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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Ausbildung und Prüfungen des Architekten, [2]: Eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0058
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schulen geholfen werden, ohne daß man darum zu
den Baugewerkschulen, Kunstgewerbeschulen oder
Akademien mit ihren doch ganz anderen Zielen
seine Zuflucht nehmen müßte.“
Architekt Tr. Hirsch, Direktor der Kgl. Bau-
gewerkschule, Nienburg an der Weser:
„Gewiß, nur eine gründliche Reform
kann den Hochschulen helfen. Auch die
Bauschulen haben ihre unbestreitbaren, großen Er-
folge erst erzielen können, als sie sich von einem
ins Kleine — um nicht zu sagen ins Kleinliche —
gestalteten Nachbilde der Hochschulen losgelöst
hatten. Erst mit dem Einsetzen eigener Gedanken,
mit dem Beschreiten neuer Wege aus der Fülle der
Lehrerfahrung heraus hat der Aufstieg der Bau-
schulen begonnen. Hieraus zu lernen und be-
stehende Mängel zu beseitigen, kann den Hoch¬

schulen nicht schwer werden, denn es besteht wohl
keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß Mängel
vorhanden sind; auch muß die Bevorzugung der
Bauschulabsolventen durch die Praxis, in der nur
das freie Spiel der Kräfte waltet und nur wirkliches
Können zum Emporkommen hilft, zum Nachdenken
veranlassen und schließlich auch zur Abhilfe zwingen.
Auf welchen Wegen dies geschehen müßte, darüber
kann man wohl verschiedener Ansicht sein; wer aber
mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit die oft geradezu
verblüffenden Erfolge hat beobachten können, die der
nur mit elementarer Vorbildung ausgestattete, aber
praktisch gut vorgebildete und fachlich befähigte
Schüler an den Bauschulen schließlich über den bis
zur Versetzung nach Obersekunda allgemein besser
vorgebildeten Kameraden auch in den allgemein
bildenden Fächern erzielt, dem muß unabweisbar
der Gedanke an eine grund-
legende Reform in der Aus-
bildung des Architekten
kommen. Und ob der Weg
über Berge von Zöpfen führt,
die unserem Kastenwesen
abzuschneiden wären, be-
schritten muß er werden.
Ist es im Jahrhundert der
Technik nicht überhaupt ein
Unding, daß eine so gedie-
gene technische Ausbil-
dung, wie sie auf unseren
Bauschulen vermittelt wird,
immer noch hinter der Wert-
schätzung und den Berech-
tigungen einer lückenhaf-
ten Allgemeinbildung
bis zum Einjährigen zu-
rückstehen muß?
Warum führt weder im
Süden noch im Norden eine
Brücke hinüber von der
Mittelschule zur Hochschule,
nicht nur was die Auszu-
bildenden betrifft, sondern
auch die Bildner der Jugend
selbst? Würde der frische
Geist, der an den Bauschulen
lebt und webt, nicht am Ende
doch auch den Hochschulen
außerordentlich wohl tun ?
Eine Forderung für die
Hochschulausbildung möchte
ich aber besonders unter-
strichen wissen, die der
praktischen Vorbildung,
d. h. einer wirklich hand-
werksmäßigen, bei der die
Grundlagen des tektonischen
Gestaltens, gleichviel ob im


Theodor Richter (B.D.A.) &
Fritz Heß, Loschwitz b. Dresden

Kleinwohnungsbauverein in Dresden.
Hauseingang der Gehestraße id

Architektonische Rundschau 1914
Seite 46
 
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