwanzig Jahren folgte er seinem Herrn in die Kaserne und
als dieser vor einigen Monaten den Dienst quittirte, zog er
mit auf dessen Güter. Der Rittmeister hatte sich mithin an
Mops, wie dieser an seinen Herrn, gewöhnt. — Seine stroh-
blonden Haare, die er aus Respekt vor seinem Herrn, der sie
stramm aufwärts strich, glatt nach den Schläfen gekämmt
trug und dort zu ein paar zierlichen Schnecken formte, er-
hoben sich förmlich vor Staunen, als er seinen Herrn in dieser
ungewöhnlichen Aufregung erblickte. Der sonst so überlegene
Zug, den er gegen seinesgleichen gerne zur Schau trug und
den er Hauptsächlich dem vielen Romanlesen verdankte, wurde
zusehends läppischer, als er den Rittmeister Folgendes vor
sich hinsprechen hörte:
„Ich weiß, ich werde unterliegen. Ich liebe Kathinka
zu sehr, als daß ich ihr etwas abschlagen könnte. Wie hätte
ich mir je träumen lassen, daß eine vor Jahren geschehene
Schandthat mein Leben alteriren würde!"
„Gerechter Gott!" murmelte Mops. Sicherlich ist mein
guter Herr in ein Duell verwickelt."
Ein ganzer Roman, blutige Scenen enthaltend, entrollte
sich vor seinem inneren Auge.
„Und heute noch, fuhr der Rittmeister fort, „ja jeden
Augenblick kann es kommen, daß man mich abruft und dann
— Ade, du schönes Junggesellenleben! — Es ist wirklich
zum Verzweifeln !"
Der Rittmeister klatschte wiederum auf seine kräftigen
Oberbeine, aber derartig, daß Mops vor Schrecken die ganze
Meerschaumpfeife, die er in den Tisch zu stellen willens war,
zur Erde fallen ließ.
„Donnerwetter, was macht er denn, Mops?" — schrie
der Rittmeister.
„Nichts, gnädiger Herr, nur der Kopf ist mir aus den
Händen gefallen."
„Nur!" brüllte der Rittmeister, der gegen Mops weit
mehr Energie zu entwickeln Pflegte, als gegen die Schwester.
Mops mißfiel dieser Zornausbruch durchaus nicht, nur
geschah es nach seiner Ansicht viel zu selten.
„Ein böses Omen!" flüsterte, wieder in seine gedrückte
Stimmung verfallend der Rittmeister, als Mops die ver-
schiedenen Trümer zusammensuchte.
Nach diesen bedeutungsvollen Worten trat er an das
Fenster und blickte gedankenvoll auf die Pflanzengruppen
nieder, welche die Terrasse vor dem Schlosse zierten. Mops
dagegen entfernte sich ganz still. Der schmerzliche Blick, den
er noch im Hinaustreten auf feinen Herrn warf, sagte nur
zudeutlich, daß er mit ihm fehlte, aber auch für ihn fürchtete.
Der Rittmeister aber gewahrte es nicht. Von ihm un-
bemerkt Hatte sich auch der Himmel mit schwarzen Wolken
überzogen und schwere Tropfen fielen bereits auf die großen
Blattpflanzen nieder.
Es war schön da drunten. Der vom Kirchdorf herauf-
führende mit kleinem Kies bedeckte Fahrweg theilte sich vor
der Terrasse, um links und rechts vor dem mit broncenen
Löwenköpfen geschmückten Schloßthore Auf- und Abfahrt
zu bilden.
Das Schloß selbst, so nannte man in der ganzen Gegend
das lange Gebäude, dessen Mittelbau die beiden Seitenflügel
um ein Stockwerk überragte, war weit weniger großartig,
als freundlich anzusehen. Die grünen Jalousien blickten uns
von dessen Hellen Anstrich anheimelnd entgegen. Die Woh-
nung des Verwalters auf der einen, die Stallungen und
Remisen auf der anderen Seite, verliehen dem Ganzen ein
besonders behäbiges Aussehen. Eine Freitreppe Hatte das
Schloß nicht, dagegen aber lief längs der ganzen Fronte ein
ungefähr zwanzig Schuh breites Trottoir mit großen Quader-
schalen, das auch seine Annehmlichkeiten Hatte.
Wie schon gesagt, die Tropfen fielen und fielen stärker
und plötzlich arteten sie in einen wolkenbruchähnlichen Platz-
regen aus.
