„Sind nicht mehr ihr Eigenthum!" vollendete der Andere
langsam und mit Nachdruck.
Der Graf erbebte.
„Ich weiß, daß mau verwichene Nacht Ihrem Palais
einen unliebsamen Besuch abgestattet hat und daß die Papiere,
worauf Sie ein so großes Gewicht legen, Ihnen gestohlen
worden sind. Ich weiß, daß zwei Polizeibeamte die Diebe
verfolgt Haben und daß der eine dieser Beamten beim Ver-
folgen der Banditen im Park Ihres Palais eine Brieftasche fand,
welche die werthvollen Papiere enthielt. Diese Papiere —
sie sind hier!"
Mit diesen Worten zeigte er Ribauval die Brieftasche
mit Ihrem kostbaren Inhalt.
Mit einem Sprung stürzte der Graf auf ihn, um ihm
den Fund zu entreißen, aber schon hatte der Baron das
werthvolle Objekt in seiner Brusttasche sicher verborgen.
„Bemühen Sie sich nicht!" sagte er höhnisch. „Glauben
Sie mir, in Ihrer Lage können Sie nichts Besseres thun,
als sich heimlich aus diesem Hause zu entfernen. Man wird
sie unbehindert entfliehen lassen. Einen günstigeren Rath
wüßte ich Ihnen nicht zu ertheilen."
„Teufel und Hölle! Wer sind Sie? Ich will das
wissen!"
Der Baron lächelte überlegen.
Plötzlich, wie sich besinnend, fuhr Ribauval sich mit der
Hand an die Stirn.
„Ah, ich habe es!" rief er. „Sie sind der eine der
Polizeibeamten, die vergangene Nacht bei mir waren."
„Sie Haben ein gutes Gedächtniß, Herr Graf!" ver-
setzte der Andere spöttisch. „Aber Sie müssen weiter in die
Vergangenheit zurückgreifen."
Der Baron that einen Schnitt vorwärts, so daß sein
Antlitz dem vollen Lichte ausgesetzt war.
„Erinnern Sie sich meiner noch nicht?" fragte er.
Der Graf betrachtete sein Gegenüber aufmerksam.
„Ich wüßte nicht . . ." stammelte er.
Mit einer raschen Bewegung entfernte der angebliche
Baron de Rollert jetzt den falschen Bart und die Perücke,
die ihn völlig unkenntlich machten.
Graf de Ribauval stieß einen Wuthschrei aus.
„Bas-les-Pattes!" stieß er hervor.
Der Sohn der Mutter Pirouette brach in ein schallendes
Gelächter aus:
„Ja, Bas-les-Pattes!" versetzte er. „Bas-les-Pattes,
welcher Dich entwaffnet hat; Bas-les-Pattes, welcher Dir
Hortense auf immer geraubt hat; Bas-les-Pattes, welcher
Dich aus dem Felde geschlagen hat und Dich jetzt zwingt,
zu fliehen, Dich, den Unbezwinglichen; Bas-les-Pattes, welcher
Dir Trotz bietet, Dich herausfordert und sich grausam an
Dir rächt! Fliehe, der Weg steht Dir frei!"
Zähneknirrschend und die Hände geballt, stand Ribau-
val da.
Am liebsten würde er sich auf seinen Gegner gestürzt
Haben, um Den, der so kühne Worte zu ihm sprach, wie es
noch Keiner zuvor gewagt hatte, zu züchtigens, wie einen
Buben. Aber die Klugheit rieth ihm, sich zu beherrschen und
gewaltsam drängte er die maßlose Wuth, die in ihm gährte,
zurück.
„Du willst mich ungehindert entfliehen lassen?" zischte
er. „Du fürchtest nicht, daß ein Tag kommen kann, an
welchem Du es bitter bereuen wirst, mich entkommen gelassen
zu Haben?"
„Nein, ich fürchte Dich nicht!" entgegnete Bas-les-
Pattes. „Ich könnte Dich jederzeit den Gerichten überliefern,
doch wozu würde mir das dienen? Du wirst Hortense nie
die Deine nennen. Darin liegt der Schwerpunkt meiner
Rache und die Quelle Deiner Folterqualen."
