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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0662
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1914,9

Architektonische Rundschau

Seite V

2 Bände
geheftet

Verfasser
nun zum

Aus der i. öffentlichen Ausstellung der
Schule im Essener Kunstgewerbemuseum

morgen schon ein neues aufzustellen. Er selbst aber
hält unbeirrbar an dem fest, dem seine ganze Hin-
neigung seit seinen Jugendtagen gehört: der klassi-
schen Kunst, und ist damit ein Pol in der Erschei-
nungen Flucht. Seine Fertigkeit zwingt uns zur An-
erkennung; seine Kenntnisse aber erfordern unsere
Bewunderung, und seine Persönlichkeit sichert dem
Lehrer wie dem Jubilar unsere Verehrung!

Handwerker- u. Kunstgewerbe-
schule, Essen (Ruhr)

B.Patzak, Die Renaissance- und Barockvilla in Italien.
I. Band: Palast und Villa in Toskana. Versuch einer
Entwicklungsgeschichte. I.Buch: Die Zeit des Werdens.
1912. II. Buch: Die Zeit des Suchens und Findens
(Pseudorenaissance und klassische Renaissance). Leipzig
1913, Verlag von Klinkhardt und Biermann. _
mit 73 respektive 69 Lichtdrucktafeln, Preis
je M. 40.—.
Es ist eine große und schöne Aufgabe, die der
dieses Werkes sich gestellt und nach jahrelanger Arbeit
größeren Teil gelöst hat: die Entwicklungsgeschichte der italieni-
schen Villa. Die Geschichtschreiber der italienischen Renaissance-
architektur haben ihre Aufmerksamkeit bisher allzu ausschließlich
dem Palast- und Kirchenbau zugewandt, das reiche und kunst-
geschichtlich ungemein wichtige Material, das in Schriftquellen und
erhaltenen Denkmälern über den italienischen Villenbau vorliegt,
aber nur gelegentlich und unzusammenhängend verwertet. Patzak
führt den Nachweis, daß beide Gebiete des Profanbaus, der städtische
und der ländliche, eng zusammengehören und sich gegenseitig
beeinflußt haben, daß also auch die Erkenntnis des Palastbaus aus
dem Studium der Villa neue Aufschlüsse gewinnt. Nachdem er
den 3. Band seines umfassend angelegten Werkes, das die Villa

Imperiale in Pesaro und ihre Innen-
dekoration gesondert behandelt, bereits
im Jahre 1908 vorausgeschickt hat, legt
er jetzt die Grundlagen zu der geschicht-
lichen Erkenntnis der Gesamtentwick-
lung, indem er den toskanischen Profan-
bau im Mittelalter und im Quattrocento
untersucht und darstellt, in einem Um-
fang, wie das — sehr zum Schaden
unserer Allgemeinvorstellung von ita-
lienischer Baukunst — bisher noch nicht
geschehen war. Allerdings hat auch
erst die jüngste Forschungsperiode die
Voraussetzungen dafür geschaffen, indem
sie uns, namentlich durch J. Strzygowskis
bahnbrechende Arbeiten, den Zusammen-
hang der italienischen wie der gesamten
abendländischen Kultur mit dem Orient
erschloß. Patzak stellt sich von Anfang
an mit Entschiedenheit auf den Boden
dieser Erkenntnisse, ja er betrachtet es
offenbar als eine seiner Aufgaben, sie
zu verteidigen und mit neuen Beweis-
gründen zu stützen. Das bringt stellen-
weise einen unnötig erregten Ton in
seine Darstellung, der namentlich im
Einleitungskapitel seines 2. Bandes sich
störend bemerkbar macht. Halten wir
uns also lieber an die positiven Ergeb-
nisse von Patzaks eigener Forschung,
sie sind wahrlich bedeutsam genug, auch
für die allgemeine Architekturgeschichte,
um alle Polemik gegen wirkliche oder
vermeintliche Irrtümer anderer als über-
flüssig erscheinen zu lassen!
Den Ausgangspunkt aller Erkennt-
nis bildet auch hier der natürliche
Gegensatz zwischen den beiden Grund-
typen alles Bauens: Horizontal- und
Vertikalbau. Die Ägypter und Griechen
bauten mit der den Stützen horizontal
aufgelagerten, die Vorderasiaten mit der
aus der Vertikalen (Wand) durch Rund-
bogen und Gewölbe entwickelten Decke.
Im Wohnbau siegte unter Justinian das
Vertikalprinzip (Raumbau) definitiv über
das Horizontalprinzip (Hallenbau) der
Antike, und diesen Sieg verkörpert der
Typus des geschlossenen Einraumbaues oder Saalbaues, der die
Grundform des christlichen Palastes wurde, im Gegensatz zu dem
Hallensystem der heidnischen Antike. Die für uns noch am besten
erfaßbare Verkörperung dieser Bauweise sind aus altchristlicher Zeit
die syrischen Pan- oder Xenodochien (Pilgerherbergen); Byzanz, die
Klostertradition und die in Kleinasien seßhaft gewesenen Goten
brachten sie nach Italien. Andere nachweisbar von Vorderasien her
allmählich im Okzident eingebürgerte Formen des Wohnbaus
sind der Karawansereihof (Han) und der Wohnturm. Die lange
Herrschaft germanischer Volksstämme in Oberitalien aber machte
dort die germanische Siedlungsstätte der Corte (Curtis, Gehöft)
heimisch, die in ihren reicheren Formen außer der Sala, der alt-
germanischen „Halle“, auch eine Kapelle und eine Gerichtstätte
(Laubia, wie sie als isolierter Bau schon früh in Byzanz nach-
weisbar ist) umschloß. Aus diesen Elementen gestaltet sich das
Bauprogramm der abendländischen Pfalz, wie es, nicht bloß für
Italien gültig, die Abtswohnung auf dem Bauplan von St. Gallen
(um 820) fertig ausgebildet zeigt: ein Erdgeschoß mit Arkaden,
im ersten Stock Hauptsaal und Privatgemach, darüber Söller und
Kammern, gewöhnlich auch eine zum Hauptgeschoß empor-
führende Freitreppe. Auf den germanischen Siedlungsbrauch
also und auf den aus dem orientalischen Saalhause entwickelten
Pfalzenbau, nicht aber etwa auf die hellenistisch-römische Villa,
geht die Grundform der ländlichen Bauweise in Toskana zurück.
Der syrische Wohnturm aber lebt fort in den bizarren Geschlechter-
türmen und den daraus entwickelten Turmhäusern,die byzantinische
Laube in den Geschlechterlauben, die so charakteristische Elemente
des toskanischen Stadtbildes im II. und 12. Jahrhundert waren.
Im 13. Jahrhundert brachten die vielfachen Beziehungen zu
Südfrankreich ein Übergewicht der provenzalischen Bauweise
über die germanische hervor; der Typus des städtischen Hotel
seigneurial (Turm mit angeschobenem Wohntrakt) und des länd-
lichen Manoir (einer Art befestigter Villa) tritt auf. Von Süden
her, wo Neapel ein Treffpunkt der provenzalischen Kultur mit der
von orientalischen Elementen stark durchsetzten einheimischen
Tradition war, dringt dem aus den Karawansereitypus entlehnte
innere Säulenhof (Cortile) nach Toskana vor. Während der 1250
begonnene Palazzo del Podesta in Florenz ursprünglich noch als
Fortsetzung auf Seite VI


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