Der Rittmeister aber gewahrte nichts davon, und so
entging ihm auch, daß eine mit zwei mageren Kleppern be-
spannte Kutsche den Weg vom Kirchdorfe heraufkam und ein-
biegend am Rande des breiten Trottoirs vor dem geschlossenen
Thore mit den zwei Löwenköpfen hielt.
Der Kutscher knallte einige Male nnd als dieses nichts
fruchtete, hielt er es für Pflicht, nach den Fenstern empor-
zusehen.
letschte Woche in Baris „handgreiflich" gebessert, indem die
gute Bariser in e wahrhaft moralischi Entrüschtung gerothe
sin, un dodruffhin die berüchtigt Madam Limusän uff öffent-
licher Schtrooß durchgewichst hawe. Ob awer deß bei dere
Daam aach for die Zukunft „anschlägt" un wohlthätige
Folge Hinnerläßt, is vorläufig noch recht zweifelhaft. Die
Madam hott nämlich in Baris aach noch e Werrthschaft an-
fange un ihren Busefreind als Zäppler anschtelle wolle, trotz-
dem die Bariser ihr „Werrthschaft" grad genug ghat hawe,
bis an de Hals nuff! Deß wär doch d'r „öffentlich Mei-
nung" in's Gsicht gschlage gewese un darum is die öffentlich
Meinuug aach sofort umgekehrt mit ihre verfahre. Schwamm
driwer. In d'r Bolitik Werre manchmool recht krumme Weg
eingschlage, um vun hinne rumm an's Ziel zu kumme, wie
m'r bei dere neiliche Anwesenheit vum Kaiser vun Rußland
in Berlin mit gröschtem Erschtaune erfahre Hott. Hinner
seim Rücke is unser grader Reichskanzler elend verläumd't
worre beim Czar, awer d'r eiserne Mann is glicklicherweis
aach hinner denn Schlich rechtzeitig genug kumme. In eem
gleiche sich awer die zwee Männer, die sunscht so verschiede
sin, doch; wann nämlich der Czar in seim verlossene Gatschina
Hause dhut, kann's, wie m'r ghört hott, leicht bassire, daß er
vun Annere Hinner's Licht gführt werd, während unser
Bismarck in seiner ländliche Abgschiedeheit in Friedrichsruh
sehr häufig de Annere e Licht usss chtecke dhut. Schwamm
driwer, dann jetzt kummt was bolitisch Unbolitischs, nämlich
die Weltschbrooch odder „Volapük" in ihrer praktische Ver:
wendung an's Ruder un zwar — fercht Euch nit — poetisch-
Er is sunscht ganz e braver Mann,
Un fleißig aach zu nenne;
Wie Niemand annerscht sage kann,
Der näher ihn dhut kenne.
Een Fehler leider hott er norr
Do kann er selwer nix dasor,
'S is keener vun de große:
„Er dhut gern Owends bloose."
Do hockt er fescht un dischkerirt
Im Werrthshaus, kann aach schenne
Un wann er dann, wie's oft bassirt
Als een zu viel dhut nemme,
Do werd'm ebbes schwer die Zung,
So daß sein Schbrooch verliert de Schwung
'S is „seiner Rede Schalle"
Schun mehr e zünftig „Lalle".
Sein Fraa is gut un brav durchaus,
M'r kann's nit annerscht sage;
Mit Jedermann, im ganze Haus
Dhut sie sich gut vertrage.
Een Fehler awer hott se norr:
Sobald er heemkummt, nit ganz kloor —
Sein Schbrooch läßt sie's erkenne,
So dhut se höllisch schenne!
Do fließt ihr Schbrooch, es is e Pracht,
Obgleich 's ihm widerwärtig,
Daß aach sogar in tiefschter Nacht
Sein Fraa so zungefertig.
Dobei muß er schtets schweige schtill,
Er mag sich schtelle, wie er will,
Un kann ke Antwort gewe:
„Sein Zung dhut widerschtrewe". —
Er Hott am Schtammdisch letscht emool
Gesotze mitternächtig
Un's war em außerorndlich wohl,
Dann der Dischkurs war prächtig;
M'r babbelt, schtatt vun Bolitik,
Gehörig iwer Volapük,
Der Weltschbrach die bescheide
Sich hier aach aus dhut breite.
