Architektonische Rundschau
Gewerbeschule, Stuttgart.
Lehrer: Schink u. Hofelich
Metalltreibarbeiten aus dem Abendkurs
für Flaschner und Gürtler. (Vergl.Tafel 154)
Zu Joseph Bühlmanns 70. Geburtstag
(geb. 28. April 1844)
Von R. A. Linhof in München
Man erinnert sich nicht selten erst dann in der
Allgemeinheit der Leistungen eines Mannes,
wenn er die Schwelle des Greisenalters überschreitet.
Man lobt dann um so lauter und bewundert um
so aufrichtiger die Verdienste des Jubilars, je weniger
sein Wirken zu seinen Schaffenszeiten breitere An-
erkennung gefunden hat. Dieses den Künstler nicht
gerade aneifernde Schicksal ist auch Geh. Hofrat
Joseph Bühlmann zuteil geworden, der in diesen
Tagen seinen siebzigsten Geburtstag feierte, in aller
Stille, denn Bühlmann ist sich treu geblieben, er war
nie einer, der laut bewundert werden wollte — und
auch nicht laut bewundert werden konnte! Das lag
in der Art seines Schaffens und seiner Forschertätig-
keit als Archäologe: die Materie ist und bleibt der
Allgemeinheit zu fremd.
Tausende junger Werdender hat Bühlmann in
seiner mehr als vierzigjährigen Lehrtätigkeit, davon
39 Jahre allein als Professor an der Münchener Tech-
nischen Hochschule, in die Formensprache der Antike
eingeführt, freudig und ergebungsvoll haben wir seine
nur von dem ernsten Fachmann und Forscher voll
zu würdigenden Vorlagenwerke nachgezeichnet und
sind seinen Unterweisungen im Anlegen und Aquarel-
lieren derselben gefolgt. Ich kenne viele, denen seine
peinliche Genauigkeit manche mutlose Stunde be-
reitet hat. Denn das stand bei allen fest: annähernd
erreichen kann niemand Bühlmann auf dem Gebiete
der Darstellung der Antike und Renaissance! Viele,
sehr viele von den Tausenden, die er selbst unter-
richtet, und von denen, die ihn dem Namen nach
kannten, haben die Summe von Arbeit und das Über-
maß von Fleiß rückhaltlos bewundert, die in Bühl-
manns Standardwerk „Die Architektur des klassischen
Altertums und der Renaissance“ (erschienen bei Paul
Neff Verlag [Max Schreiber] in Eßlingen) nieder-
gelegt sind.
Seine erstaunlichen Fachkenntnisse kamen auch
in seinen andern, an Umfang größeren und kleineren
Werken zum Ausdruck: „Über die Anwendung des
Sgraffitos für Fassadendekoration“ (1867); „Die Gestalt
der äußeren und inneren Architektur“ für das große
„Handbuch der Architektur“, in der „Bauformen-
lehre“ und in seinen Studien „Der römische Tempel-
bau“ (in der „Baukunst“) und „Das Mausoleum in
Halikarnaß“ (Zeitschrift für Geschichte der Archi-
tektur 1908). Ob überhaupt der Wert dieser Arbeiten
jemals voll gewürdigt werden kann? Freilich, kopiert
wurden Bühlmanns Werke in ausreichendem Maße;
es gibt recht wenig Bauten unserer Münchener Re-
naissance-Architektur seit 1875, deren Detailformen
nicht aus „Bühlmann“ entlehnt sind! Und nicht
bloß in Münchens „Renaissancebauten!“
Das gewaltigste Werk Bühlmanns aber war wohl
sein Panorama „Das alte Rom mit dem Triumph-
zug Kaiser Konstantins im Jahre 312“, das im
Jahre 1888 in der Theresienstraße in München und
später in Berlin, Wien und an anderen Orten zu
sehen war; es war vielleicht das einzige Werk, das
allgemeines Aufsehen erregt hat, nicht nur durch
die Wahl des Stoffes, sondern auch vor allem durch
die Art der Ausführung. Man vergegenwärtige sich,
welche Schwierigkeiten die Darstellung gerader
Flächen und Körper auf einem hyperboloidischen
Grunde beanspruchte! Jede Gerade war in der Pro-
jektion auf die Fläche der Leinwand eine Kurve;
und Bühlmann mußte sich die zur Konstruktion
derselben nötigen Manipulationen selbst erst dazu
erdenken! Er hatte in Alexander Wagner einen kon-
genialen Mitarbeiter für den figürlichen und male-
rischen Teil gefunden, nie ist sein Panorama an
plastischer Wirkung durch andere erreicht worden.