Dumpf erwiderte Ribauval:
„Wohlan, so höre mein letztes Wort. Du hast die
erste Parthie gewonnen, ich werde in der zweiten siegen und
mich furchtbar an Dir rächen. Hortense wird Keinem als
mir angehören, so wahr ich Gant-de-Fer heiße! Denke an
mein Wort!"
Und wie von Furien getrieben verließ er das Zimmer
und das Roqueville'sche Palais.
Seine Equipage hielt noch vor dem Portal.
„Rue du Mont-Cenis!" rief er seinem Kutscher zu, in
den Wagen springend, und im Galopp rollte das elegante
Gespann davon.
„Es gilt!" zischte Gant-de-Fer, in die weichen Polster
des Wagens zurücksinkend. „Es gilt einem Kampf auf Tod
und Leben! mich bezwingen zu wollen, träumte sich dieser
Thor! Er mag sich hüten! mit welchen Waffen immer auch
er kämpfen mag, mein, mein ist dennoch der Sieg! und ver-
bündeten sich Erde und Himmel wieder mich, ich allein werde
Hortense besitzen und über meine Feinde triumphiren! Sie
alle mögen zittern! Gant-de-Fer ist zu tödten, aber nicht zu
besiegen, so lange noch ein Athem in ihm ist!"
XIII.
Die Straße Mont-Cenis in Montmartre bestand in der
Epoche, in welcher unsere Erzählung spielt, nur aus einigen
unansehnlichen Giebelhäuschen mit dazwischen verstreut liegen-
den Gärten.
Inmitten dieser Baulichkeiten erblickte man ein Haus
von besser erhaltenem Aeußeren, als die der Umgebung,
eingeschlossen von einem großen Garten.
Dieses Haus war das Eigenthum des Grafen de Ribauval.
Die Mitternachtstunde Hatte bereits ausgeschlagen, als
zwei Männer in blauen Blousen sich langsam durch die
Straße Mont-Cenis nach dem Hause des Grafen begaben.
„Es ist abgemacht!" sagte der eine der Beiden.
„Der Handel ist geschlossen!" erwiderte der Andere,
welcher kein Anderer, als unser alter Bekannter Surineur
war, dem wir zu Anfang unserer Erzählung im Wirthshause
„Zum Tannenzapfen" begegneten. „Für mich giebt es nur
Eins, das Werth Hat: Geld, viel Geld!"
„Darin pflichte ich Dir bei," stimmte der Erstere zu
und zog dabei aus der 'Brusttasche seiner Blouse eine Fünf-
tausendfranks-Note hervor, die er Surineur überreichte.
„Das wäre der Lohn für heute .... und Morgen?"
„Morgen," versetzte der Unbekannte, „Morgen wirst Du,
wenn Du mich nicht verrathen hast, einen gleichen Betrag
von mir erhalten."
Surineur machte eine lebhafte Geste.
„Dafür verschreibe ich mich, wenn es sein muß, dem
Teufel. Wer weiß übrigens, was uns bevorsteht? Auf alle
Fälle werde ich mich vorsehen. Ich weiß zwar nicht, was
man im Schilde führt, das aber steht fest, daß Du mir
Zahlung geleistet hast und daß ich nicht dulden werde, daß
Dir auch nur ein Haar gekrümmt wird. Solltest Du in
die Enge getrieben werden, so wird Surineur Dir zur Seite
stehen. Auf Banditentreue!"
Der Unbekannte hielt ihm die Hand hin, die Surineur
drückte. Dann schritten Beide schweigend neben einander her,
bis sie das bezeichnete Haus erreicht hatten.
Surineur ließ den Thürklopfer niederfallen, die Pforte
öffnete sich und beide traten in's Haus.
In demselben Moment aber vertrat eine dunkle Gestalt
ihnen den Weg. Es war Batard, welcher, eine Laterne in
der erhobenen Hand haltend, den Ankommenden ins Antlitz
leuchtete.
„Wer da?" fragte er.
„Gut, Freund!" versetzte Surineur, Batard die Hand
entgegenstreckend, welche dieser kräftig drückte.
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinnütziges.
(Ein Mittel gegen Kesselstein) soll entdeckt worden sein.