Un wie die Schbrach ss arig leicht,
Erlerne könnt se Jedes;
In e paar Schtund wär es erreicht,
Un alle Welt verschteht es;
'S dhät do norr gehe, grad wie gschmiert,
Was in d'r Schul eem schikanirt,
Vorab deß Konjugire,
Sowie aach 's Deglinire.
Natürlich hott m'r dodabei —
Ich meen beim viele Schwäze,
Vergesse nit, wie's in d'r Reih
Manch' Schöppele zu „Petze".
Un unser Mann, der ebbes müd,
Weil er sich ziemlich neingekniet,
Is endlich uffgebroche;
Un hott ken Wort mehr gschbroche.
Hott gschpürt im Kopp e arg Gebrumm
Bun lauter volapükisch,
Er will als redde, doch wie dumm,
Sein Zung verweigerts, tückisch.
Er kummt, un wann aach unbequem
Un langsam, endlich doch noch heem,
Wie bei dem Lamplichtschimmer,
Sein Fraa noch wacht, wie immer.
Doch wie se Widder schenne will,
So schtellt er vor ihr Bett sich
Un lallt: „Heut sei — sei — sei norr schtill,
E Welt — Welt — Weltschbroch red ich!
Dein — dein Geschenn — deß haw ich dick,
Ich re — re — red jetzt „Vollepick";
Die Schroch m'r — m'r kanns sehe,
Dhut jedes Volk verschtehe. ^->
Er lallt norr unverschtändlich noch,
Sein Fraa dhut uffbegehre,
Dann awer lacht se schließlich doch
Un seggt: „Deß dhu ich höre!
Die Schproch, die Vollepick du nennscht
Un die Du schun seit langem kennscht,
Verschteht jed Volk d'r Erde,
Dozu braucht's ken Gelehrte!"
Auflösung des Arithmogryphs in No. 49:
Wie gewonnen — so zerronnen.
Richtig gelöst von: Erhard Kamuf, Joh. Widmann, Emil Albiker,
W. Jörg Julius Ruthardt, Andreas Bacher, Franz Keidel und Theodor
Blatz hier, H. Gaber und Jakob Goll in Kirchheim, Johann Heiß in
Schönau, Otto Pantlen in Neckargemünd, J. Schreiber in Kronau, Hch.
Wolf in Mosbach, Georg Oesterlein in Eberstadt, Heinrich Bopp in Lahr
(Baden) und Heinrich Tonollo aus Bingen, Frl. Lina Neubrand hier,
Auguste Strauß in Neckargemünd, Lisette Schmich in St. Ilgen, Marie
Herion in Nußloch, Mina Gebhard in Auerbach, Paula Gebhardt und
Bertha Gomer in Ittlingen und Lina Ihrig in Diedesheim.
Auflösung der zweisilbigen Charade in No. 49.
Ein Klang — Einklang.
Richtig gelöst von: Hch. Wolf in Mosbach und Heinrich Bopp in
Lahr (Baden), Frl. Auguste Strauß in Neckargemünd, Marie Herion in
Nußloch und Luise Gruner in Ittlingen.
Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
^° 30 ^^^ ! Sonntag, den jl. Dezember V^m^ , ^87.
Gin verbittertes Herz.
Roman von Adolph v. Plattensteiner.
1), (Fortsetzung.)
Nachdem der Rittmeister in seinem Zimmer angekommen,
sank er ganz erschöpft in einen Lehnstuhl. Er bemerkte nicht
einmal seinen treuen Mops, der sich neben ihm am Pfeifen-
tisch zu schaffen machte.
Der Träger dieses Namens gehörte nicht den Vierfüßlern
an. Mops war ein Mensch und dazu ein treuer, seinem
Herrn mit Leib und Seele ganz ergebener. Vor dreiund-
zwanzig Jahren folgte er seinem Herrn in die Kaserne und
als dieser vor einigen Monaten den Dienst quittirte, zog er
mit auf dessen Güter. Der Rittmeister hatte sich mithin an
Mops, wie dieser an seinen Herrn, gewöhnt. — Seine stroh-
blonden Haare, die er aus Respekt vor seinem Herrn, der sie
stramm aufwärts strich, glatt nach den Schläfen gekämmt
trug und dort zu ein paar zierlichen Schnecken formte, er-
hoben sich förmlich vor Staunen, als er seinen Herrn in dieser
ungewöhnlichen Aufregung erblickte. Der sonst so überlegene
Zug, den er gegen seinesgleichen gerne zur Schau trug und
den er Hauptsächlich dem vielen Romanlesen verdankte, wurde
zusehends läppischer, als er den Rittmeister Folgendes vor
sich hinsprechen hörte:
„Ich weiß, ich werde unterliegen. Ich liebe Kathinka
zu sehr, als daß ich ihr etwas abschlagen könnte. Wie hätte
ich mir je träumen lassen, daß eine vor Jahren geschehene
Schandthat mein Leben alteriren würde!"
