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Architektonische Rundschau
Seite V
Dr.-Ing. Otto Schubert
(B.D.A.), Dresden
Siedelung des Kleinwohnungsbauvereins in Ober-
gohlis bei Dresden. (Vergl. Tafel 192—193)
das Beispiel, wie ein guter Bau aussehen muß. Da
ist die neue Sparkasse in der Antonstadt, eine der
reizvollsten Ecklösungen, die überhaupt in neuerer
Zeit geschaffen worden sind. Da sind die Schulen,
an denen mit wenig Mitteln, aber mit viel Liebe alles
an Kunst herausgeholt wird, was herauszuholen ist,
und die den Schülern von vornherein durch ihre Gestalt
das Formenempfinden mit beeinflussen. Da ist der
entzückend gelungene Bau des italienischen Dörfchens,
und da wird in diesem Monat einer der schönsten
Bauten, die Dresden aufweisen wird, fertig, die neue
Löwenapotheke (vergl. Jahrgang 1913, Tafel 101).
Mit ihr ist ein energischer Anfang zur baulichen
Reorganisation des gesamten Altmarktes gemacht
worden und wenn die künstlerischen Gedanken Erlweins
weiterhin Anklang finden, so darf man wohl erwarten,
daß in wenigen Jahren Dresden in seinem Altmarkt
eine ebenso große Zierde besitzt wie er heute das
Gegenteil ist. B.
Bücherbesprechungen
Marie Luise Gothein, Geschichte der Gartenkunst.
I. Band: Von Ägypten bis zur Renaissance in Italien,
Spanien und Portugal. Mit 311 Tafeln und Illustra-
tionen. II. Band: Von der Renaissance in Frankreich
bis zur Gegenwart. Mit 326 Tafeln und Illustrationen.
Herausgegeben mit Unterstützung der Königlichen
Akademie des Bauwesens in Berlin. Jena 1914, Verlag
von Eugen Diederichs. Preis geheftet M. 40. — .
Villa und Garten gehören zueinander. So ist es verständlich,
daß gleichzeitig, wenn auch völlig unabhängig voneinander,
das noch ungelöste Problem ihrer geschichtlichen Entwicklung
aufgenommen worden ist. Marie Luise Gothein hat uns in ihrem
Werk die seit langem schmerzlich vermißte umfassende Geschichte
der Gartenkunst geschenkt, würdig der Bedeutung, welche diese
Kunst in aller Vergangenheit gehabt und nach einer Periode des
Tiefstandes ganz besonders auch für die ringende und schaffende
Gegenwart wiedergewonnen hat. Mit Recht sagt die Verfasserin
in ihrem Vorwort: „Alle großen geistigen Strömungen haben auch
irgendwie an das Schicksal des Gartens gerührt, und die bedeutend-
sten Gestalten der Weltgeschichte erscheinen als seine Pfleger
und Förderer oft in ganz neuer Beleuchtung. Für das Verständnis
der anderen Künste aber, zumal der Villenbaukunst, dann aber
auch der Skulptur in wichtigen Zeiten, ist der Garten bestimmend
und bestimmt von großer Bedeutung.“
Die Schwierigkeiten, die sich gerade der Geschichtschreibung
der Gartenkunst bieten, liegen ja auf der Hand! Nichts ist ver-
änderlicher und vergänglicher als ihre Schöpfungen: aus natür-
lichen Gründen, ganz abgesehen von Vernichtung und Vernach-
lässigung, wird kaum eines dieser Werke älter als ein paar Jahr-
zehnte. Dann kann man nur noch aus Beschreibungen und An-
sichten sein ursprüngliches Aussehen rekonstruieren. Autopsie,
sonst der wichtigste Schlüssel zum Verständnis künstlerischer
Ideen, fördert ohne ergänzende Anwendung dieser Hilfsmittel
Fortsetzung auf Seite VII
| ST.PETERSBURG
TOKIO
WIEN
Architektonische Rundschau
Seite V
Dr.-Ing. Otto Schubert
(B.D.A.), Dresden
Siedelung des Kleinwohnungsbauvereins in Ober-
gohlis bei Dresden. (Vergl. Tafel 192—193)
das Beispiel, wie ein guter Bau aussehen muß. Da
ist die neue Sparkasse in der Antonstadt, eine der
reizvollsten Ecklösungen, die überhaupt in neuerer
Zeit geschaffen worden sind. Da sind die Schulen,
an denen mit wenig Mitteln, aber mit viel Liebe alles
an Kunst herausgeholt wird, was herauszuholen ist,
und die den Schülern von vornherein durch ihre Gestalt
das Formenempfinden mit beeinflussen. Da ist der
entzückend gelungene Bau des italienischen Dörfchens,
und da wird in diesem Monat einer der schönsten
Bauten, die Dresden aufweisen wird, fertig, die neue
Löwenapotheke (vergl. Jahrgang 1913, Tafel 101).
Mit ihr ist ein energischer Anfang zur baulichen
Reorganisation des gesamten Altmarktes gemacht
worden und wenn die künstlerischen Gedanken Erlweins
weiterhin Anklang finden, so darf man wohl erwarten,
daß in wenigen Jahren Dresden in seinem Altmarkt
eine ebenso große Zierde besitzt wie er heute das
Gegenteil ist. B.
Bücherbesprechungen
Marie Luise Gothein, Geschichte der Gartenkunst.
I. Band: Von Ägypten bis zur Renaissance in Italien,
Spanien und Portugal. Mit 311 Tafeln und Illustra-
tionen. II. Band: Von der Renaissance in Frankreich
bis zur Gegenwart. Mit 326 Tafeln und Illustrationen.
Herausgegeben mit Unterstützung der Königlichen
Akademie des Bauwesens in Berlin. Jena 1914, Verlag
von Eugen Diederichs. Preis geheftet M. 40. — .
Villa und Garten gehören zueinander. So ist es verständlich,
daß gleichzeitig, wenn auch völlig unabhängig voneinander,
das noch ungelöste Problem ihrer geschichtlichen Entwicklung
aufgenommen worden ist. Marie Luise Gothein hat uns in ihrem
Werk die seit langem schmerzlich vermißte umfassende Geschichte
der Gartenkunst geschenkt, würdig der Bedeutung, welche diese
Kunst in aller Vergangenheit gehabt und nach einer Periode des
Tiefstandes ganz besonders auch für die ringende und schaffende
Gegenwart wiedergewonnen hat. Mit Recht sagt die Verfasserin
in ihrem Vorwort: „Alle großen geistigen Strömungen haben auch
irgendwie an das Schicksal des Gartens gerührt, und die bedeutend-
sten Gestalten der Weltgeschichte erscheinen als seine Pfleger
und Förderer oft in ganz neuer Beleuchtung. Für das Verständnis
der anderen Künste aber, zumal der Villenbaukunst, dann aber
auch der Skulptur in wichtigen Zeiten, ist der Garten bestimmend
und bestimmt von großer Bedeutung.“
Die Schwierigkeiten, die sich gerade der Geschichtschreibung
der Gartenkunst bieten, liegen ja auf der Hand! Nichts ist ver-
änderlicher und vergänglicher als ihre Schöpfungen: aus natür-
lichen Gründen, ganz abgesehen von Vernichtung und Vernach-
lässigung, wird kaum eines dieser Werke älter als ein paar Jahr-
zehnte. Dann kann man nur noch aus Beschreibungen und An-
sichten sein ursprüngliches Aussehen rekonstruieren. Autopsie,
sonst der wichtigste Schlüssel zum Verständnis künstlerischer
Ideen, fördert ohne ergänzende Anwendung dieser Hilfsmittel
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