Schon vor etwa vier Jahren hat George Dowine in Kali-
fornien auf die werthvolle Eigenschaft des „Eucalyptus" hin-
gewiesen, die Bildung von Kesselstein zu verhüten und, wo
er sich gebildet, ihn loszulösen. Diese Frage wurde mit
großem Interesse in in den Vereinigten Staaten verfolgt und
bildete wiederholt den Gegenstand von Vorträgen an Uni-
versitäten. Man gelangte allgemein zu der Schlußfolgerung,
daß die in Eucalyptus enthaltenen vegetabilischen Stoffe die
Mineralsalze, wie Calciumsulphat, Calcium- und Magnesium-
carbonat und derartige, ursprünglich im Wasser gelöste Körper
angreifen und so in schlammige Form bringen, was sonst
als fester Niederschlag herausgefallen Wäre. Ebenso wirken
die Stoffe auf bereits gebildeten Kesselstein, indem sie ihn
allmälig lösen, oder ihn doch, wenn er zu fest geworden ist,
erweichen und vom Kesselblech ablösen, so daß er dann leicht
entfernt werden kann. In größerer Menge angewandt, bildet
der Auszug einen dünnen Niederschlag vegetabilischer Natur
auf dem Eisen, welcher dasselbe gegen Rost- und Narben-
bildung schützt. Daß keinerlei schädliche Einwirkung auf das
Eisen erfolgt, geht aus dem Umstande Hervor, daß die Kessel
der Faktorei in Kalifornien, wo der Auszug bereitet wird —
es werden täglich mehrere Tonnen dargestellt, — nunmehr
seit drei Jahren unter hohem Dampfdruck in Thätigkeit sind
und daß ihr Eisen auch durch ganz konzentrirte Flüssigkeit
vollkommen unangegriffen blieb. Die Kessel wurden von Sach-
verständigen besichtigt.
Allerlei.
(Die Luftballons) sind auf dem Punkt, allgemein als
unentbehrliche Kriegsmittel acceptirt zu werden, so schreibt
„La Gaz. de France." „Jedes französische Armeekorps
ist schon mit einer Ballonkaptif-Equipage ausgerüstet worden."
Diese Ausrüstung besteht aus einem Ballon, der aus einem
durch einen Firniß lüft- und wasserdicht gemachten Seiden-
gewebe angefertigt ist; aus einem transportablen Apparat
zur Fabrikation von Wasserstoffgas mittelst Zersetzung des
Wassers durch Eisen und Schwefelsäure; aus einer Dampf-
maschine, die den mechanischen Wellbaum für Kaptif-Aufstei-
gungen in Funktion setzt; aus einem an der Gondel des
Ballons befestigten photographischen Apparat und endlich aus
einem Telephon, welches, wenn der Ballon aufgestiegen ist,
den beiden Offizieren in der Gondel gestattet, in fortwähren-
der Kommunikation mit den Offizieren auf der Erde zu
bleiben. Italien und Rußland, dem Beispiel der französischen
Regirung folgend, Haben schon Ballonkaptifs konstruiren lassen,
von Herrn Gabriel Aon, welcher in Paris ein bezügliches
Atelier errichtet hat. Holland und Belgien Haben ähnliche
Bestellungen gemacht bei Herrn Lachambre, ebenfalls Luft-
ballon-Constructeur in Paris. England besitzt in Chatham
eine militärische Aeronautenstation, wie Frankreich in Medon.
Deutschland hat nicht denselben Weg betreten. Es hat sich
weniger damit beschäftigt, Aerostaten zur Beobachtung der
Armeen zu schaffen, des Angriffs und der Vertheidigung der
Festungen als vielmehr, um Mittel zu finden, die feindlichen
Ballons unschädlich zu machen. Herr Gaston Tissandier be-
richtet wenigstens, daß der deutsche große Generalstab in
Berlin artilleristische Apparate konstruiren lasse, deren Geschosse
dazu bestimmt leien, Ballons in großer Höhe zu erreichen.
