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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Probleme der Monumentalarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0078
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Paul Wallot f Studie zum Reichstagsgebäude


mentalen an den wuchtigen und charaktervollen
Bauwerken der Großindustrie gebildet hat. Nur
diese schlichte, sozusagen bürgerliche Monumen-
talität, die sich aus der Funktion des Bauwerks
gewissermaßen von selbst ergibt, scheint uns heute
lebendigen Ausdruckes voll; sie allein, so fühlen
wir, ist fähig, unsere Zeit baukünstlerisch wahrhaft
wirkungsvoll zu repräsentieren.
Der Fall des Berliner Opernhausneubaues muß
daher so lange als hoffnungslos angesehen wer-
den, als wir den Mut zur Selbstbesinnung nicht
finden und uns nicht entschließen können, aus den
gegebenen Prämissen die logische Folgerung zu
ziehen. Wir stehen in der Architektur so sehr im

Banne des akademischen Schönheitsideals, daß
wir es nicht wagen, unsere Vorstellung von bau-
künstlerischer Repräsentation an den lehrreichen
Beispielen des modernen Fabrikbaues zu korri-
gieren.
Um die Bauaufgabe aber in dem Sinne repräsen-
tativ zu lösen, wie sie der Ton des Bauprogramms
unter dem Einfluß der herrschenden Architekturauf-
fassung fordert, fehlen der Baukunst heute alle die
Mittel, welche die Architektur des 18. Jahrhunderts
zu ihren glänzenden dekorativen Leistungen befähigt
hat. Das wird zwar zugegeben, es wird aber dennoch
das Unmögliche gefordert. Eine derart mißgeleitete
Kunstanschauung muß aber, nach dem unabänder-
lichen Gesetz von Ursache und Wir-
kung, immer wieder zu Kompromissen
führen.
Denn um die Kunst ist es nur
dann gut bestellt, „wenn der Künstler
die natürliche Schaffensbahn wandelt,
mehr bestrebt, auf echte Weise etwas
hervorzubringen — mag es zuletzt
noch so bescheiden ausfallen — als
ein glänzenderes Resultat erzielen zu
wollen, das nur als Produkt eines
größeren Könnens berechtigt, mit un-
echten Mitteln gezeugt, dem Schick-
sal alles Unechten verfallen ist“ (Adolf
Hildebrand).
Ähnlich liegt der Fall bei der nach
Plänen von Ihne erbauten neuen Biblio-
thek in Berlin, die vor kurzem in feier-
licherWeise eingeweiht worden ist. Auch
hier übertrifft die Ingenieurleistung an


Paul Wallot J

Detailentwurf zum Reichstagsgebäude

Architektonische Rundschau 1914
Seite 66
 
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