Sein letztes Werk dieser Art war die Dekoration des
Gewerbeschule, Stuttgart.
Lehrer: Schink u. Hofelich
Metalltreibarbeiten aus dem Abendkurs
für Flaschner und Gürtler. (Vergl.Tafel 154)
Zu Joseph Bühlmanns 70. Geburtstag
(geb. 28. April 1844)
Von R. A. Linhof in München
Man erinnert sich nicht selten erst dann in der
Allgemeinheit der Leistungen eines Mannes,
wenn er die Schwelle des Greisenalters überschreitet.
Man lobt dann um so lauter und bewundert um
so aufrichtiger die Verdienste des Jubilars, je weniger
sein Wirken zu seinen Schaffenszeiten breitere An-
erkennung gefunden hat. Dieses den Künstler nicht
gerade aneifernde Schicksal ist auch Geh. Hofrat
Joseph Bühlmann zuteil geworden, der in diesen
Tagen seinen siebzigsten Geburtstag feierte, in aller
Stille, denn Bühlmann ist sich treu geblieben, er war
nie einer, der laut bewundert werden wollte — und
auch nicht laut bewundert werden konnte! Das lag
in der Art seines Schaffens und seiner Forschertätig-
keit als Archäologe: die Materie ist und bleibt der
Allgemeinheit zu fremd.
Tausende junger Werdender hat Bühlmann in
seiner mehr als vierzigjährigen Lehrtätigkeit, davon
39 Jahre allein als Professor an der Münchener Tech-
nischen Hochschule, in die Formensprache der Antike
eingeführt, freudig und ergebungsvoll haben wir seine
nur von dem ernsten Fachmann und Forscher voll
zu würdigenden Vorlagenwerke nachgezeichnet und
sind seinen Unterweisungen im Anlegen und Aquarel-
lieren derselben gefolgt. Ich kenne viele, denen seine
peinliche Genauigkeit manche mutlose Stunde be-
reitet hat. Denn das stand bei allen fest: annähernd
erreichen kann niemand Bühlmann auf dem Gebiete
der Darstellung der Antike und Renaissance! Viele,
sehr viele von den Tausenden, die er selbst unter-
richtet, und von denen, die ihn dem Namen nach
kannten, haben die Summe von Arbeit und das Über-
maß von Fleiß rückhaltlos bewundert, die in Bühl-
manns Standardwerk „Die Architektur des klassischen
Altertums und der Renaissance“ (erschienen bei Paul
Neff Verlag [Max Schreiber] in Eßlingen) nieder-
gelegt sind.
Seine erstaunlichen Fachkenntnisse kamen auch
in seinen andern, an Umfang größeren und kleineren
Werken zum Ausdruck: „Über die Anwendung des
Sgraffitos für Fassadendekoration“ (1867); „Die Gestalt
der äußeren und inneren Architektur“ für das große
„Handbuch der Architektur“, in der „Bauformen-
lehre“ und in seinen Studien „Der römische Tempel-
bau“ (in der „Baukunst“) und „Das Mausoleum in
Halikarnaß“ (Zeitschrift für Geschichte der Archi-
tektur 1908). Ob überhaupt der Wert dieser Arbeiten
jemals voll gewürdigt werden kann? Freilich, kopiert
wurden Bühlmanns Werke in ausreichendem Maße;
es gibt recht wenig Bauten unserer Münchener Re-
naissance-Architektur seit 1875, deren Detailformen
nicht aus „Bühlmann“ entlehnt sind! Und nicht
bloß in Münchens „Renaissancebauten!“
Das gewaltigste Werk Bühlmanns aber war wohl
sein Panorama „Das alte Rom mit dem Triumph-
zug Kaiser Konstantins im Jahre 312“, das im
Jahre 1888 in der Theresienstraße in München und
später in Berlin, Wien und an anderen Orten zu
sehen war; es war vielleicht das einzige Werk, das
allgemeines Aufsehen erregt hat, nicht nur durch
die Wahl des Stoffes, sondern auch vor allem durch
die Art der Ausführung. Man vergegenwärtige sich,
welche Schwierigkeiten die Darstellung gerader
Flächen und Körper auf einem hyperboloidischen
Grunde beanspruchte! Jede Gerade war in der Pro-
jektion auf die Fläche der Leinwand eine Kurve;
und Bühlmann mußte sich die zur Konstruktion
derselben nötigen Manipulationen selbst erst dazu
erdenken! Er hatte in Alexander Wagner einen kon-
genialen Mitarbeiter für den figürlichen und male-
rischen Teil gefunden, nie ist sein Panorama an
plastischer Wirkung durch andere erreicht worden.
Sein letztes Werk dieser Art war die Dekoration des