(Ein Kriegsschiff mit Dynamitgeschütze«,) die eine ver-
heerende Wirkung ausüben sollen, läßt die Regierung der
Vereinigten Staaten von Nordamerika Herstellen. Es verlautet
darüber Folgendes: Das neue Kriegsschiff soll drei Dyna-
mitgeschütze tragen, von denen jedes im Stande ist, Geschosse
von je 200 Pfund Dynamit eine Meile weit mit Genauigkeit
zu werfen und alle zwei Minuten einen Schuß abzugeben,
— Geschütze von 10»/^ Zoll Kaliber; doch hat die Kompagnie,
welche den Bau übernahm, versprochen, das Kaliber auf 12
Zoll zu erhöhen. Dann werden die Geschütze Kugeln von
400 Pfund Dynamit werfen, — hinreichend, das größte und
stärkste Kriegsschiff in die Luft zu sprengen. Dazu bestimmt
der Vertrag, daß das Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 20
Knoten die Stunde, so viel wie 23 Meilen, Haben muß —
eine Schnelligkeit, welche von sehr wenigen größeren Fahr-
zeugen erreicht wird und der kaum eines der schwerbewaff-
neten neueren Kriegsfahrzeuge zu entgehen vermag. Das
Fahrzeug wird 230 Fuß in der Länge, 26 Fuß in der
Breite Haben, 7^/, Fuß Tiefgang uud 3200 Pferdekraft.
Der Preis ist auf 350000 Dollar festgesetzt. Die Kompagnie
Hat für pünktliche Ausführung des Vertrages Sicherheit gestellt,
wenn das Schiss die vereinbarte Schnelligkeit nicht erreichte,
so würde es nicht angenommen werden; ebenso sind die
Treffsicherheit und Gefahrlosigkeit für die Mannschaft bei der
Abfeuerung der Geschütze Grundbedingungen. Der Plan des
Fahrzeuges ist in alle Einzelnheiten genau festgestellt und
die Kompagnie hegt volle Gewißheit, daß sie nicht nur alle
Bedingungen des Vertrages erfüllen, sondern dieselben noch
übertreffen kann; eine besondere Kommission und der Marine-
minister Haben den Plan vollständig gebilligt. Der Vertrag
wurde mit der „Pneumatic Dynamite Gun Company" abge-
schlossen; die Cramps von Philadelphia werden den Bau
ausführen. Seeoffiziere sind der Ansicht, daß das Fahrzeug
unter den Kriegsflotten der Welt eine vollständige Revolution
Hervorrufen und Alles, was jetzt die Stärke und den Stolz
derselben bildet, über den Haufen werfen wird. Wenige
solche neue Schiffe würden, wie man behauptet, die Küsten
eines Landes gegen sämmtliche Seemächte der Welt sicher
stellen.
Humoristisches.
(Verfehlte Sparsamkeit.) Bauer: „Dä, Alte, da kann
Ma' si' für a' Zenerl wiegen lassen!" — Bäuerin: „Recht
hast, da geh'n wir hin, und da mei' i' ma' mer stell'n uns
glei' alle Zwei aus d' Waag' na, kost's für uns Zwei nur
a' Zehnerl!"
(Schlagfertig) Glaubst Du an meine Liebe, Alfred?"
— „Glauben? Gewiß!" Glauben heißt ja etwas für wahr
Halten, wofür uns die Beweise fehlen!"
(Herausgeplatzt.) Lehrerin, (die bei der Erklärung des
Stabreimes denselben durch Beispiele zu erläutern sucht):
„Ergänzen Sie einmal den Satz: Er fürchtet weder Tod,
noch —" — Schülerin (einfallend): „Teufel!" — Lehrerin,
„Nun ferner: Wir Mädchen lieben Sammt und —" —:
Schülerin: „— sonders!"
(Sonderbare Calculatiou.) Patient: „Es ist ja recht
schön, daß Sie mich in so kurzer Zeit von meinem lang-
jährigen Leiden befreit haben! Aber dafür sind Halt 50 Mk.
doch zu viel! Ich kitt' Sie, dafür bin ich ja bei meinem
früheren Arzt das ganze Jahr krank gewesen!"
(Voraussicht.) „Mein Fräulein — ich liebe Sie —
machen Sie mich zum Glücklichsten der Sterblichen und
schenken Sie mir Ihre Hand!"
„Aber, erlauben Sie mir, Herr Lehramtscandidat, Sie
schauen wirklich nicht darnach aus, als ob Sie eine Frau
mit 10 Kindern ernähren könnten!"
(Phantasielos.) Kaufmann: „Die Rechnung beträgt
60 Mark. Sie Haben aber hier nur 50 hingelegt!"
Dichter: „Ja Haben Sie denn nicht so viel Phantasie,
sich das klebrige hinzuzudenken?"
langsam und mit Nachdruck.
