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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Voepel, Otto: Theoretiker der Renaissance in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0039
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Bildhauer Hermann
Hubacher, Bern


Fortuna und Merkur in der Schalter-
halle der Eidgenössischen Bank in Bern


entlehnt, freilich nicht, ohne sie sehr frei und vielfach
verbessert darzustellen; stand ihm doch der berühmte
Nürnberger Holzschneider Peter Flettner als Illu-
strator zur Seite. Dieser aber war durchaus vom
Geiste der nordischen Renaissance durchdrungen.
Seine zahlreichen eigenen Kompositionen sind wohl,
bei aller Anerkennung von Rivius’ Gelehrsamkeit,
weitaus der wertvollste Teil des Werkes. Im Text
ist Rivius ,,kürzer, bündiger und praktischer“ als
sein Vorgänger Vitruvius, und über seine Wirksam-
keit im ganzen wird geurteilt, daß seine Arbeiten
„eine bedeutende Wirkung ausgeübt haben müssen,
denn mit ihnen entsteht in Deutschland überhaupt
erst eine Art wirklichen Verhältnisses zur Antike
und damit zur Renaissance . . . zum erstenmal tritt
hier an den deutschen Architekten, der bis dahin ein
schlichter mittelalterlicher Steinmetz gewesen war,

die Forderung einer allgemeinen Bildung heran;
der Architekt müsse Latein, wohl auch Griechisch,
womöglich dann andere neuere Sprachen lernen,
um die Fachliteratur zu beherrschen“. In diese Zeit
fällt vielleicht überhaupt die Geburt, des eigentlichen,
klassisch gebildeten Architektenstandes, denn „unsere
gemeine Werkmeister und Steinmetzen sind solches
groben Verstandes, daß sie diese Dinge nicht be-
greifen und machen können“. Rivius’ Schriften be-
zeichnen offenbar „den Moment, wo die italienische
Behandlung der antiken Formen in Deutschland
eindringt“. Überaus interessant ist die von Lübke-
Haupt eingehend geschilderte, durchaus individuell
abweichende Darstellung typisch italienischer Re-
naissancebauwerke, und hier wäre vielleicht der
Schlüssel zu manchem Formenrätsel der nordischen
Renaissance zu finden.

Architektonische Rundschau 1914
Seite 27
 
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