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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Ausbildung und Prüfungen des Architekten, [1]: Eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0042
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A. Stürzenacker, Karls-
ruhe in Baden

Konversationshaus in Baden - Baden.
Wirtschaftsgebäude. (Vergl. Tafel 73-75)

Professor Paul Bonatz (B.D.A.), Architekt,
Stuttgart:
„Der größte Übelstand unserer Studien- und
Prüfungspläne ist die große Zahl von obligatori-
schen Fächern, die dem ordentlichen Studierenden
die Bewegungsfreiheit fast völlig nehmen. Das
nächste und auch wohl erreichbare Ziel sollte sein:
Befreiung der Vorprüfung von Mathematik, Physik,
Chemie und ähnlichen mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Fächern. Die Vorlesungen in tech-
nischer Mechanik und Statik müßten für den Archi-
tekten den in der Mittelschule erworbenen Kennt-
nissen angepaßt werden.
Sodann wäre auch die Hauptprüfung zu verein-
fachen und auf wenige Hauptfächer zu beschränken.
Freiwillige Wahlfächer könnten dazutreten.
Bei derartigen Prüfungen könnte das, was man j etzt
an Quantität verlangt, durch Qualität ersetzt werden.
Die von Ihnen befürwortete Trennung in ein
zweijähriges vorbereitendes Studium an der Bau-
gewerkschule und ein zweijähriges akademisches
Studium halte ich nicht für ratsam. Schon vom
ersten Semester ab soll das fachliche und künst-
lerische Interesse bei dem Studierenden geweckt
werden. Eine gleichmäßige künstlerische Beeinflus-
sung durch vier Jahre hindurch ist von größter Be-
deutung. Ob der konstruktive Unterricht auf
der Baugewerkschule oder Hochschule bessere Früchte
trägt, hängt in jedem Fall von dem betreffenden
Lehrer ab. Ich kann es auch nicht gelten lassen,

daß der Baugewerkschüler im praktischen Bureau-
betrieb dem Hochschüler vorzuziehen sei. In allen
einfacheren, praktischen und technischen Arbeiten
mag der Baugewerkschüler größere Gewandtheit
und Übung besitzen als der junge Diplomingenieur.
Für Entwurf und Detail, also die eigentlichen archi-
tektonischen Arbeiten, wird sich der Hochschüler
in der Regel geeigneter erweisen. Natürlich hat
auch diese Regel Ausnahmen, die jedoch nichts
gegen das System beweisen.
Für die Hochschule wäre viel gewonnen, wenn all-
gemein ein praktischesjahr vor Ablegung der Di-
plomprüfungverlangtwürde. Eine derartige Vorschrift
läßt sich jedoch nur einführen, wenn sie von sämt-
lichen Hochschulen gleichzeitig beschlossen wird.“
Professor Dr. A. E. Brinckmann, Karlsruhe:
,,Im allgemeinen kann ich Ihren Ausführungen
nur zustimmen, und wenn Sie damit in Beziehung
setzen, was ich über ein Teilgebiet, nämlich die
Kunstgeschichte an Technischen Hochschulen, kürz-
lich in der A. R. veröffentlicht habe*), so wäre
damit wohl mein Standpunkt angegeben. Alles wird
darauf ankommen, daß wir Leute heranbilden, die
nicht nur sich erinnern gelernt haben, sondern zum
Gestalten erzogen werden. Dazu gehört, wie es die
alten Architekten, Maler und Bildhauer zu Beginn
ihrer Lehre taten, zunächst ein tüchtiges Sichumsehen
in den werkmäßigen Dingen. Hier müßte es heißen:

*) Architektonische Rundschau, Jahrgang 29, Heft 10.

A. Stürzenacker, Entwurf für die Bebauung des Platzes
Karlsruhe vor dem Empfangsgebäude des Bahnhofs
in Baden Karlsruhe in Baden. (Vergl. Tafel 69—72)


Architektonische Rundschau 1914
Seite 30
 
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