Der Graf erbebte.
„Ich weiß, daß mau verwichene Nacht Ihrem Palais
einen unliebsamen Besuch abgestattet hat und daß die Papiere,
worauf Sie ein so großes Gewicht legen, Ihnen gestohlen
worden sind. Ich weiß, daß zwei Polizeibeamte die Diebe
verfolgt Haben und daß der eine dieser Beamten beim Ver-
folgen der Banditen im Park Ihres Palais eine Brieftasche fand,
welche die werthvollen Papiere enthielt. Diese Papiere —
sie sind hier!"
Mit diesen Worten zeigte er Ribauval die Brieftasche
mit Ihrem kostbaren Inhalt.
Mit einem Sprung stürzte der Graf auf ihn, um ihm
den Fund zu entreißen, aber schon hatte der Baron das
werthvolle Objekt in seiner Brusttasche sicher verborgen.
„Bemühen Sie sich nicht!" sagte er höhnisch. „Glauben
Sie mir, in Ihrer Lage können Sie nichts Besseres thun,
als sich heimlich aus diesem Hause zu entfernen. Man wird
sie unbehindert entfliehen lassen. Einen günstigeren Rath
wüßte ich Ihnen nicht zu ertheilen."
„Teufel und Hölle! Wer sind Sie? Ich will das
wissen!"
Der Baron lächelte überlegen.
Plötzlich, wie sich besinnend, fuhr Ribauval sich mit der
Hand an die Stirn.
„Ah, ich habe es!" rief er. „Sie sind der eine der
Polizeibeamten, die vergangene Nacht bei mir waren."
„Sie Haben ein gutes Gedächtniß, Herr Graf!" ver-
setzte der Andere spöttisch. „Aber Sie müssen weiter in die
Vergangenheit zurückgreifen."
Der Baron that einen Schnitt vorwärts, so daß sein
Antlitz dem vollen Lichte ausgesetzt war.
„Erinnern Sie sich meiner noch nicht?" fragte er.
Der Graf betrachtete sein Gegenüber aufmerksam.
„Ich wüßte nicht . . ." stammelte er.
Mit einer raschen Bewegung entfernte der angebliche
Baron de Rollert jetzt den falschen Bart und die Perücke,
die ihn völlig unkenntlich machten.
Graf de Ribauval stieß einen Wuthschrei aus.
„Bas-les-Pattes!" stieß er hervor.
Der Sohn der Mutter Pirouette brach in ein schallendes
Gelächter aus:
„Ja, Bas-les-Pattes!" versetzte er. „Bas-les-Pattes,
welcher Dich entwaffnet hat; Bas-les-Pattes, welcher Dir
Hortense auf immer geraubt hat; Bas-les-Pattes, welcher
Dich aus dem Felde geschlagen hat und Dich jetzt zwingt,
zu fliehen, Dich, den Unbezwinglichen; Bas-les-Pattes, welcher
Dir Trotz bietet, Dich herausfordert und sich grausam an
Dir rächt! Fliehe, der Weg steht Dir frei!"
Zähneknirrschend und die Hände geballt, stand Ribau-
val da.
Am liebsten würde er sich auf seinen Gegner gestürzt
Haben, um Den, der so kühne Worte zu ihm sprach, wie es
noch Keiner zuvor gewagt hatte, zu züchtigens, wie einen
Buben. Aber die Klugheit rieth ihm, sich zu beherrschen und
gewaltsam drängte er die maßlose Wuth, die in ihm gährte,
zurück.
„Du willst mich ungehindert entfliehen lassen?" zischte
er. „Du fürchtest nicht, daß ein Tag kommen kann, an
welchem Du es bitter bereuen wirst, mich entkommen gelassen
zu Haben?"
„Nein, ich fürchte Dich nicht!" entgegnete Bas-les-
Pattes. „Ich könnte Dich jederzeit den Gerichten überliefern,
doch wozu würde mir das dienen? Du wirst Hortense nie
die Deine nennen. Darin liegt der Schwerpunkt meiner
Rache und die Quelle Deiner Folterqualen."
