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Perkeo.

28

Also die Bolizeischtund is
widder eingfiehrt in unserer
Schtadt, Männer ; reschpektive
deß werd Widder ghandhabt,
was in'r aus verschiedene
Gründe e langi Zeit Hott
bample losse un e Aag zuge-
drickt Hott, so lang 's gut
gedhan. Die Bolizeischtund
ein un for sich war jo hier
so wenig uffghowe wie in
Misere Nochbarschtädt, norr is
se nit gebotte worre, weil m'r
die Schtudente, Fremde un
annere anschtändige „Dorsch-
tige" nit zu dem Zwang Hott
verurdheile wolle, am elfe odder
zwölfe daheem sein zu müsse.
Die bolizeilich Rücksicht —
weiterwar's jo nix — is norr
is dankend anzuerkenne un wißte
m'r heit noch nix vun Wieder-
, cinfiehrung d'r Bolizeischtund,
wann's nit e paar Werrth


„Hört ihr Herrn un laßt euch sagen,
Die Glock hott ewe zwölfe gschlagen,
Jetzt trinkt norr aus un geht in's Bett,
Sunscht kriegt gewiß ihr euer Fett."
„Die Lumpeglock läut't ewe grad',
„So wie's verlangt hott 's Wohl d'r Schtadt.

Hört ihr Herrn un loßt euch sagen:
Die Bolizei packt euch am Kragen,
Geht ihr am Eens nit orndlich heem,
Aus „grüne" un aach annere „Bääm."
„Un wer ken Rausch un Geld noch Hott,
„Geh' heem, schenn nit un dank norr Gottl

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Hört ihr Herrn un loßt euch sagen;
Wer will zu fragen norr es wagen,
Warum am Eens jetzt ganz gewiß,
In Heidelberg Feierowend is?
„Die Lumpeglock die läut't bim, bam

'S is Zeit ihr Lumpe, geht jetzt Ham! .noHnt

Hört ihr Herrn un loßt euch sagen:
„Geht" heem, odder nehmet euch en Wagen,
Sobald d'r Werrth seggt: „Meine Herrn,
Die Bolizei is nimmt fern."
„Geht heem, schpielt de solide Mann,
„Wann's emool annerscht nit sein kann.


Sonntag, den so. Februar.

Erscheint jeden -Sonntag als
Gratis Beilage.

Einzelne Nummern d Pfennig
mit Haupt-Blatt 10 Pfg.

1887


Kaiil-äe-Fer, der Lalon-Wandit.
Pariser Polizei-Roman von Henri Demesse.

un e Anzahl Gäscht vun ene iwertriwe hätte. Ich dhät mich
aach dafor bedanke, wann ich am elfe odder zwölfe Heern käm
un schloofe wollt, so e volli Rott die ganz Nacht, bis in de
Helle Daag nein sein Unwese in un vor d'r Werrthschaft in
meiner Näh treiwe dhät, wie wann d'r Deisl sein Sack aus-
geleert Hätt. Deß is zu viel verlangt vun emme gewöhnliche
Lchterbiiche. Wie is es awer, wann eem Eens in d'r Fa-
milie krank werd un d'r Dokter verordent nix wie Ruh un
jo ke Uffregung? Schtatt die Nachtruh zu Hawe, tobt, joolt
ütt krakchlt awer die ganz Nacht so e Bande bekneipter Mensche
um's Haus rum un mein Patient werd schier wahnsinnig,
daun schtatt der Ruh die er hawe soll, is em die ganz Nacht
nix wie Uffregung bscheert. In der Beziehung low ich's,
daß dere Sauerei e End gemacht is, awer einige Werrth,
die durch die Einfiehrung der Feierowendschtund arg schtark
in Mitleidenschaft gezoge werre, bedau'r ich doch aach. Kummt
beischpielsweis so e Liewespärle schpät an vun emme Aus-
flug odder sunscht ere Rees un es dhät noch gern im Newe-
zimmer schmuse un e Fläsch'l Wein dazu trinke, so Heeßt's
halt jetzt enfach: „Meine Herrschaften, es ist Feierabend, ich
darf nichts mehr verabreichen." Do muß halt deß arm
Päile Hungrig un dorschtig abschiewe — noch Lindenau. Wie
manchs Fläsch'l Sect is seither erscht noch de eens gepetzt
worre un hott die Zeit vun eens bis morgens manchem Werrth
Geld eingebrocht wie Heu, deß hört jetzt alles uff un ich
sag „Schwamm driwer, 's is was gange." Die Weiwer
frohlocke iwer die Bolizeischtund un schlage nit umsunscht
Borzlbäm, die hawe am meischte profitirt, dann deß Hocke-
bleiwe vum Herr Gemahl hott e End, heem muß er, wann's
Zeit is un schtatt beim Morgengraue kummt er am zwölfe
schurr heem un is morgens, schtatt mit Kader behaf't, en Kauz
den m'r brauche kann. Wie ich ghört hab, trägt m'r sich
aach noch mit dem Gedanke, am zwölfe Nachts, wie weiland,
's Luinpcglöck'l zu läute; deß wär was, noch menn Gschmack,
dann 's erinnert an die gut alt Zeit, wo noch Milch un
Honig hier gslosse is. Ratierlich dürft aach d'r Nachtwächter
uff'm Thurm nit fehle, der sein schöne „Hunt" runnerschmeißt
uu dann sein berühmte Wächterruf loslegt. Heitzudaag awer
müßt er nm zwölfe ungfähr rufen:

