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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Voepel, Otto: Baukunst und handwerkliche Schulung
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Fischer, Alfred: Die Ausbildung von Architekten an Kunstgewerbeschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0089
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Die größten Schwierigkeiten bot
diese Reform des Unterrichts im
Norden des Reiches, wo man über-
haupt den neueren Bestrebungen in
der Baukunst langsamer folgt. Hier
brachte das Vorgehen Preußens
im Jahre 1908 den ersehnten Um-
schwung, der im ganzen Umfang
erst nach einer Verjüngung der
Lehrkräfte sich vollzogen haben
wird.
In Süddeutschland ragt nament-
lich die Stuttgarter Baugewerk-
schule durch ihre Leistungen her-
vor; ihr Leiter ist Paul Schmohl,
der bekannte Begründer der ersten
deutschen Bauberatungsstelle. Ent-
sprechend den württembergischen
Verhältnissen hat diese Anstalt sich
das Ziel etwas weiter gesteckt: sie
hat auch die Gemeinde- und Amts-
baumeister kleinerer Bezirke aus-
zubilden und muß demnach ihre
Schüler zur selbständigen Bearbei-
tung auch umfangreicherer Auf-
gaben — Schulen, Kranken- und
Gemeindehäuser u. dgl. — be-
fähigen. Der Erfolg ihres Strebens
ist am Bauschaffen draußen im
Lande bereits deutlich wahrzu-
nehmen.


Es war die Absicht des Heraus-
gebers, im Rahmen dieses Heftes
auf die Bedeutung unserer niederen
und mittleren Fachschulen hinzuweisen, die in den
Kreisen der Architekten wenig gekannt, oft gering
geschätzt werden. Ziele und Methoden des Unter-

Diele im Wohn,
haus Böker
richtes mögen im folgenden von berufenen Fach-
leuten näher erläutert werden.
Voepel (B.D.A.)

Alfred Fischer (B.D.A.),
Essen (Ruhr)

Die Ausbildung von Architekten an Kunstgewerbeschulen
Von Regierungsbaumeister Alfred Fischer (B.D.A.), Direktor der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Essen

Die preußischen Fachschulen sollen in erster
Linie dem Handwerkerstand und solchen
kunstgewerblichen Betrieben förderlich sein, die im
zugehörigen Stadtbezirk besonders vertreten und
ansässig sind. In der mächtig aufstrebenden Indu-
strie-Hauptstadt Essen sind die Maler und Buch-
drucker an erster Stelle zu nennen, deren jungen
Nachwuchs die Fachschule fördern soll. Dement-
sprechend ist die erste Abteilung für Maler, Buch-
drucker, Lithographen, Graphiker und Kunstgewerb-
ler eingerichtet, die zweite Abteilung für Bau- und
Kunstschlosser und für Feinmetallarbeiter. In der
dritten Abteilung für Raumkunst erhalten Archi-
tekten, Innenarchitekten, sämtliche Bauhandwerker,
Bildhauer und Gärtner ihre Ausbildung.
An dieser Stelle interessiert besonders der Unter-
richt im architektonischen Entwerfen. Architektur-

unterricht ist laut ministeriellen Verfügungen in be-
schränktem Umfange Sache der kunstgewerblichen
Fachschulen. Nur die Düsseldorfer Kunstgewerbe-
schule hat mit der Einrichtung einer besonderen
Architekturabteilung für Absolventen der Baugewerk-
schulen eine Erweiterung erfahren. An den übrigen
Schulen besteht lediglich eine Abteilung für Raum-
kunst, bestimmt in der Hauptsache für Innen-
architektur. Daraus hat sich vielfach eine einseitige
Gestaltung des Architekturunterrichts herausgebildet.
Es wurde im Laufe der Zeit vergessen, daß ein Ver-
ständnis für das Architektonische nur durch das Stu-
dium eines ganzen Organismus erweckt werden kann.
Um dem zu begegnen, wird in der Essener Kunst-
gewerbeschule versucht, beim Unterricht im archi-
tektonischen Entwerfen den Schüler dahin zu bringen,
daß er den Innenraum als Teil des Bauwerkes auffassen

Architektonische Rundschau 1914
Seite 77
 
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