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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Ausbildung und Prüfungen des Architekten, [1]: Eine Umfrage
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Kalkschmidt, Eugen: Ignatius Taschner
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0051
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Ignatius Taschner f, Berlin. Archi-
tekt : Ludwig Hoffmann, Berlin

Bildhauerarbeiten an der Heil-
anstalt Buch bei Berlin

wickelt werden, in selbständiger Tätigkeit die
Bauaufgaben sachlich zu erfassen, folgerichtig
durchzudenken und das Projekt als eine klare,
vor dem Zeichnen schon vorhandene Vorstellung
zu erfassen, um es dann konstruktiv und ästhe-
tisch derart durchzuarbeiten, daß die Entwürfe
an die Ausführungsmöglichkeit heranreichen. — Es
ist Wert auf die Schulung des räumlichen Denkens
zu legen. Diesem Zweck sind auch die Vorlesungen
und Übungen des Stadt- und Landbaues dienstbar
zu machen, die in die beim Entwurf leitenden Ge-
sichtspunkte, in das Wesen des Bauprogramms und
der Raumverteilung einzuführen haben. Dem
gleichen Zweck soll auch die Aufnahme alter und
neuer Bauten, die schon von dem ersten Semester

an unter Leitung von Dozenten zu pflegen ist, durch
den Vergleich der geometrischen Aufnahmezeich-
nung mit der räumlichen Wirkung dienen. Eine
Berücksichtigung des Städtebaues ist zur Vervoll-
ständigung der Ausbildung notwendig.“
„Da die Befähigung der Studierenden und ihrer
Neigung bald die künstlerische, bald die technisch-
wissenschaftliche Seite der Ausbildung mehr be-
günstigen wird, so ist bei den Prüfungen die Ein-
führung von Wahlfächern zu empfehlen.“
„Der wirtschaftliche Unterricht ist mit
allen Vorlesungen und Übungen zu verbinden;
er soll den engen Zusammenhang von Technik
und Wirtschaft lehren und diesen auch bei allen
baukünstlerischen Aufgaben zur Geltung bringen.“

Ignatius Taschner f

Er hätte noch nicht sterben dürfen mit seinen
42 Jahren, denn Ignatius Taschner gehörte zu
den begnadeten Naturen in der Kunst, denen alle
Dinge, die sie treiben, zum Besten dienen. Dieses
Beste aber war ihm das künstlerische Formen, das
Bilden, das „Basteln“ auch. Was immer er anpackte
mit seinen zwei festen, geschickten Werkhänden, es
mochte Stein sein oder Metall, eine Holztür, ein ganzes
Haus oder eine Ofenkachel — er hauchte ihm einen
Geist ein, dessen Wärme und innerliche Schönheit man
spürte. In unserer Zeit der Spezialisierung auch der
Künste und Werkkünste war dieses vielseitige Schaf-
fen ein Trost für diejenigen, die in der akademischen
Trennung und Beglaubigung der Kunstarten einen
wesentlichen Grund für die Entfremdung des Volkes
vom natürlichen Kunstgefühl zu sehen glauben.

Ich weiß noch sehr wohl, wie seine ersten Plastiken
in den Ausstellungen auftauchten: bemalte kleine
Holzfiguren, kernig, derb und witzig geschnitzt, der
„Strauchdieb“, der wandernde Handwerksbursch,
das „Rauhbein“ auf dem Klepper. Das war Ende
der neunziger Jahre, als er mit solchen Arbeiten,
mit Bronzestatuetten und reizenden Brunnenent-
würfen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Vorher
hatte er, der geborene Kissinger, von 1889 bis 1896
gemächlich in der Münchener Akademie gearbeitet
unter Eberle, gemeinsam mit Georg Wrba und Josef
Rauch.
Von Hause aus gelernter Steinhauer, die frän-
kischen Erinnerungen aus Schweinfurt und Bam-
berg im Blut, empfand Taschner die plastische
Form von Anfang an als einen Ausdruck der Idee

Architektonische Rundschau 1914
Seite 39
 
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