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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Langen, Gustav: Gemeinsame Arbeit der einzelnen Architekten im Städtebau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0109
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bisher dadurch außerordentlich erschwert, daß es
zwar eine große Anzahl von Abbildungen aus alten
Städten gab, jedoch ganz ohne Zusammenhang mit
dem Stadtplan. Hier hat nun das Wandermuseum
durch einen der fünfzehn Gesichtspunkte, welche
in den Einheitsplänen bearbeitet sind, neues und
reichhaltiges Material zu bringen versucht. Die
Pläne der Innenstadt, von denen Abb. i ein Bei-
spiel bringt und die von einer ganzen Reihe von
Städten hergestellt sind, vereinigen Ansichten und
Stadtplan i : 2000 auf einem Blatt. Die Ansichten
sind mit Nummern versehen, welchen die gleichen
Nummern im Plan entsprechen, unter Hinzufügung
eines Pfeils, welcher die Blickrichtung angibt. In der
vorliegenden Abbildung sind allerdings die Nummern
ihrer Kleinheit wegen nicht mehr zu ersehen.
In der Darstellung lehnen sich diese Arbeiten
den auf der Städteausstellung Düsseldorf 1912
bereits gezeigten Darstellungen der Heimatschutz-
verbände Rheinlands und Westfalens an. Der
Maßstab 1 : 2000 ermöglicht eine genaue Dar-
stellung der Fluchtlinien, bei denen durch verschie-
dene Farben zwischen bestehenden und neu vor-
geschlagenen unterschieden worden ist. Die monu-
mentalen Gebäude der Stadt sind mit zwei Farben
eingetragen, dunkelbraun die vor dem Jahre 1850,
rot die nach dem Jahre 1850 errichteten. Selbst-
verständlich bedürfen diese Pläne noch einer weiteren
Durcharbeitung und vor allen Dingen noch einer
starken Bereicherung durch entsprechende Photo-
graphien, für welche jedem Plan noch eine besondere
Mappe beigegeben werden muß. Es ist aber schon
jetzt ersichtlich, daß die künstlerisch so unumgäng-
lich notwendige Beziehung zwischen dem Grundriß
und dem Aufriß von Straßen
und Plätzen durch diese Pläne
mehr als bisher und in für
Architekten brauchbarer
Weise betont wird. Hier
läßt sich mit großer Genauig-
keit (soweit sich überhaupt
nach Abbildungen räumliche
Wirkungen beurteilen lassen)
die Wirkung der Gebäude in
ihrer gegenseitigen Lage zu
Straße und Platz prüfen. Vor
allen Dingen wird es mehr
als bisher ermöglicht, sich
ähnliche Grundrißabbildun-
gen in verschiedenen Städten
herauszusuchen und ihre
Wirkung im Aufbau mit-
einander zu vergleichen. Es
läßt sich feststellen, wie weit
z. B. Türme in der Richtung
von Straßenzügen noch sicht-
bar oder von davor liegen-
den Baublöcken verbaut

sind und wie mehr oder weniger gut die von Archi-
tekten geschaffenen Straßenbilder die durch die
Form der Fluchtlinien gegebenen künstlerischen
Möglichkeiten ausnutzen. Sich angesichts solcher
Pläne als Architekt vorzustellen, was für ein Bild
wohl diese oder jene im Plan eingezeichnete Blick-
richtung in den Grundzügen der Massenverteilung
ergeben würde und die dieser Vorstellung ent-
sprechende kleine Handskizze dann mit der bei-
gegebenen Abbildung zu vergleichen, wäre eine der
lehrreichsten Übungen, mit denen sich ein Architekt
Verständnis für Gesamtwirkungen verschaffen kann.
In strittigen Fragen über die künftige Wirkung von
Monumentalgebäuden vor allem werden diese Pläne
allen Vermutungen gegenüber einen sicheren und
durch keine gegnerische Partei wegzudisputierenden
Wahrheitsbeweis für architektonisch städtebauliche
Wirkungen liefern können. Der hier nicht abge-
bildete, von der Stadt Mannheim gelieferte Plan
würde im Gegensatz zu dem der Stadt Göttingen in
hochinteressanter Weise zeigen, wie die Anordnung
durchweg gerader Straßen eine ganz andere, regel-
mäßigere Art der Fassaden- und Baublockbildung
verlangt und durch diesen Einklang mit dem städte-
baulichen Gerippe eine ganz andersartige, aber nicht
weniger harmonische Schönheit hervorbringen kann.
Es treten hier schon zwei große Hauptgrundsätze
auf, wie sie dem Architekten längst bekannt, aber
durch diese Pläne in engen Zusammenhang mit dem
Stadtplan selbst gebracht werden, daß nämlich die
malerische Behandlung der Architekturen den male-
risch unregelmäßigen Straßen- und Platzformen, da-
gegen die strengen architektonischen Gebilde den ge-
radlinigen Fluchtlinien in der Regel entsprechen sollen.


Abb. 3. Der Frauenberg, das zukünftige Siedelungsgelände der Stadt Fulda

Architektonische Rundschau 1914
Seite 97
 
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