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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 37.1912

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Rodenwaldt, Gerhart: Votivpinax aus Mykenai
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https://doi.org/10.11588/diglit.37285#0150
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G. RODENWALDT

Empfang nehmend h In Gestalt, Kleidung und Bewegung ist
die Gottheit nicht von den lebendigen, wirklichen Menschen
unterschieden; keinesfalls kann man bei diesen Darstellun-
gen an Kultbilder, sondern nur an persönliche Erscheinun-
gen der Gottheit denken. Etwas anders liegt der Fall bei
dem mykenisclien Pinax. Auch hier lebt die Göttin und be-
wegt sich, wir haben kein totes Kultbild vor uns. Aber die
starre, steife Haltung hinter dem symmetrisch gebauten und
frontal gestellten Schilde ist nicht die eines lebendigen my-
kenischen Menschen, sondern die Darstellung ist offenbar
durch die Form eines Kultbildes beeinflusst. Gerade darin
ist ja eben die Verwandtschaft mit dem Palladion begrün-
det. Den Opfernden gegenüber belebt sich das Kultbild und
tritt in lebendigen Verkehr mit ihnen; das ist die gleiche
Art der Darstellung, wie sie in der aegyptischen Kunst
üblich ist, wo auch die Gottheit im Typus des Kultbildes
handelnd und bewegt erscheint. Doch besteht darum natür-
lich hier kein irgendwie greifbarer Zusammenhang mit
Aegypten.
Es gibt in der kretischen Malerei eine Kultdarstellung,
die wir wahrscheinlich in ähnlicher Weise deuten müssen,
auf der Vorderseite des Sarkophages von Hagia Triada. Die
stehende Gestalt, der die Opfergaben der drei Männer gel-
ten, als Toten aufzufassen, war eine zunächst gewiss sehr
naheliegende, aber keinesfalls notwendige Voraussetzung1 2.
Wir kennen sonst keine Darstellung von Totenkult aus der
minoischen Kultur. Vor allem weisen die übrigen Scenen
desselben Monuments keinerlei Beziehung zum Totenkult
auf. Die beiden Schmalseiten stellen je ein Paar von Göttin-

1 Furtwängler, Ant. G. Taf. II 20 u. 21, Bd. III, S. 36 f. Fig. 14 u. IS;
BSA. VII 19; 29, Fig. 9; Mon. Ant. XIII 43, Fig. 38.
2 Vgl. Petersen, Jahrb. d. Inst. XXIV 1909, 162. Den positiven Aus-
führungen Petersens kann ich ebensowenig beistimmen wie denen v. Duhns,
Arch. f. Rel. 1909, 161 ff., die beide den Zusammenhang mit griechischen
Vorstellungen einfach voraussetzen. In dem ungeheuren Reichtum der
klassisch - antiken Kulte und Riten kann man für die Details jeder Kult-
darstellung eines beliebigen Volkes und einer beliebigen Zeit Parallelen
finden; dadurch wird aber das aus griechischen Kvdten unerklärbare Ganze
 
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