Dumpf erwiderte Ribauval:
„Wohlan, so höre mein letztes Wort. Du hast die
erste Parthie gewonnen, ich werde in der zweiten siegen und
mich furchtbar an Dir rächen. Hortense wird Keinem als
mir angehören, so wahr ich Gant-de-Fer heiße! Denke an
mein Wort!"
Und wie von Furien getrieben verließ er das Zimmer
und das Roqueville'sche Palais.
Seine Equipage hielt noch vor dem Portal.
„Rue du Mont-Cenis!" rief er seinem Kutscher zu, in
den Wagen springend, und im Galopp rollte das elegante
Gespann davon.
„Es gilt!" zischte Gant-de-Fer, in die weichen Polster
des Wagens zurücksinkend. „Es gilt einem Kampf auf Tod
und Leben! mich bezwingen zu wollen, träumte sich dieser
Thor! Er mag sich hüten! mit welchen Waffen immer auch
er kämpfen mag, mein, mein ist dennoch der Sieg! und ver-
bündeten sich Erde und Himmel wieder mich, ich allein werde
Hortense besitzen und über meine Feinde triumphiren! Sie
alle mögen zittern! Gant-de-Fer ist zu tödten, aber nicht zu
besiegen, so lange noch ein Athem in ihm ist!"
XIII.
Die Straße Mont-Cenis in Montmartre bestand in der
Epoche, in welcher unsere Erzählung spielt, nur aus einigen
unansehnlichen Giebelhäuschen mit dazwischen verstreut liegen-
den Gärten.
Inmitten dieser Baulichkeiten erblickte man ein Haus
von besser erhaltenem Aeußeren, als die der Umgebung,
eingeschlossen von einem großen Garten.
Dieses Haus war das Eigenthum des Grafen de Ribauval.
Die Mitternachtstunde Hatte bereits ausgeschlagen, als
zwei Männer in blauen Blousen sich langsam durch die
Straße Mont-Cenis nach dem Hause des Grafen begaben.
„Es ist abgemacht!" sagte der eine der Beiden.
„Der Handel ist geschlossen!" erwiderte der Andere,
welcher kein Anderer, als unser alter Bekannter Surineur
war, dem wir zu Anfang unserer Erzählung im Wirthshause
„Zum Tannenzapfen" begegneten. „Für mich giebt es nur
Eins, das Werth Hat: Geld, viel Geld!"
„Darin pflichte ich Dir bei," stimmte der Erstere zu
und zog dabei aus der 'Brusttasche seiner Blouse eine Fünf-
tausendfranks-Note hervor, die er Surineur überreichte.
„Das wäre der Lohn für heute .... und Morgen?"
„Morgen," versetzte der Unbekannte, „Morgen wirst Du,
wenn Du mich nicht verrathen hast, einen gleichen Betrag
von mir erhalten."
Surineur machte eine lebhafte Geste.
„Dafür verschreibe ich mich, wenn es sein muß, dem
Teufel. Wer weiß übrigens, was uns bevorsteht? Auf alle
Fälle werde ich mich vorsehen. Ich weiß zwar nicht, was
man im Schilde führt, das aber steht fest, daß Du mir
Zahlung geleistet hast und daß ich nicht dulden werde, daß
Dir auch nur ein Haar gekrümmt wird. Solltest Du in
die Enge getrieben werden, so wird Surineur Dir zur Seite
stehen. Auf Banditentreue!"
Der Unbekannte hielt ihm die Hand hin, die Surineur
drückte. Dann schritten Beide schweigend neben einander her,
bis sie das bezeichnete Haus erreicht hatten.
Surineur ließ den Thürklopfer niederfallen, die Pforte
öffnete sich und beide traten in's Haus.
In demselben Moment aber vertrat eine dunkle Gestalt
ihnen den Weg. Es war Batard, welcher, eine Laterne in
der erhobenen Hand haltend, den Ankommenden ins Antlitz
leuchtete.
„Wer da?" fragte er.
„Gut, Freund!" versetzte Surineur, Batard die Hand
entgegenstreckend, welche dieser kräftig drückte.
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinnütziges.
(Ein Mittel gegen Kesselstein) soll entdeckt worden sein.