Hört ihr Herrn un loßt euch sagen:
Die Weiwer Borz'lbääm jetzt schlagen,
Weil endlich hott der „Lumperei",
E End gemacht, die Bolizei!
„Dankt Gott un seit norr alle froh
„Daß widder Ordnung jetzt is do!

Hört ihr Herrn un loßt euch sagen
Loßt norr verschtumme euer Klagen;
Wer bis am Zwölfe nit genug,
Der pack daheem de Wasserkrug.


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22)

(Fortsetzung.)

^.o^ :>ch2!
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Im Werrthshaus halt norr Mooß un Zieh
Trinkt bis am Zwölfe, geht dann schtill!

Hört ihr Herrn un loßt ench sagen:
Hott's emool „Eens" aach gschlagen,
Un hockt ihr irgendwo noch fescht,
So denkt: 's is halt doch 's Allerbescht:

„Werd m'r beim Kneipe nit verwischt,
„So is es schön for Jud un Chrischt.


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Auflösung des Logogriphs in voriger Nummer
Schuld. Schule.



Richtig gelöst von: R. R. Hier und Ludwig Liebig von Neckar-
schwarzach. Frl. Bertha Dürr hier, Rosa Krauß in Neckargemünd nnd-
Jette Sinsheimer Wwe. in Hardheim.

Lesefrucht. 02 'el s
Lehrte Dich Natur das Fühlen,
Lerne Dn das Denken auch.

,i;nu-t,'EssMi.,.

-77

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O. Graf v. Loeben

Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelbergs
Druck und Verlag von Wurm L Pfeffer in Heidelberg.


