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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Voepel, Otto: Theoretiker der Renaissance in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0038
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Maurice Braillard
(B.S.A.), Genf

Landhaus Deboeuf in Fou-
nex. (Waadt. Vergl. Tafel 59)

eine phantastische Mischung
von Gotik und Renaissance,
„eine steigende Lust zur An-
wendung von Renaissance-
formen, die aber gleichwohl
von einer wirklichen Kennt-
nis der Renaissance noch
weit entfernt sind“.
Das erste vollendete deut-
sche Werk über die Renais-
sance ist des Straßburger
Arztes Rivius in Nürn-
berg 1547 erschienener
„Der fürnembsten notwen-
digsten der ganzen Archi-
tektur angehörigen mathe-
matischen und mechanischen
Künsten eygentlicher Be-
richt“, sowie sein 1548 her-
ausgegebener „Vitruvius
deutsch“. Rivius fußt aller-
dings durchaus auf den Ita-
lienern: Cesariano, Alberti,
Polifilo, denen er auch man-
che bildliche Darstellungen

streben, etwas Weiteres und Fremdes zu
finden, denn wenn auch der hochberühmte
Vitruvius und andere gesucht und gute
Dinge gefunden hätten, so sei damit nicht
aufgehoben, daß nichts anderes, das
auch gut sei, möge gefunden werden.
Wie sehr Dürer gerade auf dem Gebiet
der Architektur nur Theoretiker war,
und wie fremd er dem Problem gesetz-
mäßigen Formgestaltens gegenüberstand,
beweisen seine Entwürfe zu drei Gedächt-
nissäulen, die wir heute kaum noch ernst
zu nehmen imstande sind. Es ist vielleicht
nicht unangebracht, hier auch auf den
bisweilen sehr naiven architektonischen
Hintergrund zu verweisen, den Dürer so
vielen seiner bildlichen Darstellungen
gegeben hat und der uns zu den Schöp-
fungen seiner Zeitgenossen wie zu dem
gegenüber der Natur aufs höchste ent-
wickelten Wirklichkeitssinn des Meisters
selber in einem bisher nicht genügend
erklärten Gegensatz zu stehen scheint.
Dürers Bücher waren nach Ansicht
seiner Zeitgenossen nur „für die, so eines
großen Verstandes, vielleicht dienlich“.
Deshalb unternahm es der Fürstlich Sim-
mernsche Sekretär Hieronymus Rodler im
Jahre 1531, namentlich die Gesetze der Per-
spektive „schlechter und begreiflicher“
darzulegen. Auch bei ihm finden wir noch
in den gegebenen Architekturbeispielen

Maurice Braillard Schulhaus in Myes. Sitzungs-
(B.S.A.), Genf zimmer. (Vergl. Tafel 58)


Architektonische Rundschau 1914
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