Schon vor etwa vier Jahren hat George Dowine in Kali-
fornien auf die werthvolle Eigenschaft des „Eucalyptus" hin-
gewiesen, die Bildung von Kesselstein zu verhüten und, wo
er sich gebildet, ihn loszulösen. Diese Frage wurde mit
großem Interesse in in den Vereinigten Staaten verfolgt und
bildete wiederholt den Gegenstand von Vorträgen an Uni-
versitäten. Man gelangte allgemein zu der Schlußfolgerung,
daß die in Eucalyptus enthaltenen vegetabilischen Stoffe die
Mineralsalze, wie Calciumsulphat, Calcium- und Magnesium-
carbonat und derartige, ursprünglich im Wasser gelöste Körper
angreifen und so in schlammige Form bringen, was sonst
als fester Niederschlag herausgefallen Wäre. Ebenso wirken
die Stoffe auf bereits gebildeten Kesselstein, indem sie ihn
allmälig lösen, oder ihn doch, wenn er zu fest geworden ist,
erweichen und vom Kesselblech ablösen, so daß er dann leicht
entfernt werden kann. In größerer Menge angewandt, bildet
der Auszug einen dünnen Niederschlag vegetabilischer Natur
auf dem Eisen, welcher dasselbe gegen Rost- und Narben-
bildung schützt. Daß keinerlei schädliche Einwirkung auf das
Eisen erfolgt, geht aus dem Umstande Hervor, daß die Kessel
der Faktorei in Kalifornien, wo der Auszug bereitet wird —
es werden täglich mehrere Tonnen dargestellt, — nunmehr
seit drei Jahren unter hohem Dampfdruck in Thätigkeit sind
und daß ihr Eisen auch durch ganz konzentrirte Flüssigkeit
vollkommen unangegriffen blieb. Die Kessel wurden von Sach-
verständigen besichtigt.
Allerlei.
(Die Luftballons) sind auf dem Punkt, allgemein als
unentbehrliche Kriegsmittel acceptirt zu werden, so schreibt
„La Gaz. de France." „Jedes französische Armeekorps
ist schon mit einer Ballonkaptif-Equipage ausgerüstet worden."
Diese Ausrüstung besteht aus einem Ballon, der aus einem
durch einen Firniß lüft- und wasserdicht gemachten Seiden-
gewebe angefertigt ist; aus einem transportablen Apparat
zur Fabrikation von Wasserstoffgas mittelst Zersetzung des
Wassers durch Eisen und Schwefelsäure; aus einer Dampf-
maschine, die den mechanischen Wellbaum für Kaptif-Aufstei-
gungen in Funktion setzt; aus einem an der Gondel des
Ballons befestigten photographischen Apparat und endlich aus
einem Telephon, welches, wenn der Ballon aufgestiegen ist,
den beiden Offizieren in der Gondel gestattet, in fortwähren-
der Kommunikation mit den Offizieren auf der Erde zu
bleiben. Italien und Rußland, dem Beispiel der französischen
Regirung folgend, Haben schon Ballonkaptifs konstruiren lassen,
von Herrn Gabriel Aon, welcher in Paris ein bezügliches
Atelier errichtet hat. Holland und Belgien Haben ähnliche
Bestellungen gemacht bei Herrn Lachambre, ebenfalls Luft-
ballon-Constructeur in Paris. England besitzt in Chatham
eine militärische Aeronautenstation, wie Frankreich in Medon.
Deutschland hat nicht denselben Weg betreten. Es hat sich
weniger damit beschäftigt, Aerostaten zur Beobachtung der
Armeen zu schaffen, des Angriffs und der Vertheidigung der
Festungen als vielmehr, um Mittel zu finden, die feindlichen
Ballons unschädlich zu machen. Herr Gaston Tissandier be-
richtet wenigstens, daß der deutsche große Generalstab in
Berlin artilleristische Apparate konstruiren lasse, deren Geschosse
dazu bestimmt leien, Ballons in großer Höhe zu erreichen.