„Ich bin Ihnen sehr verbunden," erwiderte Ribauval,
welcher ohne zu wissen, warum, sie durch die Gesellschaft des
Fremden unangenehm berührt fühlte. Er betrachtete ihn mit
der größten Aufmerksamkeit. Es war ihm, als müsse er
diesen Menschen kennen und dennoch hielt er sich für über-
zeugt, daß er ihn zum ersten Male sehe, wenigstens konnte
er sich nicht erinnern einem Baron de Rollert bereits irgend
wo begegaet zu sein.
„Sie sind Ausländer, nicht wahr, Herr Baron? fragte
der Graf nach einer Pause.
„Ja und nein! Ich bin nämlich französischer Unterthan,
habe aber das Licht der Welt in Italien erblickt."
„Ich sehe Sie heute zum ersten Male!" fuhr Ribau-
val fort.
t. 's „Sehr begreiflich, da ich mich seit einem Monat in
Frankreich aufhalte, ich bin indessen von mehreren aristo-
kratischen Familien und einer Anzahl distinguirter Persönlich-
keiten der Vorstadt Saint-Germain empfohlen worden, so z. B.
von Marquis de Roqueville. Es schmeichelt mir sehr, mein
Herr, die Ehre Ihrer Bekanntschaft gemacht zu Haben, von
welcher Jedermann in einer Weise spricht, daß ich mich bereits
danach gesehnt habe, Ihnen vorgestellt zu werden."
Ribauval verbeugte sich höflich; die Aufklärungen, welche
der Baron ihm ertheilt hatte, genügten ihm nur halbwegs.
Sein Zweifel au der angeblichen Herkunft des Baron waren
doppelt angeregt worden und nur zum Schein stellte er sich
befriedigt.
Ueberdies spürte Gant-de-Fer eine unerklärliche Unruhe.
Er ahnte es, obgleich er weit davon entfernt war, abergläubisch
zu sein, daß ihm ein Unglück bevorstehe. Jeder Andere
würde sich gesagt haben: „Weil Dir die Gefahr droht, ist es
rathsam, derselben auszuweichen." Nicht so Gant-de-Fer.
Er war es vielmehr gewohnt, selbst der ernstesten Gefahr
offen die Stirn zu bieten.
Inzwischen war der Augenblick gekommen, daß die Fee
auf der Bühne erscheinen sollte.
Wie mit einem Schlage schien die Scene verändert zu
sein. Ein geheimnißvolles Beben, dem Geräusche des Windes


ähnlich, der durch die Blätter der Bäume streicht, drang es
aus dem Theatersaal bis zu den Koulissen hin.
„Das ist unser Paquita!" sprach Plötzlich der Baron.
Es war in der That eine bewunderungswerthe Er-
scheinung, dieses mit Diamanten und Perlen übersäete
Mädchen!
Ihre Haut war weiß wie Alabaster. Ihr dichtes,
rabenschwarzes Haar wallte lockenartig tief über die Schultern
herab. Ihre schlanke Taille bedeckte ein goldener Brustharnisch.
Ein mit kostbarem Geschmeide bedecktes Stirnband schmückte
ihr edel geformtes Haupt. Das Gerücht hatte sich keiner
Uebertreibung schuldig gemacht; sie war beispiellos schön, schön
wie eine Göttin.
„Paquita?" fragte Graf R!bauval gleichgültig. „Wo
ist sie denn?"
„Dort in der Wolke!" erklärte der Baron.
Müde erhob Nibauval den Blick zu der voller Himm-
lischer Majestät niederschwebenden Erscheinung.
„Himmel!" rief er plötzlich erbleichend aus, indem er,
um nicht umzusinken, sich an einer Koulisse festhielt.
„Was ist Ihnen?" fragte der Baron, dem die Auf-
regung des Grafen nicht entging.
Doch schon Hatte dieser sich wieder gesammelt.
„Mir fehlt nichts!" stammelte er.
„Kommen Sie, damit ich sie Ihnen einmal vorstelle,
Herr Graf!"
Graf de Ribauval machte eine zurückweichende Bewegunng.
„Später !" stieß er hervor, „später!"
„Nein, nein, jetzt," drängte der Baron, welcher gleich-
zeitig, das junge, gleich einer Königin hinter den Koulissen
erscheinende Mädchen durch den Ausruf „Paquita!" zurückhielt.
„Ah, Sie sind es Herr Baron?" versetzte sie, indem
Sie ihm ihre wie Elfenbein schimmernde weiße Hand reichte.
Ribauval ward bleich wie ein Gespenst, nur mit Mühe
vermochte er, sich aufrecht zu halten.
„Paquita ich wünsche Sie dem Herrn vorzustellen,
welcher ein intimer Freund des Marquis de Roqueville ist.
„Paquita sah den Grafen eine Weile forschend ins
Antlitz, dann zuckten blendende Blitzstrahlen aus ihren Augen;
ihre Phisiognomie, die vorhin lächelnd und heiter erschien,
nahm einen Ausdruck des grimmigsten Hasses an.
Unwillkürlich trat sie einige Schritte zurück.
„Er!" flüsterte sie dabei. „Er!"
 
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