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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Goettel, Jakobus: Die Planung gemeinnütziger genossenschaftlicher Siedlungen, sogenannter Gartenvorstädte, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0073
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auf einer Seite der Fahrbahn mit einer Rinne.
Rechteckige Bordsteine aus Granit oder Kunststein
sind zu vermeiden; sie sind nicht schön, aber teuer und
bedingen erhöhte Fußwege. Eine 35—45 cm breite
gepflasterte Rinne ist billiger, schöner und gestattet
im Notfälle ein Ausweichen von Fahrzeugen. Wohn-
wege haben nur ganz leichten Verkehr und einmal
einen Möbelwagen zu fassen und genügen daher mit
einspuriger Breite von 2,50—3 m oder zweispurig
mit 4,20—4,50 m Breite, je nachdem sie locker oder
geschlossen bebaut sind. Bei ersterem Maß sind
alle 100—-150 m Ausweichstellen von 5—8 m Breite
vorzusehen. Soweit diese Wege zwischen Garten-
einfriedigungen führen, ist zwischen der Einfriedi-
gung und der Rinne ein etwa 40 cm breiter Kies-
oder Rasenstreifen liegen zu lassen als Schutz gegen
überstehende Wagenteile und zum Ausweichen der
Fußgänger.
Zweckmäßig ist es dann noch, die Vorgarten-
türen etwas hinter den Zaun oder die Hecke
zurückzusetzen, so daß auch vor jedem Gatter noch
ausgewichen werden kann. Das ist absolut kein
Behelf, sondern nur vernünftig! Als Befestigung
ist für diese Wege gestampfte Kesselschlacke gut
und billig, und erst recht für die Zugangs- und
kurzen Durchgangswege, welche bis auf 1,20 m
Breite genommen werden können.
In ebenem Gelände sollten diese Straßen und
Wege tunlichst gerade geführt werden; Hinder-
nisse erheischen genügend Abweichungen. Die
Gründe zur geraden Linie sind streng künstlerischer,
begrifflicher, wirtschaftlicher und technisch-prakti-
scher Natur in bezug auf einfache Gelände- und
Gartenaufteilung und auf Kanalisation. Hügeliges
Gelände erfordert allerdings gebogene Straßen,
aber selbst hier würde ich aus rein künstlerischen
Gründen, um dem Geschweif und Gebiege der
Ingenieure einen Halt zu geben, so oft es die Stei-
gung erlaubt, selbst einen etwas steileren Wohnweg
normal-gerade den Berg hinauf anlegen und ihn
auf ein wirkungsvolles Ziel zuführen mit und öfter
natürlich ohne Bebauung dieses Weges. Das führt
auch auf solchem Bauland zu Straßenbildern von
guter Wirkung und Charakteristik. Nicht nur die
Wohnhöfe, auch alle Straßen und Wege müssen mit
zielbewußten und klaren künstlerischen Mitteln
räumlich gestaltet werden, Straßen räume ent-
stehen, welche unerlaubten Verkehr auch praktisch
abhalten.
Dazu gliedere man die Straßen in kürzere Teile
durch Versetzen ihrer Achsen, gebe diesen einzelnen
Räumen Bewegung auf ein Ziel hin (Giebel, Baum)
oder lasse sie durch neutralen Abschluß mehr in
sich ruhen. Die Verhältnisse von Länge und Breite
sind wohl abzuwägen, so daß die räumliche Wirkung
auch erreicht wird. Durch die Hauptführungslinien
des Gesimses, des Firstes, der Gurte, eines stärkeren
Sockels, besonders aber durch die — auch wirt-

schaftlich — gebotene strenge Rhythmik der Haus-
öffnungen und Dachaufbauten und durch 1—2 m
starke Vorsprünge der Eckhäuser an den Enden eines
Straßen- oder Wohnhofraumes wird der räumliche
Eindruck unterstützt. Auch spricht da der einheitlich
zu behandelnde Vorgarten mit oder ohne Einfriedi-
gung wesentlich mit. Unsinnige Anpflanzung hier
kann die Wirkung wieder aufheben! Ich schlage
immer Rasenflächen vor mit gewählter Bepflanzung,
bin aber noch nicht damit durchgedrungen. Der
Rasen hebt farblich klarer hervor und unterstützt
mehr die architektonische Wirkung, ist billiger und
trotzdem zweckmäßig, bis auf das Abhalten von
Hunden.
Natürlich muß man mit den verschiedenen
Hausarten in diesen Straßeneinheiten und Wohn-

Alexander Haus Emil Finke, Park-
Rudeloff, allee 153 in Bremen. Salon-
Bremen tür. (Vergl. Tafel 122)


Architektonische Rundschau 1914
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