„Gerechter Gott!" murmelte Mops. Sicherlich ist mein
guter Herr in ein Duell verwickelt."
Ein ganzer Roman, blutige Scenen enthaltend, entrollte
sich vor seinem inneren Auge.
„Und heute noch, fuhr der Rittmeister fort, „ja jeden
Augenblick kann es kommen, daß man mich abruft und dann
— Ade, du schönes Junggesellenleben! — Es ist wirklich
zum Verzweifeln !"
Der Rittmeister klatschte wiederum auf seine kräftigen
Oberbeine, aber derartig, daß Mops vor Schrecken die ganze
Meerschaumpfeife, die er in den Tisch zu stellen willens war,
zur Erde fallen ließ.
„Donnerwetter, was macht er denn, Mops?" — schrie
der Rittmeister.
„Nichts, gnädiger Herr, nur der Kopf ist mir aus den
Händen gefallen."
„Nur!" brüllte der Rittmeister, der gegen Mops weit
mehr Energie zu entwickeln Pflegte, als gegen die Schwester.
Mops mißfiel dieser Zornausbruch durchaus nicht, nur
geschah es nach seiner Ansicht viel zu selten.
„Ein böses Omen!" flüsterte, wieder in seine gedrückte
Stimmung verfallend der Rittmeister, als Mops die ver-
schiedenen Trümer zusammensuchte.
Nach diesen bedeutungsvollen Worten trat er an das
Fenster und blickte gedankenvoll auf die Pflanzengruppen
nieder, welche die Terrasse vor dem Schlosse zierten. Mops
dagegen entfernte sich ganz still. Der schmerzliche Blick, den
er noch im Hinaustreten auf feinen Herrn warf, sagte nur
zudeutlich, daß er mit ihm fehlte, aber auch für ihn fürchtete.
Der Rittmeister aber gewahrte es nicht. Von ihm un-
bemerkt Hatte sich auch der Himmel mit schwarzen Wolken
überzogen und schwere Tropfen fielen bereits auf die großen
Blattpflanzen nieder.
Es war schön da drunten. Der vom Kirchdorf herauf-
führende mit kleinem Kies bedeckte Fahrweg theilte sich vor
der Terrasse, um links und rechts vor dem mit broncenen
Löwenköpfen geschmückten Schloßthore Auf- und Abfahrt
zu bilden.
Das Schloß selbst, so nannte man in der ganzen Gegend
das lange Gebäude, dessen Mittelbau die beiden Seitenflügel
um ein Stockwerk überragte, war weit weniger großartig,
als freundlich anzusehen. Die grünen Jalousien blickten uns
von dessen Hellen Anstrich anheimelnd entgegen. Die Woh-
nung des Verwalters auf der einen, die Stallungen und
Remisen auf der anderen Seite, verliehen dem Ganzen ein
besonders behäbiges Aussehen. Eine Freitreppe Hatte das
Schloß nicht, dagegen aber lief längs der ganzen Fronte ein
ungefähr zwanzig Schuh breites Trottoir mit großen Quader-
schalen, das auch seine Annehmlichkeiten Hatte.
Wie schon gesagt, die Tropfen fielen und fielen stärker
und plötzlich arteten sie in einen wolkenbruchähnlichen Platz-
regen aus.
Der Rittmeister aber gewahrte nichts davon, und so
entging ihm auch, daß eine mit zwei mageren Kleppern be-
spannte Kutsche den Weg vom Kirchdorfe heraufkam und ein-
biegend am Rande des breiten Trottoirs vor dem geschlossenen
Thore mit den zwei Löwenköpfen hielt.
Der Kutscher knallte einige Male nnd als dieses nichts
fruchtete, hielt er es für Pflicht, nach den Fenstern empor-
zusehen.