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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0652
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1914.8

Architektonische Rundschau

Seite VII

Dingen sachkundig ist, so urteilt,
wie wird sich dann erst das Laien-
publikum zu den neuen Aufgaben
der Architektur und ihren Lösun-
gen stellen ? Aus diesen Gründen
heraus wollte man in Mannheim
einsetzen mit einer Einführung
des Laien in die zeitgenössische
Baukultur.
Die Ausstellung bietet nun
demgemäß auch ein fast lücken-
loses Abbild unserer Baukunst
der letzten zehn bis zwanzig
Jahre, wenigstens was den In-
dustrie- und Handelsbau angeht.
Aber das ist ja auch das Gebiet,
wo die tiefgehendsten Revolu-
tionen in Auffassung und Stil
sich vollzogen haben, wo unsere
Architektur erst sich einen Stil
schaffen mußte, wo man mit tra-
ditioneller Bauauffassung nichts
ausrichten konnte. Wenn auch
schon in früheren Zeitabschnitten
der Bau eines Hauses seinem
Zweck und seiner Bestimmung
entsprechend angelegt wurde, so
brachte die neue Zeit Aufgaben,
bei denen man nicht den Zweck
in eine schöne Form einkleiden
konnte, nein, die neue Industrie,
der neue Großhandel verlangte
Bauten, über die der Zweck
herrschte, so daß man ge-
zwungen war, den Zweck und
die Arbeitsbestimmung selbst zu
gestalten, nicht Häuser zu bauen,
in die der Zweck einziehen konnte.
Eine derartige Ausgestaltung
des Zwecks in eine einfach-schöne
Bauform forderten der Bahn-
hof, das Fabrik- und das Han-
delsgebäude. Von Bahnhofs-


Bruno Ahrends,
Berlin

Landhaus Ahrends in Dahlem.
Eingang. (Vergl.Tafel 135 —136)

anlagen zeigt die Ausstellung die neuen süddeutschen
Bahnhöfe von Darmstadt, Karlsruhe und Basel und
die Pläne zum Stuttgarter Bahnhof. Die Bahnhöfe
von Darmstadt und Karlsruhe sind den Lesern be¬

er gestaltet nicht aufbauend von innen, er verkleidet
und berücksichtigt nur die Wirkung seiner Bauten,
aber er verkleidet meisterhaft. Alfred Grenanders
und Hans Bernoullis Ehrlichkeit des Ausdrucks

kannt. Der Baseler neue Bahnhof der Architekten
Curjel & Moser, Karlsruhe, zeigt eine sehr gut ab-
gestimmte Verbindung von Horizontaler und Vertikaler
und bietet auch im Ornament das rechte Maß vor-
nehmer Gemessenheit. Wie sehr wir gerade im
Ornament tasten und Altes mit Neuem vermengen,
zeigt der Stuttgarter Bahnhof von Bonatz und Schöler,
der als Ganzes in der Gliederung der Massen den monu-
mentalsten Ausdruck der Zweckmäßigkeit darstellt.

fällt dagegen sehr auf. Sie sind die einzigen, neben
Pölzig etwa, die sich im Industriebau mit dem
großen, heute noch überragenden Zweckgestalter
Peter Behrens einigermaßen messen können. Ihre
Bauten sind in Stoff und Stil die vollendetste Ge-
staltung ihrer Bestimmung. — Dies nur ein kurzer
Überblick über die Mannheimer Ausstellung, die in
einer reichen Fülle instruktiven Materials dem Fach-
mann reiche Anregung und dem Laienpublikum ein

Das Warenhaus ist in einer kurzen Entwicklungs-

Abbild unserer modernen Baukultur bietet.

linie dargestellt. Von Messels Wertheimbau führt
der Weg über Olbrichs Leonhard Tietzbau in Düssel-
dorf zu Wilhelm Kreis, der mit seinen älteren Waren-
häusern und einem Modell seines Karlsruher Waren-
hauses Knopf vertreten ist. Unter allen dreien hat
Kreis am wenigsten seine Zeit verstanden. Seine
Fassaden sind kein Ausdruck ihrer wahren Bestimmung,

: Bücherbesprechungen
■ ■
C. H. Baer, Deutsche Wohn- und Festräume aus
sechs Jahrhunderten. Mit 309 Abbildungen. Stutt-
gart 1912, Verlag von Julius Hoffmann. (Bauformen-
Bibliothek, Band VI.) Preis M. 25.—.
Fortsetzung auf Seite VIII
 
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