(Ein Kriegsschiff mit Dynamitgeschütze«,) die eine ver-
heerende Wirkung ausüben sollen, läßt die Regierung der
Vereinigten Staaten von Nordamerika Herstellen. Es verlautet
darüber Folgendes: Das neue Kriegsschiff soll drei Dyna-
mitgeschütze tragen, von denen jedes im Stande ist, Geschosse
von je 200 Pfund Dynamit eine Meile weit mit Genauigkeit
zu werfen und alle zwei Minuten einen Schuß abzugeben,
— Geschütze von 10»/^ Zoll Kaliber; doch hat die Kompagnie,
welche den Bau übernahm, versprochen, das Kaliber auf 12
Zoll zu erhöhen. Dann werden die Geschütze Kugeln von
400 Pfund Dynamit werfen, — hinreichend, das größte und
stärkste Kriegsschiff in die Luft zu sprengen. Dazu bestimmt
der Vertrag, daß das Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 20
Knoten die Stunde, so viel wie 23 Meilen, Haben muß —
eine Schnelligkeit, welche von sehr wenigen größeren Fahr-
zeugen erreicht wird und der kaum eines der schwerbewaff-
neten neueren Kriegsfahrzeuge zu entgehen vermag. Das
Fahrzeug wird 230 Fuß in der Länge, 26 Fuß in der
Breite Haben, 7^/, Fuß Tiefgang uud 3200 Pferdekraft.
Der Preis ist auf 350000 Dollar festgesetzt. Die Kompagnie
Hat für pünktliche Ausführung des Vertrages Sicherheit gestellt,
wenn das Schiss die vereinbarte Schnelligkeit nicht erreichte,
so würde es nicht angenommen werden; ebenso sind die
Treffsicherheit und Gefahrlosigkeit für die Mannschaft bei der
Abfeuerung der Geschütze Grundbedingungen. Der Plan des
Fahrzeuges ist in alle Einzelnheiten genau festgestellt und
die Kompagnie hegt volle Gewißheit, daß sie nicht nur alle
Bedingungen des Vertrages erfüllen, sondern dieselben noch
übertreffen kann; eine besondere Kommission und der Marine-
minister Haben den Plan vollständig gebilligt. Der Vertrag
wurde mit der „Pneumatic Dynamite Gun Company" abge-
schlossen; die Cramps von Philadelphia werden den Bau
ausführen. Seeoffiziere sind der Ansicht, daß das Fahrzeug
unter den Kriegsflotten der Welt eine vollständige Revolution
Hervorrufen und Alles, was jetzt die Stärke und den Stolz
derselben bildet, über den Haufen werfen wird. Wenige
solche neue Schiffe würden, wie man behauptet, die Küsten
eines Landes gegen sämmtliche Seemächte der Welt sicher
stellen.
Humoristisches.
(Verfehlte Sparsamkeit.) Bauer: „Dä, Alte, da kann
Ma' si' für a' Zenerl wiegen lassen!" — Bäuerin: „Recht
hast, da geh'n wir hin, und da mei' i' ma' mer stell'n uns
glei' alle Zwei aus d' Waag' na, kost's für uns Zwei nur
a' Zehnerl!"
(Schlagfertig) Glaubst Du an meine Liebe, Alfred?"
— „Glauben? Gewiß!" Glauben heißt ja etwas für wahr
Halten, wofür uns die Beweise fehlen!"
(Herausgeplatzt.) Lehrerin, (die bei der Erklärung des
Stabreimes denselben durch Beispiele zu erläutern sucht):
„Ergänzen Sie einmal den Satz: Er fürchtet weder Tod,
noch —" — Schülerin (einfallend): „Teufel!" — Lehrerin,
„Nun ferner: Wir Mädchen lieben Sammt und —" —:
Schülerin: „— sonders!"
(Sonderbare Calculatiou.) Patient: „Es ist ja recht
schön, daß Sie mich in so kurzer Zeit von meinem lang-
jährigen Leiden befreit haben! Aber dafür sind Halt 50 Mk.
doch zu viel! Ich kitt' Sie, dafür bin ich ja bei meinem
früheren Arzt das ganze Jahr krank gewesen!"
(Voraussicht.) „Mein Fräulein — ich liebe Sie —
machen Sie mich zum Glücklichsten der Sterblichen und
schenken Sie mir Ihre Hand!"
„Aber, erlauben Sie mir, Herr Lehramtscandidat, Sie
schauen wirklich nicht darnach aus, als ob Sie eine Frau
mit 10 Kindern ernähren könnten!"
(Phantasielos.) Kaufmann: „Die Rechnung beträgt
60 Mark. Sie Haben aber hier nur 50 hingelegt!"
Dichter: „Ja Haben Sie denn nicht so viel Phantasie,
sich das klebrige hinzuzudenken?"